Ergebnisse der GDCh-Umfrage zu wissenschaftlichen Nachwuchskräften und weiblichen Professoren in der Chemie.
Ende des vergangenen Jahres 2019 hat die GDCh die Dekanate der Chemiefakultäten nach Zahl und Fachrichtung der Habilitierenden und ...
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Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Fast 5000 Mitglieder nutzten die Gelegenheit, sich über die diesjährige Mitgliederumfrage zu Fragen der Positionierung der GDCh in einem vom Wandel geprägten Umfeld Gehör zu verschaffen. Leitbilder, Digitalisierung, Diversität und Image der GDCh standen auf dem Prüfstand.
Bei den Online-Erhebungen der Jahre 2008 und 2014 wurde die GDCh von einem externen Dienstleister unterstützt. Die aktuelle Mitgliederumfrage in diesem Jahr hat die GDCh-Abteilung Mitgliedermarketing/Fach- und Regionalstrukturen dagegen in Eigenregie durchgeführt – so ließen sich Kosten senken und der Kommunikationsaufwand reduzieren. Format und Fragen wurden in direkter Abstimmung mit der GDCh-Geschäftsführung, den Kollegen und Kolleginnen der GDCh-Geschäftsstelle sowie mit GDCh-Präsident Peter R. Schreiner entwickelt. Die internetgestützte Mitgliederumfrage zu Aktivitäten und Angeboten der GDCh fand vom 18. März bis zum 2. Juni statt. Alle GDCh-Mitglieder erhielten einen Zugangs-Token oder mussten sich zuvor per E-Mail registrieren. Damit war sichergestellt, dass jedes Mitglied nur einmal teilnehmen konnte und der Kreis der Teilnehmenden sich genau bestimmen ließ. Nichtsdestotrotz war die Umfrage anonym; das bedeutet, dass die Antworten von den Zugangs-Token getrennt wurden. Eine Zusammenführung von Namen und Antworten war damit nicht möglich.
Insgesamt antworteten 4 739 GDCh-Mitglieder. Dies entspricht bei einer Mitgliedergesamtzahl von 30 789 (Stichtag 6. Mai) einer Rücklaufquote von 15,4 %. Dieser Wert liegt zwischen dem der zweiten Erhebung von 2014 (10,7 %) und dem der ersten Erhebung aus dem Jahr 2008 (19,1 %).
Um die Vergleichbarkeit mit den beiden ersten Umfragen sicherzustellen, die inhaltlich aufeinander aufbauen, und Entwicklungslinien aufzuzeigen, wurden einige Fragenkomplexe unverändert übernommen. Gleichzeitig rückten Themenfelder in den Fokus, die in den letzten Jahren zunehmend wichtig wurden.
Entsprechend den Regeln der empirischen Sozialforschung zur Beschreibung der Validität einer Stichprobe in Bezug auf eine Grundgesamtheit wurden Alter und Geschlecht der Teilnehmenden erfasst und mit dem der Gesamtheit der Mitglieder verglichen. Die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises entspricht im Wesentlichen der Zusammensetzung der Mitgliederbasis der GDCh. Mitglieder im Alterssegment über 50 Jahre sind jedoch leicht über- und Mitglieder im Alterssegment unter 50 Jahre leicht unterrepräsentiert (Abbildung 1). Frauen sind mit einem Anteil von 25 % in der Umfrage im Vergleich zur gesamten GDCh mit einem Frauenanteil von 28 % leicht unterrepräsentiert. Wenn sich das Fragethema unmittelbar auf a priori eher als altersspezifisch oder geschlechtsspezifisch einzustufende Leistungsangebote oder Problemstellungen bezog, wurden die Resultate mit den jeweiligen Teilmengen in Zusammenhang gebracht. So lassen sich Verzerrungseffekte im Antwortverhalten ausschließen, wie sie bei einer Betrachtung des Gesamtteilnehmerkreises zu erwarten wären.
Beim Beschäftigungsstatus gaben 54 % der Teilnehmenden an, berufstätig zu sein, 22 % sind im Studium (auch Promotion), 20 % im Ruhestand und 1,5 % sind arbeitssuchend. Die Zusammensetzung der Branchen, in denen die Teilnehmenden arbeiten, hat sich im Vergleich zur Umfrage von 2014 verschoben. Waren 2014 noch 38 % an Hochschulen tätig und 36 % in der Privatwirtschaft, sind heute 44 % in der Privatwirtschaft und 26 % an Hochschulen tätig. 15 % arbeiten im öffentlichen Dienst (2014: 13 %), 8 % an Forschungseinrichtungen (2014: 6 %) und 4 % sind freiberuflich oder selbstständig beschäftigt (2014 nicht erfasst).
Immer noch ist die persönliche Empfehlung der Anstoß für den Eintritt in die GDCh, wie über die Hälfte der Antworten auf die Frage „Wie sind Sie zur GDCh gekommen?“ zeigt. Dabei finden die meisten Initiationsgespräche während des Studiums statt, aber auch im Berufsleben stehende Chemiker und Chemikerinnen tragen zum Fortbestand und der Weiterentwicklung des Mitgliederstamms bei (Abbildung 2). Daneben scheint aber auch die Mitgliederzeitschrift Nachrichten aus der Chemie an Bedeutung zu gewinnen sowie Informationsmaterialien aller Art (Print- und digitale Medien).
Für rund 65 % aller Mitglieder ist das gemeinnützige Ziel „Förderung der Chemie“ ein Beweggrund gewesen, der GDCh beizutreten. Daneben spielt der individuelle Mehrwert, der sich durch Nutzung des GDCh-Leistungsangebots ergibt, ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier stehen die Zugänge zu den GDCh-Netzwerken an oberster Stelle, gefolgt vom Bezug der Nachrichten aus der Chemie, den Vergünstigungen bei Fortbildungen und Tagungen und den Leistungen des GDCh-Karriereservice (Abbildung 3).
Immerhin jedes siebte Mitglied wäre bereit, in der GDCh weitere Aufgaben zu übernehmen, wenn die Möglichkeiten des ehrenamtlichen Engagements besser bekannt wären. Da aktive Mitglieder sich stärker gebunden fühlen, bietet sich hier ein Ansatzpunkt, über die interne Kommunikation Einsatzmöglichkeiten aufzuzeigen, aber auch gemeinsam mit den Mitgliedern neue Betätigungsfelder zu suchen. Für mehr als die Hälfte aller Mitglieder ist die Übernahme zusätzlicher Aufgaben aufgrund der Arbeitsbelastung im Alltag allerdings nicht möglich.
Wie der Vergleich mit den Ergebnissen zum Fragenkomplex „Image der GDCh“ aus den Umfragen der Jahre 2014 und 2008 zeigt, ist die Wahrnehmung prägender, die Position der GDCh in der wissenschaftlichen Welt und im gesellschaftlichen Umfeld bestimmender Merkmale der GDCh im Wesentlichen gleich geblieben. Die GDCh gilt als nützlich, stark wissenschaftlich orientiert, als „hochschullastig“, und die „gesamte Chemie repräsentierend“. Weitaus weniger deutlich stellt sich das Bild bei wichtigen Attributen wie „gesellschaftlich und politisch relevant“, der Nähe zur chemischen Industrie oder der Kommunikationsstärke dar (Abbildung 4). Hier besteht die Aufgabe darin, das Profil weiter zu schärfen und die „Marke GDCh“ noch klarer zu positionieren.
In einem von Matthias Urmann, GDCh-Präsident der Jahre 2018/19, vorangetriebenen Strategieentwicklungsprozess, der auch einen Schwerpunkt der Arbeit des GDCh-Vorstands bildete, entstand die Vision „Wir entdecken Chemie für eine bessere Welt“. Daraus entwickelten sich die drei Leitbilder „Die GDCh ist ein lebendiges Netzwerk von engagierten Mitgliedern“, „Die GDCh hat in Gesellschaft und Politik Relevanz“ sowie „Die GDCh ist eine global führende Gesellschaft“. Die Leitbilder deuten auf hohem Abstraktionsniveau Wege an, wie die einzelnen Mitglieder selbst bei der Erfüllung der Satzungsziele der GDCh helfen können, ohne sie in der konkreten Ausgestaltung allzu sehr einzuschränken. Wie ausgeprägt letzten Endes die Bereitschaft sein wird, diese Leitbilder mit Leben zu füllen, hängt davon ab, ob es gelingt, den Mitgliedern zu vermitteln, dass nicht „einsame Entscheidungen“ der Vereinsorgane das Miteinander und die gemeinsame Arbeit prägen, sondern dass informierte Mitglieder diese Ideen weitertragen und ausgestalten. Von den Teilnehmenden der Umfrage halten über 84 % den Netzwerkgedanken für wichtig. Fast ebenso viele (74 %) sind der Meinung, dass auch der gesellschaftlichen Relevanz eine hohe Bedeutung zukommt. Weniger als die Hälfte halten eine „Global Leadership“ für ein erstrebenswertes Ziel (Abbildung 5). Alle Leitbilder sind jedoch rund einem Drittel der Teilnehmenden nicht bekannt − ein deutlicher Hinweis darauf, dass die interne Kommunikation weiter intensiviert werden muss. Zu allen diesen Leitbildern gehört eine ganze Reihe von Maßnahmen, die jedoch alters- und geschlechtsabhängig unterschiedlich bewertet werden (Abbildung 6). Die „Unterstützung der Mitglieder auf ihrem Berufsweg“ hat über alle Altersklassen und Geschlechter hinweg höchste Priorität, die „gelebte Diversität und Chancengleichheit“ ist jedoch den weiblichen GDCh-Mitgliedern wichtiger als den männlichen.
Eine Altersabhängigkeit zeigt sich bei der Beantwortung der Frage, ob die GDCh verstärkt auf Englisch als der dominanten Sprache in der Wissenschaft kommunizieren und damit auch ihre Angebote einer weitaus größeren Zielgruppe als bisher bekannt machen soll. Für knapp 60 % der Unter-30-Jährigen ist dies eine Selbstverständlichkeit, lediglich 33 % der Über-65-Jährigen beantworteten die Frage mit Ja.
Seit der letzten Mitgliederumfrage vor sechs Jahren hat die GDCh ihre digitale Infrastruktur ausgebaut und ihre Präsenz in den sozialen Medien verstärkt. Um finanzielle und personelle Ressourcen noch effizienter nutzen zu können, ist es erforderlich, in Erfahrung zu bringen, über welche Kanäle die GDCh welche Inhalte transportieren soll. Nach wie vor wird der Internetauftritt der GDCh von den Mitgliedern als das wichtigste digitale Medium wahrgenommen. Der den Mitgliedern vorbehaltene Bereich „MyGDCh“ der Homepage rangiert an zweiter Stelle. Auch die Angebote aus der Redaktion der Nachrichten aus der Chemie sind für die Mitglieder wesentlich. Die neue Website faszinationchemie.de, die als Informationsplattform der GDCh chemisches Wissen leicht verständlich aufbereitet, sehen die Teilnehmenden als weiteren wichtigen Baustein des GDCh-Netzauftritts, obwohl sie ihn wenig nutzen. Während den Business-to-Business-Netzwerken Xing und LinkedIn bei den Unter-33-Jährigen noch ein gewisser Stellenwert zukommt, haben selbst in diesem Alterssegment Twitter, Facebook und Instagram die geringste Bedeutung (Abbildung 7). (Als Teil der GDCh-Öffentlichkeitsarbeit spielen diese sozialen Medien jedoch für die Außenwirkung der GDCh eine wichtige Rolle.)
Ein weiteres zentrales Element der internen Kommunikation soll eine GDCh-App werden. Zur Klärung der weiteren Vorgehensweise bei den nächsten Entwicklungsschritten bestand die Möglichkeit zu Freitextangaben. Die Clusterung nach Themenfeldern (Tabelle) ergab ein eindeutiges Votum: Fast die Hälfte der Teilnehmenden wünscht sich eine App mit journalistischer Ausrichtung, bei der chemierelevante Neuigkeiten interaktiv auf dem Smartphone (und anderen Endgeräten) zur Verfügung stehen.
Nach wie vor sind die Mitglieder mit ihrer GDCh zufrieden, auch die Entwicklung der Fachgesellschaft sowie das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Mitgliedschaft werden positiv beurteilt. Die Bereitschaft zur Weiterempfehlung ist ungebrochen stark. Dies ist vor dem Hintergrund der überragenden Wichtigkeit des zuvor erläuterten „persönlichen Wegs zur GDCh“ von großer Bedeutung.
Die Mitgliederumfrage bot auch Gelegenheit, der immer wieder einmal einsetzenden Diskussion um den Namen „Gesellschaft Deutscher Chemiker“ neue Impulse zu geben und eine mögliche Bereitschaft zur Veränderung zu belegen. Die Bezeichnung für unsere Fachgesellschaft wird vor dem Hintergrund des Gender-Mainstreaming, von Mitgliedern, die im Ausland leben, des immer stärkeren werdenden interdisziplinären Charakters der Chemie und der Öffnung der GDCh für alle an der Chemie Interessierten immer wieder hinterfragt. Oder ist „GDCh“ ein Markenname, der unverzichtbar ist?
Insgesamt 82,6 % aller Umfrageantworten halten „Gesellschaft Deutscher Chemiker“ für zeitgemäß. Aber es gibt Unterschiede im Abstimmverhalten zwischen männlichen und weiblichen Teilnehmern. So finden nur 75,8 % der Frauen, jedoch 85,2 % der Männer den Namen zeitgemäß. Eine Abhängigkeit des Abstimmverhaltens vom Alter lässt sich unter der 65-Jahr-Grenze nicht beobachten. 89,2 % der über 65 Jahre alten Teilnehmer halten den Namen für zeitgemäß. Die zu berücksichtigenden Aspekte bei einer Namensänderung sind mit absteigender Wichtigkeit: Internationalisierung, Interdisziplinarität, Gender-Mainstreaming. Insgesamt scheint das Votum nahezulegen, dass eine Namensänderung, die als Satzungsänderung von der Dreiviertelmehrheit der Mitglieder befürwortet werden müsste, momentan nicht zu erreichen wäre.
Mit ihrer dritten Mitgliederumfrage seit 2008 lässt sich die GDCh mit Fug und Recht zu den Organisationen zählen, die bestrebt sind, ihre Entwicklung unter Einbeziehung aller ihrer Mitglieder transparent und offen zu steuern. Eine solche Erhebung ist jedoch eine demografische Momentaufnahme, deren Gültigkeit es wieder zu überprüfen gilt, vor allem in den Themenfeldern, in denen sich die Antworten alters- und geschlechtsspezifisch signifikant voneinander unterscheiden.
Gerhard Karger, Maximilian Bräutigam,
Mehr Diagramme, Einsichten, Ergebnisse und die Methodik der Umfrage sind in einer PDF-Datei im MyGDCh-Bereich unter www.gdch.de/umfrage zu finden. Auch ein Zugriff auf die Daten ist möglich – schreiben Sie uns unter marketing@gdch.de an.
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