Wie der Weg von der Grundlagenforschung über ein Enzym zur schnellen Diagnostik des Virus Sars-CoV-2 mit Echtzeit-Polymerase-Kettenreaktion führte.
Molekulare Diagnostik über Polymerasekettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR) ist der...
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Deutscher Netzstrom oder importierte Kraftstoffe: Eine betriebswirtschaftliche Kostenbetrachtung soll helfen, den besten Mix aus batterie- und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen und solchen auf Basis synthetischer Kraftstoffe zu finden. Als Energiequellen dienen Sonne und Wind.
Wind- und Sonnenenergie stehen unbegrenzt zur Verfügung und kosten nichts. Kosten entstehen beim Umwandeln und beim Transport zum Verbraucher. Dafür müssen Menschen in Solar- und Windanlagen und in die Transportinfrastruktur investieren. Deshalb ist hier das wirtschaftlich entscheidende Bewertungskriterium, wie viel Kilowattstunden sich pro investiertem Euro nutzen lassen.
Die Höhe der Investition hängt von der installierten Leistung ab, der Ertrag hingegen vom Windaufkommen oder von der Intensität der Solareinstrahlung. So kostet beispielsweise eine Onshore-Windanlage mit einer bestimmten Leistung in Deutschland etwa gleich viel wie in Chile. In Chile lässt sich jedoch zirka zweimal soviel elektrische Energie gewinnen, weil das Windaufkommen dort etwa doppelt so hoch ist.
Für die in Deutschland aus Wind und Sonne gewonnene elektrische Energie (grüner Strom) ist das Stromnetz auszubauen. Die Energie aus Chile ist nach Deutschland zu transportieren. Beides muss in die ökonomische Bewertung einfließen.
Für mehr regenerative Energien in Deutschland müssen weitere Photovoltaik(PV)- und Windkraftanlagen installiert werden. Weil das Stromangebot zeitlich nicht immer mit der Nachfrage zusammenfällt, wird Überschussstrom entstehen.
Für die elektrische Leistung, die maximal in Deutschland nötig ist, muss es ein Back-up geben, um die Netzsicherheit zu erhalten. Wenn Kraftwerke auf Basis fossiler Energieträger als so ein Back-up dienen, vergrößert sich der CO2-Fußabdruck des Stroms, und zudem erhöht sich der Strompreis.
Elektrische Langzeitspeicher sind als Back-up denkbar. Sie würden das CO2-Problem weitestgehend lösen, wären aber etwa bei saisonaler Speicherung nicht bezahlbar – also beim Übertragen der Überschussenergie aus dem Sommer in den Winter. Batteriesysteme, wie sie etwa in Fahrzeugen oder bei Häusern dem Tag-Nachtausgleich dienen – meist Lithiumionenbatterien –, haben zwar eine hohe Leistungsdichte, sind jedoch für das Speichern größerer Energiemengen weniger geeignet als etwa Flussbatterien.
Den Überschussstrom zu nutzen, etwa um Wasserstoff zu produzieren, ist eine weitere Option (power-to-X, PTX). Die wirtschaftlich nutzbare Menge an Überschussstrom ist jedoch verhältnismäßig gering.1)
Die bisher aufgeführten Punkte betreffen alle Stromnutzer. Strom im Transportsektor zu nutzen erfordert zudem, die Ladeinfrastruktur auszubauen. Die Ludwig-Bölkow-Systemtechnik errechnet etwa für den Fall, dass die gesamte Ladestruktur in Deutschland ausschließlich mit grünem Strom versorgt wird, Kosten für Netzstrom von bis zu 150 Eurocent pro kWh.2) Insgesamt ergibt sich:
Die Kosten für das Netz machen den größten Posten beim Nutzen von Netzstrom aus.
Je mehr dezentrale PV-Anlagen es gibt, die direkt mit Stromspeichern und Ladestationen verbunden sind, desto weniger kostet Netzstrom.
Besonders windreiche Gegenden gibt es in Chile, Island, Kanada, Australien und an den Küsten Afrikas. Eine Windkraftanlage an der Küste Marokkos führt je nach Szenario zu unterschiedlichen Kosten für Stromerzeugung und -transport nach Deutschland (Abbildung S. 36 oben).5) Die spezifischen Kosten beziehen sich auf die Stromkosten bei Eintritt in ein vorhandenes stabiles Netz. Berücksichtigt sind im Folgenden Lieferungen
über Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) – zum einen über Kabel und zum anderen über Freileitung sowie
über Wasserstoffherstellung in einer Elektrolyse vor Ort und dessen Transport – zum einen gasförmig in einer Pipeline und zum anderen in Hochseetankern als hydrierter organischer Wasserstoffträger (perhydro liquid organic hydrogen carrier, PH-LOHC).
Der LOHC ist in diesem Beispiel N-Ethylcarbazol (NEC). Dibenzyltoluol (DBT) ist zwar stabiler, weniger giftig und bleibt flüssig; DBT hat jedoch eine höhere Reaktionsenthalpie als NEC (65,4 kJ·mol–1 beziehungsweise 53,2 kJ·mol–1).3,4) Die Energieverluste über die gesamte Prozesskette wären bei DBT also höher als bei NEC.
In diesem Szenario wird PH-LOHC nach dem Schiffstransport zu LOHC dehydriert. Das H2 gelangt wie das H2 aus der Pipeline über ein bestehendes Erdgasnetz in ein Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk und wird dort mit 60 Prozent Wirkungsgrad verstromt.5)
Die Kosten leitungsgebundener Übertragungstechniken wie Kabel, Freileitung oder Pipeline wachsen mit ihrer Länge. Bei Stromgewinnungskosten vor Ort von 5 Eurocent pro kWh steigen die Kosten für den HGÜ-Transport nach einer Strecke von 6000 km auf das 14- bis 20-Fache. Dagegen kostet Elektrolyse-H2 18 Eurocent pro kWh, aber der Transport via Pipeline verteuert ihn nur auf das 4-Fache. Die Hydrierung eines LOHC zu PH-LOHC führt zu insgesamt 27 Eurocent pro kWh, die Transportkosten schlagen aber kaum zu Buche. Grund dafür ist die Annahme, dass Transporte die Rohöllogistik nutzen, die wenig kostet und voraussichtlich wegen des sinkenden Ölverbrauchs zunehmend weniger ausgelastet sein wird.
Im Kostenminimum – also bei optimierten Investitionskosten und Übertragungsverlusten über die gesamte Übertragungskette – besitzt die HGÜ-Stromübertragung einen Wirkungsgrad von 60 Prozent, die Übertragung via Pipeline 40 Prozent und die Übertragung via LOHC 30 Prozent. Damit ergibt sich:
Die Kosten für den Energietransport korrelieren nicht mit dem energetischen Übertragungswirkungsgrad.
Energietransport über weite Strecken ist mit einem flüssigen Energieträger am wirtschaftlichsten.
Bei Flüssigkeiten spielt die Transportdistanz wegen der geringeren Transportkosten eine untergeordnete Rolle.
Weil beim Flüssigkeitstransport mit Hochseetankern die Transportkosten verglichen mit den Erzeugungskosten gering sind, wird der Windpark rechnerisch in dem gegenüber Marokko noch windreicheren Chile angesiedelt. Als flüssige Energieträger dienen synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) oder LOHC (Abbildung S. 35).
In beiden Fällen wird Wasserstoff vor Ort in Chile aus Wasser und Windstrom gewonnen. H2 hydriert dann entweder LOHC zu PH-LOHC oder CO2 aus der Umgebungsluft zu E-Fuels wie Methanol, Benzin oder Diesel. Die Flüssigkeiten gelangen per Öltanker nach Rotterdam, anschließend mit Binnenschiffen zu einem Verteiler und schließlich per Tanklaster zu den Tankstellen.6)
Für brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge (fuel cell, FC) muss in Wasserstofftankstellen investiert werden. Dort wird PH-LOHC zu LOHC dehydriert. LOHC geht den Weg zurück zum chilenischen Windpark. H2 wird verdichtet und gespeichert und bei Bedarf auf die fürs Tanken notwendigen Drücke und Temperaturen gebracht.
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren (internal combustion engine, ICE) für E-Fuels nutzen in dieser Kostenbetrachtung bereits bestehende Tankstellen.
Das dritte Szenario geht von Batteriefahrzeugen aus (battery electric vehicle, BEV). Diese laufen mit heimischem Wind- oder PV-Strom, der über das deutsche Stromnetz an die Ladestellen gelangt. Der Import grünen Stroms aus Chile wurde wegen der hohen Transportkosten ausgeschlossen.
Spezifische Energiekosten (Abbildung unten) unterscheiden sich von kilometerspezifischen Verbrauchskosten, in die der Wirkungsgrad der Antriebe einfließt.
Die Fertigungskosten für H2 aus Erdgas über Pyrolyse basieren auf einem spezifischen Investment von 4000 Euro pro Jahrestonne H2 ohne Gutschrift für den anfallenden Pyrolyse-Kohlenstoff oder dessen Entsorgungskosten. Das spezifische Investment in Windkraftanlagen sowohl in Chile als auch in Deutschland beträgt in dieser Betrachtung 1500 Euro pro kW, das spezifische Investment für PV-Anlagen 535 Euro pro kW, wie für den größten deutschen Solarpark Weesow-Willmersdorf in Brandenburg angekündigt.7)
Die Transportkosten für flüssige Energieträger mit hohem Energieinhalt wie MeOH, Benzin und Diesel sind geringer als die der LOHC-Variante. Denn bestenfalls lassen sich NEC mit 5,8 Gew.-% H2 und DBT mit 6,2 Gew.-% H2 beladen. Bei einer zentralen Erdgaspyrolyse sind energiebezogen die Herstellkosten zwar nicht höher als bei erdölbasiertem Diesel. Der LKW-Transport von H2 zur Tankstelle ist aber verglichen mit dem von Diesel viel teurer (Abbildung unten).
Beim BEV-Szenario sind Kosten des Stromtransports von Wind- und PV-Anlagen zu Ladestationen zu berücksichtigen. Die Entgelte für das Nutzen des Stromnetzes in Deutschland betragen derzeit 8 Eurocent pro kWh. Dies enthält weder die Kosten für Ladestationen noch die für den Netzausbau, um die zusätzlichen Strommengen aus regenerativen Quellen aufzunehmen und zu verteilen.
Damit liegen die steuer- und abgabenbereinigten spezifischen Energiekosten an der Ladestation für Wind- und PV-Strom aus Deutschland im Mittel bei etwa 14 Eurocent pro kWh. An der Tankstelle betragen die Kosten für E-Fuels demnach zwischen 17 und 18 Eurocent pro kWh und die für H2 aus LOHC etwa 27 Eurocent pro kWh.
Auf den spezifischen Energiekosten basieren die spezifischen Kraftstoffkosten (Abbildung rechts). Mit derzeitigen Netzentgelten sind die spezifischen Kraftstoffkosten für BEV wegen des höheren Tank-to-Wheel-Wirkungsgrads halb so hoch wie für Fahrzeuge mit ICE. Wenn die Kosten für den Ausbau und das Stabilisieren des Stromnetzes sowie der Ladestationsinfrastruktur jedoch über 28 Eurocent pro kWh steigen, werden die Kraftstoffkosten eines BEV höher sein als die eines ICE-Fahrzeugs.
Es ist künftig nicht nur mit steigenden Preisen für Netzstrom zu rechnen, sondern es wird voraussichtlich auch der Gesamtwirkungsgrad der BEV sinken. Denn für möglichst kurze Ladezeiten werden die Ladeverluste steigen. Nicht gemeint sind hier die üblichen Alterungsprozesse, sondern die Verlustleistung, die durch große Ladeströme entsteht. Diese Verlustleistung steigt proportional zur Ladeleistung im Quadrat. Kurze Ladezeiten benötigen hohe Ladeleistungen. Reduzieren lässt sich die Verlustleistung durch Erhöhen der Batteriespannung – etwa von 400 V auf 800 V, was bereits geschieht – und durch Senken des Widerstands. Der Batterieinnenwiderstand hängt dabei vom Ladezustand ab.
Die spezifischen Kraftstoffkosten für ICE-Fahrzeuge könnten dagegen sinken, wenn beispielsweise das gesamte Windpotenzial in Chile technisch gehoben würde und der Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren steigt.
Da FC-Fahrzeuge im Realbetrieb einen Systemwirkungsgrad von 50 Prozent haben, sind diese in Verbindung mit H2 aus LOHC keine attraktive Alternative zu BEV- und ICE-Fahrzeugen.
Pyrolyse-H2 wäre eine Alternative, wenn es nur darum geht, vorübergehend H2 mit geringem CO2-Fußabdruck in ausreichenden Mengen kostengünstig zur Verfügung zu stellen. Dafür wäre aber das Ziel der 100-prozentigen Defossilierung aufzugeben. In diesem Fall müssten zudem konventionelle Erdgasreformierungen zu Wasserstoff mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) betrachtet werden, wie etwa vom Weltklimarat empfohlen.
Für längere Strecken ist der Transport flüssiger Energieträger kostengünstiger als der Stromtransport via Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung oder der Wasserstofftransport in eigens dafür gebauten Gaspipelines.
Wenn die Netzkosten über 28 Eurocent pro Kilowattstunde steigen, ist es kostengünstiger, die Energie für Mobilität als E-Fuels für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zu importieren.
Über flüssige organische Wasserstoffträger importierter Wasserstoff lohnt sich für Fahrzeuge nicht.
Der promovierte Verfahrenstechniker Otto Machhammer ist Berater für die wirtschaftliche Bewertung von Prozessketten in der Energie- und Chemieindustrie. Er verfügt über mehr als 35 Jahre Berufserfahrung. m+@machhammer.consulting
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