Gesellschaft Deutscher Chemiker

Fair‐Kolumne

Forschungsdaten

Nachrichten aus der Chemie, Oktober 2024, Seite 24, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Als Teil Künstlicher Intelligenz (KI) vollbringen neuronale Netze in Form großer Sprachmodelle erstaunliche Leistungen – bei Frage-Antwort-Spielen, beim Erstellen von Text und sogar bei der Lösung von Prüfungsaufgaben. Forschenden helfen KI-basierte Anwendungen etwa, Tumore in Bildern zu erkennen und 3-D-Strukturen von Proteinen anhand der Aminosäuresequenz vorauszusagen.

KI-Techniken gibt es in der Chemie schon lange, das erste Lehrbuch zu neuronalen Netzen in der Chemie erschien im Jahr 1993. Zum Beispiel

sagen KI-Techniken chemische Eigenschaften voraus, indem sie chemisch-physikalische Datensätze analysieren;helfen sie, Wirkstoffe zu entdecken, indem Datensätze aus Wirkstoffscreening, Genomik und Proteomik analysiert werden;planen sie automatisierte Synthesen, indem sie vorhandene Reaktionsdaten berücksichtigen.

Diese Beispiele haben eins gemeinsam: Immer müssen die zugrunde liegenden neuronalen Netze trainiert werden, und zwar mit möglichst vielen zugänglichen, strukturierten und maschinenlesbaren Daten.

Wo KI erfolgreich ist, wie bei der Protein-Struktur-Vorhersage mit Alphafold, liegen große Datenmengen offen vor, etwa in der Protein Data Bank. In der Chemie ist das selten. Dieser jahrzehntelange Mangel an offenen, kuratierten Forschungsdaten stammt von einer Kultur der Fehlerangst, mangelnder Teilungsbereitschaft oder Unwissenheit und hemmt den Einsatz von KI in der Chemie.

Es sind jedoch Gegenbewegungen entstanden. Plan S ist ein internationaler Zusammenschluss von Geldgebern, die Open-Access-Veröffentlichung zur Bedingung machen. Die Nationale Forschungsdateninfrastruktur NFDI und ihre Fachkonsortien wie NFDI4Chem schaffen die kulturellen und technischen Möglichkeiten, Forschungsdaten über den gesamten Lebenszyklus digital zu verarbeiten. Und weil offene Daten nicht zwingend fair (findable, accessible, interoperable, reusable) sind, bietet NFDI4Chem Workshops und andere Schulungsangebote, damit Chemiker:innen ihre Daten strukturiert und maschinenlesbar speichern können.

KI wird nicht alle Antworten liefern. Aber sie wird den Weg zur Erkenntnis in der Chemie verkürzen. Wer zukünftig von diesem Wissenszuwachs profitieren will, kann schon jetzt beitragen und Forschungsdaten offen und fair veröffentlichen.https://media.graphassets.com/uNR9orlIQ2wI73B3pe98

Christoph Steinbeck ist Professor für Analytische Chemie, Chemieinformatik und Chemometrie an der Universität Jena und Spokesperson des NFDI-Konsortiums für die Chemie, NFDI4Chem.

kurz notiert

Eckpunktepapier zum Forschungsdatengesetz | Das Forschungsdatengesetz (FDG) soll Forschungsdaten leichter zugänglich machen und Datenschutz stärken. Wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in einem Eckpunktepapier schreibt, will es dafür ein Mikrorechenzentrum schaffen, Forschenden den vollständigen Zugang zu öffentlichen Daten per Gesetz ermöglichen und Metadatenkataloge einführen, mit denen sich Forschungsdaten leichter finden lassen. Das Gesetz soll in dieser Legislaturperiode in Kraft treten.

Artikel des BMBF: t1p.de/c4p8c

Preis für transparente Forschung | Der FAIR4Chem-Award ist ausgeschrieben – er ehrt Forschende in der Chemie, die ihre Forschungsdaten veröffentlichen. Der Preis wird für Datensätze vergeben, die die Fair-Grundsätze (auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar) am besten erfüllen. So sollen Forschung transparenter und Daten besser wiederverwendbar werden. Das Preisgeld beträgt 500 Euro, gestellt vom Fonds der Chemischen Industrie. Bewerbungsfrist ist der 17. November.

Zum Preis: t1p.de/hut2j

Open-Access-Daten austauschen | Wiley, einer der größten Wissenschaftsverlage, und OA Switchboard haben eine Partnerschaft angekündigt. Die Kooperationspartner wollen Forschungsdaten effizienter und transparenter verbreiten. Wiley will dazu öffentlich zugängliche Metadaten für seine Open-Access-Artikel anbieten, OA Switchboard eine gemeinsame offene Infrastruktur bereitstellen. OA Switchboard ist eine gemeinnützige Initiative, die als neutrale, unabhängige Vermittlungsplattform fungiert. Sie ermöglicht Verlagen, Institutionen und Forschenden, Open-Access-Daten untereinander auszutauschen, indem sie festlegt, wie eingehende Metadatenpakete aufgebaut sein sollen, diese prüft und verarbeitet.

wiley.com, Kurzlink: t1p.de/6rekg

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