Hinter die Geschichte(n) schauen

St. Petersburg im Jahr 2019, der 21. Mendelejew-Kongress für reine und angewandte Chemie tagt. Ein Satellitensymposium ist dem 150. Geburtstag des Periodensystems gewidmet, auf dem ich über Lothar Meyer und seine Beiträge zum Periodensystem der Elemente vortragen darf. Diese Tagung bietet mir auch die Möglichkeit, die Räume zu besuchen, in denen der den meisten viel geläufigere Begründer des Periodensystems, Dmitri I. Mendelejew, wirkte. Es ist schon ein erhabener Moment, vor den Originaldokumenten zu stehen und einen Hauch Geschichte einzuatmen – völlig anders als ein Spaziergang durch das Internet.

Doch jenseits aller Romantik: Müssen wir uns überhaupt mit Persönlichkeiten aus der (Chemie-)Geschichte beschäftigen? Und wenn ja, mit welchen? Ich glaube, dass gerade der Blick in die Geschichte des eigenen Fachs aktuelle Entwicklungen besser verstehen lässt. Auch die Fragen nach Prioritäten und nach zwischenmenschlichen Problemen sind nicht neu, aber auch heute noch aktuell, wenn man so manche Entscheidungen des Nobelpreiskomitees betrachtet.

Gedruckte Wissenschaftlerbiografien waren lange Zeit eher Hagiographien, also Heldengeschichten. Aus Arbeiten über Wissenschaftl

Leitartikel