Meinungsbeitrag
Keine Zeit für Nostalgie
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Herzlichen Glückwunsch an alle, die am 7. Januar Geburtstag haben. Und einen noch eine Spur herzlicheren Glückwunsch an diejenigen, die zusätzlich Jahrgang 1953 sind. Am 7. Januar 1953 erschien nämlich die erste Ausgabe dieser Zeitschrift. Doch weil Zeitschriften ein Grund- und Ordnungszahl-Verwechslungstrauma haben, sprechen wir bei den Nachrichten nicht vom Jahrgang 1953, sondern (momentan) vom 71sten, obwohl wir doch eigentlich 70 Jahre alt sind. Noch verworrener: Die Nachrichten aus der Chemie sind streng genommen erst 23 Jahre alt. Was da vor 70 Jahren in die Angewandte Chemie eingebunden war (auf blaues Papier gedruckt, daher der Traditionsname Blaue Blätter), hieß: Nachrichten aus Chemie und Technik. Später wurden daraus die Nachrichten aus Chemie, Technik und Laboratorium, und seit dem Jahr 2000 gilt der heutige Name.
Die größten Veränderungen gab es aber im letzten Jahrzehnt: den Umbau der Nachrichten vom reinen Print-Journal zu einer Zeitschrift, die online mit Vergnügen lesbar ist. Zu den digitalen Angeboten des Nachrichten-E-Papers auf der GDCh-Website und sämtlichen Nachrichten-Artikeln (seit 1953) im Online-Repositorium Wiley Online Library trat in den letzten Monaten die GDCh.app mit ihrer umfangreichen Online-Magazin-Komponente.
Wir setzen gerne auf die digitale Karte (folgen Sie den Nachrichten schon auf LinkedIn? Wenn nicht: linkedin.com/showcase/nachrichten-aus-der-chemie) und verantworten zum Beispiel mit dem „GDCh-Newsletter aus der Nachrichten-Redaktion“ mit die reichweitenstärkste digitale Publikation der GDCh. Dabei begegnet uns ein Phänomen, das etwa die Bertelsmann-Stiftung in ihrer Studie „Digital Souverän 2021“ als „digitale Spaltung“ ausgemacht hat. Bei den Nachrichten heißt das: Ein großer Teil der Leser möchte die Blauen Blätter am liebsten so lesen, wie sie schon im ersten Jahrgang angelegt waren: zum In-die-Hand-nehmen. Eine zweite Gruppe, momentan etwa 15 Prozent unserer Leserschaft, kann damit nichts anfangen, sie liest ausschließlich online. So bleiben die Nachrichten beides gleichzeitig: traditionsreiches Schlachtross als gedruckte „Blaue Blätter“ und größter Content-Lieferant für die digitale GDCh.
Für die digitale Avantgarde haben wir ein Schmankerl. Wir haben den Chatbot ChatGPT – ein maschinell lernendes Sprachverarbeitungstool – zum Kollegen gemacht und die Aufgabe gestellt: „Write a last paragraph of an editorial emphasizing on a 70 year jubilee“. Künstliche Intelligenzen freuen sich über Input, und so haben wir noch weitere Diskussionspunkte mitgegeben. ChatGPT lieferte: „As we celebrate the 70 year jubilee of Nachrichten aus der Chemie, it is important to recognize the value and significance of having a membership journal for our scientific society. This journal serves as a cornerstone of our society, providing valuable resources for our members. As we look back on the history of Nachrichten aus der Chemie, we are proud of the contributions we have made and are excited for the opportunities and challenges that the future holds.“
Das Engelchen über der einen Schulter des Redakteurs ist beeindruckt. Das klingt tatsächlich wie ein menschengeschriebener Leitartikelschlussabsatz. „Ja, leider“, murrt das Teufelchen auf der anderen Schulter: genauso nichtssagend und nach allen Seiten anschlussfähig. „Nun ja“, sagt unsere Textchefin, „wenn wir ChatGPT sechs Wochen als Praktikantin bei uns in der Redaktion hätten, könnte für Standard-Wissenschaftstexte Brauchbares rauskommen.“ Hören wir da jemanden „Schöne neue Welt …“ raunen? Dystopien sind wieder sehr in Mode. Wir sind aber optimistischer als Huxley. Zukunft ist das, was wir draus machen. Also: Keine Angst und – auf die nächsten 70 Jahre.
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