Industrie + Technik

Vor drei Jahren haben die japanische Firma Kao und ihre deutsche Tochter Goldwell neue Farbstoffe zum Haarefärben entwickelt. Welche Verbindungen das sind, welche Probleme zu überwinden waren und warum die Entwicklung so lange gedauert hat.
Das menschliche Haar ist ein kompliziert gebautes Gebilde. Im Wesentlichen besteht es aus der Haarwurzel im Inneren der Hautoberfläche und dem Haarschaft als sichtbarem Teil.1) In der Haarwurzel erfolgen Aufbau und Wachstum des Haars.2) Sie ist damit gewissermaßen eine spezialisierte chemische Fabrik. Darin entstehen aus wenigen der insgesamt zwanzig im menschlichen Organismus nativen Aminosäuren nach einem festgelegten Bauplan Polypeptidketten (<xref rid="nadc20224121433-fig-0001" ref-type="fig">Abbildung</xref> S. 27, links).<figure><img src="https://media.graphcms.com/ecURYrzcSseXGC6BmsVe"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Polypeptidketten für den Haaraufbau.</figcaption></figure>
Zu den Aminosäuren für den Haaraufbau gehören Phenylalanin und Tyrosin sowie die schwefelhaltigen Aminosäuren Cystein und Methionin. Cystein lässt sich leicht ins Disulfid Cystin umwandeln. Diese Verbindungen reagieren über unterschiedliche Mechanismen – unter denen Oxidationsreaktionen mit Luftsauerstoff maßgeblich sind – zu höhermolekularen Verbindungen. Die meisten davon sind über Wasserstoffbrücken mit weiteren Polypeptidketten verbunden und bilden so als größere Aggregate die Grundbausteine der einzelnen Haarschaftsegmente.<h2>Natürliche Haare</h2>Der Haarschaft (<xref rid="nadc20224121433-fig-0002" ref-type="fig">Abbildung</xref> S. 27, rechts) besteht im Inneren aus Markzellen (Medulla) mit empfindlicher, weicher Struktur. Umgeben sind sie von Faserzellen, in denen sich die für die Haarfarbe entscheidenden Pigmente befinden. Die Faserschicht (Cortex) entscheidet wegen ihres Anteils von 80 Prozent am Haar darüber, wie fest und elastisch es ist. Die äußere Schuppenschicht (Cuticula) ist reißfest, aber kaum gefärbt. Durch die Schuppenplättchen schimmern im gesunden Haar die in den Cortex eingelagerten natürlichen Farbpigmente hindurch, die als Melanine bezeichnet werden und dem Haar seine natürliche Färbung geben. Diese bestehen in der Regel aus zwei Hauptbestandteilen: den Phäomelaninen und den Eumelaninen. Das erste ist verhältnismäßig weich und findet sich vorwiegend in blonden oder rotblonden Haaren; das zweite ist härter, braun bis schwarz gefärbt und kommt demzufolge vorwiegend in dunklen Haaren vor.2)<figure><img src="https://media.graphcms.com/bwSNas8Q8WbgFqJMwYpq"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Ein Haarschaft besteht aus Mark- (Medulla) und Faserzellen (Cortex) sowie einer Schuppenschicht (Cuticula). Grafik: Anutaberg / Adobe Stock</figcaption></figure>
Beide Melanintypen bauen sich aus Tyrosin mit einer faserartigen Faltblattstruktur auf. Sie unterscheiden sich darin, wie die einzelnen, aus dem Tyrosin hervorgegangenen Molekülbausteine miteinander verknüpft sind und welche Zusatzbestandteile sie enthalten (<xref rid="nadc20224121433-fig-0003" ref-type="fig">Abbildung</xref> S. 27, unten).<figure><img src="https://media.graphcms.com/nnAF7snOSW2A0ytplHFm"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Aufbau von Phäo- und Eumelaninen.</figcaption></figure>
Phäomelanin enthält vor allem die Aminosäure Cystein. Diese baut Disulfidbrücken zwischen den Pigmentfasern auf, während im Eumelanin das aus dem Tyrosin hervorgehende 5,6-Dihydroxyindol als faserbildendes Hauptelement fungiert. Es lässt sich leicht unter Sauerstoffeinfluss in das zugehörige Dopaminochinon überführen, von dem aus es sich zu langkettigen Polymerfasern verknüpft. Die Polymerisation erfolgt über das jeweilige benzoide oder das heterocyclische Bauelement.<h2>Anfänge des Färbens</h2>In der Frühzeit versuchten Menschen, ihre Haare in erster Linie mit Farbstoffen aus der Natur zu färben. Unter diesen war der Naturfarbstoff Henna lange Zeit überragend. Er wird aus den Blättern des Hennastrauchs (Lawsonia inermis) gewonnen, der in Afrika und Teilen Asiens heimisch ist. Das tiefrote Pulver färbt die Haare je nach Naturfarbe orangerot bis rot.Um dunkle Haare damit zu färben, müssen die in ihnen enthaltenen Melanine vorher möglichst vollständig entfernt werden. Allerdings sind diese im natürlichen Haar im Inneren verankert und nicht leicht in farblose Folgeprodukte zu überführen. Als Bleichreagenz eignet sich dazu Wasserstoffperoxid. Es ist verdünnt für die Haut wenig schädlich und zersetzt sich beim Bleichen zu Wasser und Sauerstoff. Allerdings können dabei aus den Haarpigmenten Stoffe entstehen, die möglicherweise für Haut und Umwelt schädlich, aber im Detail nicht bekannt sind.Wie Versuche, Haare bleibend zu färben, zeigen, eignen sich dafür die wenigsten der bisher eingesetzten Farbstoffe – weder Naturfarbstoffe noch synthetisch hergestellte. Fast keiner neigt dazu, sich dauerhaft mit dem Haar zu verbinden. Dabei stört vor allem ihre Molekülgröße, die verhindert, in die feinen Poren der Cuticula einzudringen, aber erforderlich ist, um dort dauerhaft zu bleiben.Deshalb verwendet man bisher zum Färben der Haare Farbstoffvorstufen mit kleinerer Molekülgröße. Zu den Verbindungen hierfür zählen insbesondere 4-Aminophenol (AP) und para-Phenylendiamin (PPD). Dabei diente PPD als Stammverbindung für etliche weitere Farbbildner. Das relativ kleine PPD, das in seinem ursprünglichen Zustand wie AP farblos und für das Färben hinreichend wasserlöslich ist, dringt relativ leicht in die Poren der Cuticula ein. Anschließend lässt es sich zu Chinondiimin (QDI) oxidieren. Hierzu diente in der Regel wiederum Wasserstoffperoxid. QDI reagiert sofort mit noch unverbrauchtem Ausgangsmaterial, und in der Endstufe entstehen höhermolekulare und nunmehr tieffarbige Verbindungen. Darunter ist die schon lange bekannte und gut untersuchte Bandrowski-Base, die sich wegen ihrer Molekülgröße im Haar verankert und dadurch kaum auswaschbar ist.4)<h2>Bunt ohne Oxidieren</h2>Bei der Oxidation der Farbstoffvorstufen für die permanente Haarfärbung entstehen neben den gewünschten Farbstoffen unerwünschte Nebenprodukte; diese können ebenso wie die Startverbindungen bei einigen Menschen Allergien auslösen.5) Das Bundesinstitut für Risikoforschung wollte diese Praxis der Haarfärbung unterbinden.6) Dies scheiterte bisher am Widerstand der Lobby der Kosmetikindustrie und ihrer Kundschaft.Die Kosmetikindustrie steckte riesige Summen in chemische, toxikologische und epidemiologische Untersuchungen. Wie diese zeigten, sind die gesundheitlichen Risiken dieser Haarfärbemittel nicht größer als die anderer kosmetischer Stoffe und Präparate. Auch ein oft postuliertes Krebsrisiko wurde nicht bestätigt.7) Allerdings bleiben die für die oxidative Haarfärbung verwendeten aromatischen Amine wegen eines bereits vor Jahren durch die deutsche Kosmetikverordnung erlassenen Verbots unter strenger Beobachtung.Nun ist eine Alternative zur bisherigen Haarfärbepraxis verfügbar: Die japanische Firma Kao hat ein Sortiment von Farbstoffen auf den Markt gebracht, das nicht oxidativ arbeitet. Das Konzept besteht darin, Farbstoffe direkt aus wässriger Lösung auf das Haar aufzubringen, wo sie sich an der Cuticula verankern.8)Als Ausgangskomponenten dienen heteroaromatische Amine. Diese sind in gesundheitlich unbedenkliche, nichtaromatische Abbauprodukte umwandelbar (<xref rid="nadc20224121433-fig-0004" ref-type="fig">Abbildung</xref> S. 26).<figure><img src="https://media.graphcms.com/jyuKdbFtT8aY85P6Sc2k"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Drei Verbindungen in Gelb, Rot und Blau erzeugen nach dem Prinzip der subtraktiven Farbmischung weitere Farbtöne.</figcaption></figure>
Beispiele für solche Amine sind substituierte Thiazole oder 1,2,4-Thiadiazole. Diese Verbindungen werden durch Diazotierung und anschließende Kupplung des dabei gebildeten Diazoniumsalzes mit einer vorzugsweise phenolischen Komponente umgesetzt. Dabei entstehen relativ einfach gebaute Azoverbindungen, die in anionischer Form ins menschliche Haar eindringen und dieses dadurch färben. Dieses Haftprinzip beruht im Wesentlichen auf einer elektrostatischen Wechselwirkung zwischen dem anionischen Farbstoff und kationischen Strukturelementen im Haarkeratin. Dabei lagern sich die Farbstoffe in den Haarporen ringförmig um den Haarkern an.Mit variierenden Substitutionsmustern der heteroaromatischen Amine und Phenolkomponenten entstand eine Palette von Farbstoffen, die trotz eines weitgehend einheitlichen Strukturmusters unterschiedliche Absorptions- und Färbeeigenschaften haben. Daraus ergeben sich Farbnuancen, die zudem Lichtreflexe auf dem Haar erzeugen. Das Haftvermögen der Farbstoffe lässt sich durch Nachbehandeln der Färbungen mit einem besonderen Haarlack erhöhen.Die Entwicklung dieser als HD3-Technologie bezeichneten Haarfärbemethode beanspruchte mehr als zwei Jahrzehnte, da insbesondere die toxikologischen Eigenschaften der Farbstoffe untersucht werden mussten. Die Methode basiert darauf, dass in unterschiedlichen Spektralbereichen absorbierende Verbindungen – Gelb, Rot und Blau – verfügbar sind und nach dem Prinzip der subtraktiven Farbmischung verwendet werden können, um weitere Farbtöne zu erzeugen (Abbildung S. 26).Dieses Prinzip haben Kao in Tokio, die Kao-Forschungslabore in Europa und Wissenschaftler von Fujifilm, Japan, entwickelt. Ein dabei einbezogenes Team der TU Dresden beschäftigte sich hierbei vor allem mit der Synthese dieser Farbstoffe.9)Die erste Produktneuheit auf Basis dieser Technik ist im Jahr 2018 unter dem Namen Goldwell@Purepigments auf den Markt gekommen.10)<h2>Die Autoren</h2>Den Beitrag haben Horst Hartmann (oben) und Dominic M. Pratt verfasst. Hartmann, emeritierter Professor für organische Chemie, betreut die Farbstoffsammlung an der Fakultät Chemie und Lebensmittelchemie der Technischen Universität Dresden seit dem Jahr 2003. Er war an der Entwicklung der neuen Farbstoffe zum Haarefärben beteiligt. Pratt arbeitet bei Basic Research and Technology Development, Kao Europe Research Laboratories, und ist President der Kao Salon Division. Er hat an der Universität in Sheffield in Chemie promoviert.<div><img src="https://media.graphcms.com/9UBBcDRYOndgV340NaQm">

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</div><h2>AUF EINEN BLICK</h2>Bei der Oxidation aromatischer Amine als Farbstoffvorstufen für eine permanente Haarfärbung entstehen unerwünschte Nebenprodukte, die zu Allergien führen können.Mit einem neuen Konzept lassen sich besonders strukturierte Farbstoffe direkt aus wässriger Lösung auf das Haar aufbringen, auf dem sie sich verankern.Dabei erzeugen drei in Gelb, Rot und Blau verfügbare Farbstoffe nach dem Prinzip der subtraktiven Farbmischung weitere Farbtöne.
<ul class="references"><li>
1 H. Zahn, Chem. Unserer Zeit, 1989, 23, 141</li><li>
2 D. J. Wong, H. Y. Chang, Skin tissue engineering 2009, doi: 10.3824/stembook.1.44.1</li><li>
3 M. d’Ischia, A. Napoletano, A, Pezzela, Eur. J. Org. Chem. 2011, 5501</li><li>
4 E. H. Hinton, Textile Research 1974, 92, 233</li><li>
5 O. J. X. Morel, R. M. Christie, Chem. Rev. 2011, 111, 2537</li><li>
6 G. J. Nohynek, R. Fautz, F. Benech-Kieffer, H. Toutain, Food Chem. Tox. 2004, 42, 517</li><li>
7 <a href="https://www.bfr.bund.de/cm/343/haarfaerbemittel_auf_dem_pruefstand.pdf" target="_blank">www.bfr.bund.de/cm/343/haarfaerbemittel_auf_dem_pruefstand.pdf</a></li><li>
8 H. M. Bolt, K. Golka, Crit. Rev. Toxicol. 2007, 37, 521</li><li>
9 <a href="https://tu-dresden.de/mn/der-bereich/news/" target="_blank">tu-dresden.de/mn/der-bereich/news/</a> der-herr-der-tausend-farben-zwischen-historie-und-weltneuheit</li><li>
10 <a href="https://goldwell.com/de-de/produkte/color/" target="_blank">goldwell.com/de-de/produkte/color/</a> system/pure-pigments</li></ul>

Kosmetikindustrie

Henna und Heteroaromatisches

Vor drei Jahren haben die japanische Firma Kao und ihre deutsche Tochter Goldwell neue Farbstoffe zum Haarefärben entwickelt. Welche Verbindungen das sind, welche Probleme zu überwinden waren und warum die Entwicklung so lange gedauert hat. Das menschliche Haar ist ein kompliziert gebautes Gebild...

Photoinitiatoren sollen wenig giftig und möglichst aktiv sein, schnell polymerisieren und gutes Photobleichen liefern. Wie sich die Moleküle für lichtinduzierte Polymerisationen verbessern lassen.
Für die lichtinduzierte Polymerisation sind Photoinitiatoren zentral. Beim Bestrahlen mit Licht einer bestimmten Wellenlänge – in den meisten Fällen UV-Licht – absorbieren sie dieses. Die absorbierte Lichtenergie erzeugt reaktive Spezies wie freie Radikale, Kationen, Anionen, Säuren oder Basen. Diese starten eine Reaktion und wandeln zuvor flüssige Monomere in einen polymeren Feststoff.Die Vorteile der Photopolymerisation sind die milden Reaktionsbedingungen und die hohe räumliche Auflösung. Meistens lässt sie sich bei Atmosphärendruck und Raumtemperatur durchführen. Während der Reaktion entstehen kaum flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, VOC). Als Edukte eignen sich erneuerbare Ressourcen und als energiearme Lichtquellen etwa Leuchtdioden (LEDs), Haushaltslampen oder Sonnenlicht. So lässt sich diese Art der Polymerisation als grüne Technik betrachten.1)In den letzten Jahren hat die Nachfrage an photochemisch hergestellten Polymeren zugenommen. Sie finden sich in Mikroelektronik, Beschichtungen, Klebstoffen, Druckfarben, Mikrolithographie, Optik und 3-D-Druck sowie in der Medizintechnik, darunter in Zahnfüllungen, künstlichem Gewebe und Herzklappen.2) Hier sind die Anforderungen an die eingesetzten Stoffe besonders hoch. Deshalb sind neue Initiatoren mit verbesserten Eigenschaften wichtig, aber auch schwierig herzustellen.Zu den hohen Anforderungen an Photoinitiatoren gehören gute Lagerstabilität, effizientes Photobleaching sowie eine möglichst geringe Toxizität von Photoinitiator und gebildeten Photoprodukten. Acylphosphinoxide – phosphorbasierte Photoinitiatoren – sind eine häufig eingesetzte Verbindungsklasse dafür. Dazu gehören die Monoacylphosphinoxide (Mapos) und ihre Bis(acyl)-Analoga (Bapos) mit zudem hoher Aushärtungseffizienz (<xref rid="nadc20224121189-fig-0001" ref-type="fig">Abbildung</xref> oben).3) Sie haben jedoch einen Nachteil: Einige Acylphosphinoxide und deren Photoprodukte gelten als toxisch, was ihre Anwendung im medizinischen Bereich einschränkt.<figure><img src="https://media.graphcms.com/3ax7BpftSauDMej6Fyax"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Derzeit verwendete Photoinitiatorsysteme auf Phosphorbasis (links und Mitte) und auf Germaniumbasis (rechts).</figcaption></figure>
<h2>Acylgermane</h2>Ein für die medizintechnische Anwendung vielversprechendes System sind Acylgermane als Radikalquellen, die durch Bestrahlen acyl- und germylzentrierte Radikale bilden. Außerdem addieren germaniumbasierte Photoinitiatoren eine Größenordnung schneller als phosphorbasierte an Doppelbindungen von Monomeren.4) Im Gegensatz zu phosphorbasierten haben germaniumbasierte Photoinitiatoren rotverschobene Absorptionsbanden und eine geringe Toxizität.5)Mittlerweile ist ein germaniumbasierter Photoinitiator kommerziell erhältlich: Bis(4-methoxybenzoyl)diethylgerman, Markenname Ivocerin (Abbildung oben). Allerdings hat auch er Nachteile: etwa eine kaum messbare Aktivität bei Wellenlängen über 500 nm.6) Außerdem ist die Synthese von Ivocerin mehrstufig, basierend auf der Corey-Seebach-Umlagerung, was zu Ausbeuteverlusten und damit hohen Produktionskosten führt. Daher ist es wichtig, neue vereinfachte Syntheseprotokolle für Acylgermane zu entwickeln.Im Jahr 2017 haben wir einen neuen Syntheseweg für germaniumbasierte Photoinitiatoren gefunden. Dieser kommt im Gegensatz zur konventionellen Synthese ohne Schwefelschutzgruppen aus und ist einfacher, effizienter und kostengünstiger. Dabei werden simultan mehrere siliciumbasierte Schutzgruppen abgespalten, und die gewünschte Verbindung wird anschließend durch Auskristallisieren isoliert (<xref rid="nadc20224121189-fig-0002" ref-type="fig">Abbildung</xref> oben).<figure><img src="https://media.graphcms.com/4StSO44VTmWsdZtQLsps"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Synthese von Tetraacylgermanen.</figcaption></figure>
Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist die hohe Gruppentoleranz, wodurch sich verschieden substituierte Tetraacylgermane herstellen lassen. Auch mit langwelligen Lichtquellen zum Aushärten der Monomerformulierungen liefert unser Initiatorsystem anders als Ivocerin die gewünschte Materialstabilität. Dies erlaubt erstmals, mit Nicht-UV-Lichtquellen (λ &gt; 460 nm) zu härten.7) Die neue Synthesemethode haben wir gemeinsam mit dem Dentalunternehmen Ivoclar Vivadent aus Schaan, Liechtenstein patentiert.8)<h2>Enolatchemie</h2>Tetraacylgermane haben aufgrund ihrer Symmetrie hohe Schmelzpunkte. Dadurch lösen sie sich schlecht in einigen Monomeren, was manche Anwendungen erschwert. Inzwischen hat unsere Arbeitsgruppe dieses Problem gelöst: Der Syntheseweg enthält starke Basen- und Alkalimetall-induzierte Reaktionen. Sie führen zu etlichen bis dahin nicht synthetisierbaren Enolaten.Die <xref rid="nadc20224121189-fig-0003" ref-type="fig">Abbildung</xref> unten zeigt eine typische Single-Transfer-Reaktion (SET) zu Germenolaten und eine Multiple-Elektronen-Transfer-Reaktion (MET) zu Bisgermenolaten.9) Diese Germenolate sind auch für die Grundlagenforschung interessant, da wie im Fall der Bisgermenolate solche Verbindungen bis dato als nicht herstellbar galten.10)<figure><img src="https://media.graphcms.com/GcionyGkSAqYDWqnZy1G"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Elektronentransferreaktionen von Tetraacylgermanen.</figcaption></figure>
Alle Enolate wurden vollständig charakterisiert. Zudem haben wir in Kooperation mit Linden, Hersteller wissenschaftlicher und technischer Geräte aus Weyhe, erstmals Germenolate über Liquid Injection Field Desorption Ionisation (Lifdi) massenspektroskopisch charakterisiert.11)Mit Kronenethern ließen sich Kristalle dieser Germenolate für die Einkristallröntgenstrukturanalyse züchten (Abbildung unten). Um wieder aktive Photoinitiatoren zu erhalten, wurden diese anionischen Verbindungen mit Elektrophilen umgesetzt. Dabei entstanden etliche gemischt substituierte Tetra- und Oligoacylgermane. Diese sind besser löslich als Tetraacylgermane und haben zudem durch den Symmetriebruch breitere Absorptionsbanden. So lässt sich Licht verschiedener Wellenlängen nutzen, um die Photoinitiatoren zu aktivieren. Die Erfindung wurde wieder mit Ivoclar Vivadent patentiert.12)Weitere Studien zum Thema germaniumbasierte Photoinitiatoren laufen. Darüber hinaus wollen wir uns auf die Herstellung wasserlöslicher, ungiftiger Photoinitiatoren konzentrieren.<h2>Der Autor</h2>Den Beitrag hat Michael Haas verfasst. Der promovierte Chemiker ist seit dem Jahr 2019 Habilitand am Institut für Anorganische Chemie an der Technischen Universität Graz. Er forscht an Synthesen niedervalenter Hauptgruppenverbindungen und Photoinitiatoren der Gruppe 14. <a href="mailto:michael.haas@tugraz.at">michael.haas@tugraz.at</a><div><img src="https://media.graphcms.com/E5l1djVpTKZhWy23niB2">

</div>
<ul class="references"><li>
1 J.-P. Fouassier, J. Lalevée, Photoinitiators for polymer synthesis. Scope, reactivity and efficiency, Wiley-VCH, Weinheim, 2012</li><li>
2 Y. Yagci, S. Jockusch, N. J. Turro, Macromolecules 2010, 43, 6245</li><li>
3 W. A. Green, Industrial photoinitiators. A technical guide, CRC Press, Boca Raton, 2010</li><li>
4 a) N. Moszner, U. K. Fischer, B. Ganster, R. Liska, V. Rheinberger, Dent. Mater. 2008, 24, 901; b) D. Neshchadin, A. Rosspeintner, M. Griesser et al., J. Am. Chem. Soc. 2013, 135, 17314</li><li>
5 a) Sicherheitsdatenblatt für Phenylbis(2,4,6-trimethylbenzoyl)phosphinoxid; b) Sicherheitsdatenblatt für Bis(4-methoxybenzoyl)diethylgerman</li><li>
6 B. Ganster, U. K. Fischer, N. Moszner, R. Liska, Macromolecules 2008, 41, 2394</li><li>
7 a) J. Radebner, A. Eibel, M. Leypold et al., Angew. Chem. 2017, 129, 3150; b) J. Radebner, M. Leypold, A. Eibel et al., Organometallics 2017, 36, 3624</li><li>
8 EP15187284</li><li>
9 P. Frühwirt, A. Knoechl, M. Pillinger et al., Inorg. Chem. 2020, 59, 15204</li><li>
10 M. Drusgala, P. Frühwirt, G. Glotz et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2021, 60, 23646</li><li>
11 M. Drusgala, M. H. Linden, A. Knoechl et al., Eur. J. Inorg. Chem. 2021, 2021, 3091</li><li>
12 EP 3868767 A1 20210825</li></ul>

Kosmetikindustrie

Henna und Heteroaromatisches

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