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Rohstoffhersteller kaufen Recycler, denn es ist schwierig, genügend Rezyklate in ausreichender Qualität zu finden. Die Kunststoffmesse K 2019 zeigte, welchen Einfluss dabei chemisches Recycling und die Abfallwirtschaft haben.
Viele Kunststoffe lassen sich nach Nutzungsende so aufbereiten, dass sie wiederzuverwenden sind. Davon sind die meisten der 3330 Aussteller der Kunststoffmesse K 2019 Ende Oktober in Düsseldorf überzeugt. Kreislaufwirtschaft war Thema der Sonderschau „Plastics Shape the Future“ unter Federführung von Plasticseurope, ebenso wie beim „VDMA Circular Economy Forum“ des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Der „Science Campus“ der K 2019 arbeitete am Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.<figure><img src="https://media.graphcms.com/y5xJPeohTQShJKGON4uY"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Im Rahmen der Sonderschau „Plastics shape the future“ verknüpfte die offene Werkstatt Fablab Lübeck additive Fertigung, Robotik und Werkstoffe. Die Forscher zeigten ihre Arbeiten an einem humanoiden Roboter. Fotos: Messe Düsseldorf / ctillmann</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/MUzBdVitS9qYq7nuoelK"><figcaption><label>Abb. 2: </label>In Sachen Mobilität setzten viele Aussteller der Kunststoffmesse K 2019 auf zwei statt auf vier Räder, wobei es wie in früheren Jahren vor allem um Leichtbau ging, etwa auf dem Science Campus. Foto: Messe Düsseldorf / ctillmann</figcaption></figure>
<h2>Kreislauf- statt Abfallwirtschaft</h2>Nach Berechnungen der University of California hat die Industrie weltweit in den letzten 70 Jahren 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoffe produziert; im Jahr 1950 entstanden etwa 2 Millionen Tonnen, im Jahr 2017 waren es 348 Millionen. Entsprechend stieg die Kunststoffabfallmenge. Deshalb stellt die EU in ihrer Kunststoffstrategie die Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt, und Chinas Fünf-Jahres-Plan zielt ebenso darauf [Nachr. Chem. 2016, 64, 758].Weil Verbraucher Kunststoffe kritisieren, steigen Markenhersteller von Konsumgütern und Lebensmitteln beim Recycling ein: Coca-Cola, Ikea und Adidas wollen bei der Produktion oder für Verpackungen mehr Rezyklate einsetzen als bisher oder – wie ein chinesischer Hersteller von elektronischen Heimgeräten – die Produkte recyclingfähig machen. Und der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé hat sich verpflichtet, dass sich alle seine Verpackungen spätestens ab dem Jahr 2025 rezyklieren oder wiederverwerten lassen.Damit der Kreislauf funktioniert, braucht es Sammelsysteme [Nachr. Chem. 2019, 67(10), 24]. In Deutschland gibt es etwa Pfandsysteme für Flaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) sowie Modelle, die Industrie und Handel am Einsammeln gebrauchter Verpackungen finanziell beteiligen. Ein Problem ist die oft uneinheitliche Rezyklatqualität durch gemischtes Sammeln. Standards für Rezyklate fordert deshalb der Fachverband Kunststoff- und Gummimaschinen im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.Beim Produktdesign achten Hersteller bislang vor allem auf Funktionalität und Aussehen. Künftig sollten sie Produkte so entwickeln, dass diese sich leichter recyceln lassen. Das funktioniert gut, wenn sich die Kunststoffsorten im Abfall voneinander trennen lassen. Eine Methode dafür ist das automatische Sortieren nach dem Scannen im nahen Infrarot (NIR). Im Spektralbereich zwischen 0,7 und 2,5 μm treten Absorptionsbanden auf, mit denen sich Kunststoffe identifizieren lassen. Bei mit Ruß (Carbon Black) schwarz gefärbten gelingt das aber zurzeit nicht. Mit einem Partner, der NIR-Scanner herstellt, hat der Schweizer Spezialchemiekonzern Clariant nun Farbmittel entwickelt, die Kunststoffe derart schwarz färben, dass sie sich mit NIR-Sortiergeräten unterscheiden lassen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/wVul6dZKTYC0y5P6bF5P"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Das Projekt <a href="https://www.stopoceanplastics.com" target="_blank">www.stopoceanplastics.com</a>, angestoßen von den Unternehmen Borealis und Systemiq, unterstützt Städte in Indonesien beim Abfallsammeln. Foto: Systemiq</figcaption></figure>
<h2>Recyclingkonzepte</h2>PET-Flaschen gehören zu den Verpackungsartikeln, die sich gut rezyklieren lassen. In Europa betrug die Recyclingmenge im Jahr 2017 durchschnittlich 58 Prozent; Deutsche und Finnen erreichten Rückführquoten von je bis zu 95 Prozent, Einwohner von Mittelmeerländern teilweise nur 40 Prozent. Im Jahr 2018 wurden dem Verband Plasticseurope zufolge 9,4 Millionen Tonnen Post-Consumer-Abfallkunststoffe gesammelt, um innerhalb (etwa zu 80 Prozent) oder außerhalb der EU recycelt zu werden. Das sind knapp 33 Prozent des gesamten Post-Consumer-Kunststoffabfalls, etwa 25 Prozent landeten auf Deponien, und der Rest wurde verbrannt.Coca-Cola will PET-Verpackungen chemisch rezyklieren und dann wieder für neue Flaschen nutzen. Eine PET-Recycling-Anlage dafür entsteht gemeinsam mit dem niederländischen Start-up Ioniqa Technologies in Eindhoven.Der österreichische Mineralbrunnen Vöslauer hat seine Flaschen auf 100 Prozent recyceltes Material (r-PET-Flaschen) umgestellt. Dabei sei es gelungen, den Materialverbrauch um ein Viertel zu reduzieren.Die Partner um das Projekt Upcyclepet beim Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit forschen an langglasfaserverstärktem PET aus geschredderten Flaschen. Es soll etwa in Automobilen Neuwarekunststoffe wie Polyamid und Polybutylenterephthalat ersetzen. Schwierig ist dabei die Rezyklatqualität, denn die Flakes enthalten etwa Fremdstoffe wie Pigmente, und vor allem sind sie für andere Anwendungen additiviert – hier etwa für Flaschen.Der britische Hersteller von Automatenbechern, RPC Tedeco-Gizeh, und das Schwesterunternehmen BPI Recycling bieten Getränkeautomatenbetreibern einen Bechersammel- und -abholservice an. Aus den gesammelten Bechern machen sie neue.Deutsche Kunststoffprofilhersteller schlossen sich im Jahr 2015 zur Rewindo-Initiative zusammen. Seitdem gelangten mehr als 27 000 Tonnen Polvinylchlorid(PVC)-Rezyklat aus Altfenstern, Rollladen und Türen in den Produktionsprozess. Zusammen mit Kunststoffprofilverschnitt, der bei der Fertigung neuer Kunststofffenster anfällt, kamen so bisher mehr als 100 000 Tonnen aufbereitetes PVC auf den Markt.Produktionsabfälle werden im Allgemeinen entweder direkt in die laufende Produktion zurückgeführt oder spezialisierten Aufbereitern gegeben. Einer von denen ist Hoffmann + Voss aus Viersen. Das Unternehmen erstellt aus technischen Kunststoffabfällen Recompounds, die anstelle von Neuware in die Automobilindustrie gehen.Schwierig bleibt die Aufbereitung immer dann, wenn es um gemischte Kunststoffabfälle geht. Ein Konzept für solche Abfälle hat Hahn Kunststoffe. Etwa 50 000 Tonnen Mischfraktion verarbeitet das Unternehmen pro Jahr zu Geländern, Lärmschutzwänden, Pfosten, Pollern, Blumenkübeln, Abfallbehältern oder Spielplatz- und Stadtmobiliar. Für hochwertigere Anwendungen ist das Mischmaterial nicht geeignet.<figure><img src="https://media.graphcms.com/xOPJc05RcGwxuAUABxwa"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Das österreichische Familienunternehmen Engel verarbeitet mit einer Victory-Spritzgießmaschine Post-Consumer-Abfälle zu Transportboxen. Der Rezyklatanteil beträgt etwa 50 Prozent. Wichtig ist die Sortenreinheit, hier ausschließlich Polypropylen. Das Rezyklat kommt aus Post-Consumer-Sammlungen vom Grünen Punkt, dem Dualen System Deutschland (DSD).</figcaption></figure>
<h2>Chemisches Recycling</h2>Der im Januar gegründete Verband Chemical Recycling Europe (Chemreceurope) versteht unter chemischem Recycling von Polymerabfällen jede Wiederaufbereitungstechnik, die Polymere in Monomere, Grundchemikalien oder andere wertschöpfende Materialien umwandelt, nicht aber verbrennt oder deponiert.Zum Verband gehört das niederländische Unternehmen Ioniqa, das seit Juli eine 10-Kilotonnen-PET-Recyclinganlage betreibt. Ein anderes Verbandsunternehmen, Plastic Energy aus dem Vereinigten Königreich, will petrochemische Prozesse des saudiarabischen Chemiekonzern Sabic in Europa mit dem Rohstoff Tacoil beliefern. Das Öl entsteht aus Mischkunststoffabfällen, die anaerob thermochemisch zerlegt werden. Die Anlage soll den kommerziellen Betrieb im Jahr 2021 aufnehmen.Bei BASF läuft chemisches Recycling im Chemcycling-Projekt, in dem Pilotprodukte basierend auf chemisch recycelten Kunststoffabfällen entstehen. BASF beteiligt sich zudem am Polystyrene-Loop-Projekt: Eine lösungsmittelbasierte Recyclingtechnik soll Dämmstoffe aus expandiertem Polystyrol (EPS) aufarbeiten. Das Flammschutzmittel Hexabromocyclodocan (HBCD), das darin bis zum Jahr 2015 verwendet wurde, wird dabei herausgefiltert und chemisch zerlegt. Das Brom lässt sich ebenfalls wiedergewinnen. Das Auflösungsverfahren beruht auf selektiver Extraktion nach dem Creasolv-Prozess vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising.<h2>Rezyklate finden</h2>Das EU-Parlament stimmte im März der Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung (SUP) zu. Diese ergab die zehn Objekte, die am häufigsten an EU-Stränden vorkommen, und sie verbietet Einwegkunststoffprodukte, wenn der Markt Alternativen bietet. Nach der SUP-Richtlinie sollen 77 Prozent aller Kunststoffflaschen ab dem Jahr 2025 getrennt gesammelt werden, 90 Prozent ab 2029. Zudem sollen ab 2025 PET-Flaschen zu 25 Prozent aus recyceltem Material bestehen, und ab dem Jahr 2030 sollen alle Plastikflaschen 30 Prozent Recyclingmaterial enthalten.Studien des europäischen Verbands der Plastikverarbeiter (European Plastic Converters, EuPC) zufolge ist es für Kunststoffverarbeiter schwierig, eine Bezugsquelle für recycelte Polymere zu finden. Die EU verlangt, dass die Industrie in den Jahren 2025 bis 2030 jährlich 10 Millionen Tonnen recycelte Polymere verwendet. Damit die Industrie diese findet, entwickelt der EuPC die Onlineplattform More (Monitoring Recyclates for Europe).Der Kreislaufwirtschaftsexperte beim Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie, Henning Wilts, sagt: „Das Haupthindernis für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sind die unterschiedlichen Akteure.“ Die Prozesse Sammeln, Sortieren, Rezyklieren und Produzieren müssten über Unternehmensgrenzen hinweg verknüpft werden. Sonst wisse ein Produzent zum Beispiel nicht, welchen Kunststoff der Recycler gerade verarbeitet und welche Mengen er bekommen kann.Eine K-2019-Pressemeldung der Minger Kunststofftechnik aus Appenzell etwa beginnt mit: „Sie haben Kunststoffabfälle? Wir nehmen das, was für andere Abfall ist, sehr gerne als Rohstoff an. Wir sind ständig auf der Suche nach Fluorkunststoffen, Polyamiden, Polyethylen, Polypropylen …“<h2>Rohstoffhersteller rüsten auf</h2>Der saudiarabische Chemiekonzern Sabic errichtet mit Plastic Energy aus London in den Niederlanden eine Anlage, die gemischte Kunststoffabfälle zu Öl aufbereiten soll, das dann wiederum Ausgangsmaterial für neue Kunststoffe sein soll.Gemeinsam mit dem französischen Entsorgungsunternehmen Suez übernahm Lyondell Basell im vergangenen Jahr den Aufbereiter QCP im niederländischen Geleen. Dort entstehen in einer Anlage mit einer Kapazität von 35 000 Jahrestonnen aus Post-Consumer-Verpackungen Recompounds aus Polyethylen und Polypropylen.Ebenfalls im Jahr 2018 kaufte das Hamburger Unternehmen Albis Plastic den Aufbereiter Wipag aus Neuburg an der Donau. Dieses Unternehmen ist auf die Automobilbranche spezialisiert und hat ein Verfahren entwickelt, damit sich kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff wiederverwenden lässt.Im Jahr 2016 übernahm der österreichische Kunststoffhersteller Borealis die thüringischen Unternehmen MTM Plastics und MTM Compact. Dort entstehen jetzt aus gemischten Kunststoffabfällen etwa 30 000 Jahrestonnen Repolyolefine. Vergangenes Jahr kam der Kunststoffrecycler Ecoplast aus der Steiermark hinzu. Für einfacheres Recycling entwickelte Borealis etwa Full-PE-Laminat und ein Monomaterial für flexible Verpackungen auf PE-Basis, die sich Unternehmensangaben zufolge gut recyceln lassen.Maren Bulmahn

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Kreislaufwirtschaft: Plastik runderneuert

Rohstoffhersteller kaufen Recycler, denn es ist schwierig, genügend Rezyklate in ausreichender Qualität zu finden. Die Kunststoffmesse K 2019 zeigte, welchen Einfluss dabei chemisches Recycling und die Abfallwirtschaft haben. Viele Kunststoffe lassen sich nach Nutzungsende so aufbereiten, dass si...

Jedes Gel lässt sich in ein Aerogel verwandeln. Das funktioniert sogar bei gekochten Eiern. Das europäische Forschungsprojekt Cost Action Aerogel wird nun Anwendungen für Umwelt- und Lebenswissenschaften untersuchen lassen.
Aerogele sind hochporöse Festkörper mit geringen Dichten. Da die leichtesten Aerogele kaum schwerer als Luft sind, spricht man hier von „gefrorener Luft“. Es gibt keine allgemein gültige Definition eines Aerogels, allerdings sind alle Aerogele offenporig. Die Porengröße liegt typischerweise im Mesoporenbereich, also zwischen 5 und 50 Nanometern.Die Struktur bestimmt die Eigenschaften der Aerogele, darunter ausgezeichnete Wärmeisolation – die Wärmeleitfähigkeit ist kleiner als die von Luft –, große innere Oberflächen von 300 bis 1000 Quadratmetern pro Gramm und gute Schallabsorption.1)<h2>Anwendungen von Aerogelen</h2>Aerogele werden als leichte Isolationsmaterialien genutzt, die wegen der offenporigen Struktur Feuchtigkeit transportieren können. Zudem dienen metallbasierte Aerogele als Katalysatoren, silica- und biopolymerbasierte Aerogele sind Träger von aktiven Substanzen in den Lebenswissenschaften und Kohlenstoffaerogele sind Superkondensatoren.Außerdem lassen sich Aerogele als Sorbentien für Gase und Flüssigkeiten nutzen, etwa um Öl aus Wasser zu absorbieren, und mehr Anwendungen sind möglich.2,3) So gibt es essbare Aerogele, die sich eventuell als Geschmacksträger, Füllstoffe oder Verpackungsmaterialien in der Lebensmittelindustrie nutzen lassen (Abbildungen oben).4,5)<figure><img src="https://media.graphcms.com/ECSQW36RbiLd83bKoe3g"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Essbare Aerogele aus Biomaterialien. Oben: Molkenproteinaerogel als Pulver; rechts: das Aeroegg, ein überkritisch getrocknetes gekochtes Ei. Fotos: TUHH</figcaption></figure>
Da jede Anwendung besondere Randbedingungen hat, müssen Chemiker und Verfahrenstechniker gemeinsam die Aerogeleigenschaften anpassen. Grundlagenforschung und Prozessentwicklung erschließen neue Aerogelklassen und nachwachsende Rohstoffe als alternative Gelbildner; die Hydrophobizität ist einzustellen oder mechanische Eigenschaften sind anzupassen. Ingenieurwissenschaftler müssen entsprechende Prozessschritte modellieren und optimieren, Strukturen auf molekularer Ebene beschreiben oder Struktur-Eigenschaftsbeziehungen vorhersagen.7) Das Anwendungspotenzial von Aerogelen ist noch bei weitem nicht ausgeschöpft.<h2>Herstellung von Aerogelen</h2>Der erste chemische Schritt, um Aerogele herzustellen, ist die Gelbildung. Sie bestimmt die physikochemischen und mechanischen Eigenschaften eines Aerogels.Gele entstehen als dreidimensionale, poröse Netzwerke in einem Lösungsmittel. Die Gele können organischer oder anorganischer Natur sein. Typische Beispiele sind Metalloxidgele (TiO2, Al2O3), Silicagele, polysaccharidbasierte Gele etwa aus Alginat, Cellulose, Stärke, Pektin oder Chitosan sowie Gele aus synthetischen Polymeren, etwa Polyurethane. Zudem sind Gele aus reinen Metallen, etwa Platin oder Silber, und deren Kombinationen bekannt.1)Verschiedene gelbildende Matrizen lassen sich miteinander kombinieren, um so hybride Gele zu erzeugen, deren Eigenschaften für die jeweilige Anwendung maßgeschneidert sind. Während der Gelbildung lassen sich die Gele formen, etwa in einer Form oder durch Partikelbildung.Der zweite Schritt entfernt das Lösungsmittel, in dem die Gelbildung stattfand. Da das Verhältnis Feststoff zu Lösungsmittel die Dichte des Aerogels bei der Gelbildung bestimmt und in der Regel besonders kleine Dichten von unter 0,1 Gramm pro Kubikzentimeter angestrebt werden, müssen gewöhnlich große Lösungsmittelmengen, die bis zu 99 Prozent des Gelvolumens betragen können, aus dem Material entfernt werden. Die Porenstruktur des Gels muss während dieses Prozesses erhalten bleiben. Denn während die Gele trocknen, werden Phasengrenzen überschritten, wobei sich Kapillarkräfte entwickeln. Diese können die Poren zerstören, und das Material schrumpft.Um intakte Aerogele zu erhalten, wird das Lösungsmittel mit überkritischem Kohlendioxid aus den Poren extrahiert. Das CO2 wird anschließend bei der Temperatur oberhalb seines kritischen Punkts von 31 °C isotherm entspannt, sodass keine Kapillarkräfte entstehen. Denn im überkritischen Bereich gibt es keine Phasengrenze zwischen Gas und Flüssigkeit, daher keine Oberflächenspannung und keine Kapillarkräfte; die isotherme Druckabsenkung umgeht das Flüssigphasengebiet. Dieser Prozess heißt häufig überkritische Trocknung und wurde in den letzten Jahren untersucht, um die Trocknungszeit zu minimieren und so die Wirtschaftlichkeit des Prozesses zu verbessern.6)Die Trocknungszeit wird maßgeblich durch die charakteristische Länge des Gels (Durchmesser einer Kugel oder Dicke einer Platte) beeinflusst, daher sollte die für die jeweilige Anwendung gewünschte Größe und Form bereits bei der Gelbildung eingestellt werden. Während es mehrere Stunden dauert, eine 2 cm dicke Platte für Wärmedämmanwendungen zu trocknen, dauert dieser Vorgang bei kleinen Partikeln etwa für Sorption oder für Life-Science-Anwendungen nur wenige Minuten.6) Dabei müssen Prozessführung und Trocknungsbedingungen jeweils optimiert werden. Die Versuche dazu sind soweit gediehen, dass sich mit Sicherheit sagen lässt: Jedes Gel, unabhängig von seiner chemischen Natur, kann in Aerogel überführt werden, und zwar effizient.<h2>Aus dem Labor in die Industrie überführen</h2>Nahezu jedes Material lässt sich leichter machen, wenn es in Aerogelform überführt wird. Die innere Oberfläche erhöht sich dabei, und die Dichte lässt sich variieren, um den optimalen Kompromiss zwischen der Porosität und den mechanischen Eigenschaften zu finden.Es sind flexible Aerogele7) und mechanisch robuste Aerogele mittlerer Dichte bekannt wie Airloy vom Bostoner Unternehmen Aerogel Technologies. Die Herstellung von Aerogelen ist nicht auf den Labormaßstab beschränkt, Aerogele sind kommerziell erhältlich.Vor allem bei Silica-Aerogelen haben sich einige Produzenten etabliert, darunter Aspen Aerogel, Cabot Aerogel, Nanotech und Jios. Organische Aerogele hat kürzlich BASF unter dem Namen Slentite auf den Markt gebracht (Abbildung oben).Eine Übersicht über Aerogelproduzenten und Hinweise zum Kauf von Aerogelen für Testzwecke gibt die Website <a href="https://buyaerogel.com" target="_blank">buyaerogel.com</a>.<h2>Forschung und Entwicklung international</h2>Die Aerogel-Community wächst. Mittlerweile treffen sich bei den Konferenzen, etwa International Seminars of Aerogels, alle zwei Jahre mehr als 250 Teilnehmer.In Deutschland ist der Cluster des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie „Aerogele für Energieeffizienz“ aktiv.9)Auf europäischer Ebene ist kürzlich das Projekt Advanced Engineering and Research of Aerogels for Environment and Life Sciences (Aerogels) gestartet, vor allem für Anwendungen in Umwelt und Lebenswissenschaften.10) Die Europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung (European Cooperation in Science and Technology, Cost) fördert das Projekt. Weltweit gibt es Aerogel-Plattformen wie <a href="https://www.aerogel.org/community/" target="_blank">www.aerogel.org/community/</a>.<figure><img src="https://media.graphcms.com/d5eMAC2JQba7ECnMZ6FC"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Ein polyurethanbasiertes Aerogel in Plattenform. Foto: BASF</figcaption></figure>
<h2>Die Autorin</h2>Irina Smirnova leitet das Institut für Thermische Verfahrenstechnik der Technischen Universität Hamburg und ist stellvertretende Vorsitzende der EU Cost Action zu Aerogelen. Zuvor hatte sie das EU-Projekt Nanohybrids koordiniert.<div><img src="https://media.graphcms.com/lmUDAsGHSK2EDzxtYu3r">

</div><a href="mailto:irina.smirnova@tuhh.de">irina.smirnova@tuhh.de</a><h2>AUF EINEN BLICK</h2>Aerogele sind hochporöse Festkörper und die leichtesten Feststoffe der Welt.Jedes stabile Gel lässt sich unabhängig von seiner chemischen Natur in ein Aerogel überführen.Ausgezeichnete Wärmeisolation, große innere Oberflächen und gute Schallabsorption machen Aerogele zu Superisolatoren, Katalysatoren, Sorptionsmitteln und Trägern von aktiven Substanzen in der Lebensmittel- und Pharmatechnik.
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1 Aerogels Handbook, Hrg.: M. A. Aegerter, N. Leventis, M. M. Koebel, 2011, Springer New York</li><li>
2 I. Smirnova, P. Gurikov, Annu. Rev. Chem. Biomol. Eng. 2017, 8, 307–334</li><li>
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9 BMWI-Cluster „Aerogele für Energieeffizienz”, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://aerogelcluster.rz.tuhh.de/de/" target="_blank">https://aerogelcluster.rz.tuhh.de/de/</a></ext-link></li><li>
10 Cost Action CA18125 – Advanced Engineering and Research of aeroGels for Environment and Life Sciences COST Action, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://cost-aerogels.eu/" target="_blank">https://cost-aerogels.eu/</a></ext-link></li></ul>

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