Studierende als Gutachter gesucht | Die Stiftung Innovation in der Hochschullehre fördert Projekte in Studium und Lehre, die Neuerungen im Lehren und Lernen stärken. Welche Projekte das sind, dürfen Studierende mitentscheiden. Besondere Ken...
Meinungsbeitrag
Mehr Aufbruchstimmung
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Ein Leitartikel von Marc Struhalla
Unsere Wirtschaft organisiert ihre Wertschöpfungsketten neu. Die Stichworte lauten: Aufbau einer Kreislaufwirtschaft, Nutzung künstlicher Intelligenz, Biologisierung der Chemie oder Dekarbonisierung. Wir werden die Industrie nur dann auf eine nachhaltige Produktion umstellen und die Erderwärmung nur dann eindämmen können, wenn neue Technologien im energetischen und stofflichen Bereich wesentliche Beiträge leisten. Die Biotechnologie hat das Potenzial, hierbei eine herausragende Rolle zu spielen: in Deutschland und Europa und sowohl in Akademie als auch in der Industrie. Wir sind in der fermentationsbasierten Industrieproduktion weltweit führend. Und trotzdem kommt in der Biotech-Branche hierzulande keine Aufbruchstimmung auf. Warum ist das so?
Spricht man mit Vertretern aus den Unternehmen und den Branchenverbänden, landet man schnell bei Mängeln in den Rahmenbedingungen. Es fehlten staatliche Fördermittel und Zuschüsse. Der Staat müsse der Biotechbranche mehr finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Der Risikokapitalmarkt sei zu wenig ausgeprägt; es fließe zu wenig Venture Capital in die Unternehmen. Es müssten zusätzliche gesetzliche Anreize dafür geschaffen werden, dass privates und institutionelles Vermögen in Risikokapitalfonds fließt. Die Bürokratie sei ausufernd und stelle Start-ups zu viele Hürden in den Weg. Es fehle an einem funktionierenden Kapitalmarkt, über den sich junge Technologieunternehmen über die Börse finanzieren können. Und so weiter und so fort. Es kommt der Eindruck auf, als würde erwartet, dass der Staat Gründerinnen und Gründer auf einer Sänfte zum Unternehmenserfolg tragen soll.
Spricht man mit den jungen Unternehmerinnen und Unternehmern, dann gewinnt man den Eindruck, dass der Fokus des eigenen Engagements eher darauf liegt, den Laden am Laufen zu halten und sicherzustellen, dass Gehälter und Miete bezahlt werden können. Oft beteiligen sich Start-ups an Fördermittelanträgen, deren inhaltliche Ausrichtung nicht mit der Unternehmensstrategie übereinstimmt. Insbesondere die Forderung nach großen, internationalen Konsortien mit großer Beteiligung von kleinen Unternehmen in der Forschungsprojektförderung auf europäischer Ebene führt zu einer Fehlallokation von Steuergeldern. Die Erfolgsaussichten bei der Beantragung sind sehr niedrig, also machen alle überall mit und bearbeiten am Ende Projekte, die nicht auf die Unternehmensziele einzahlen. So können keine nachhaltigen Unternehmenswerte geschaffen werden, und so bringen die Förderprojekte auch zu wenig ein.
Für erfolgreiches Unternehmertum braucht es Mut und Risikobereitschaft. Aber auch einen klaren Plan und große Ziele. Wo können wir im Markt einen Unterschied machen, wo werden wir gewinnen? Die beschränkten Ressourcen müssen genau darauf ausgerichtet sein. Und trotzdem braucht es auch den Mut, eine eingeschlagene Richtung zu ändern. Eine hohe Wendigkeit ist eine der zentralen Stärken von Start-ups.
Die häufig zu hörende Kritik an den Rahmenbedingungen und die Forderung nach deren Verbesserungen ist grundsätzlich richtig. Aber wir sollten auch in den Blick nehmen, dass im Einzelfall die Gründerteams hinter den Start-ups den entscheidenden Beitrag leisten müssen. Die Herausforderung ist, eine hoffentlich geniale Idee zu einem herausragenden Erfolg zu entwickeln – innerhalb der Rahmenbedingungen, die man vorfindet. Nicht die besten Ideen, sondern die besten Gründerinnen und Gründer werden Erfolg haben, unabhängig davon, wie viele Steine in ihrem Weg liegen.
Der Biochemiker Marc Struhalla ist Geschäftsführer des Leipziger Enzymherstellers c-Lecta – und war 2004 einer der Gründer dieses Start-ups.
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