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Der Darmstädter Merck-Konzern sichert sich die Exklusivrechte für die Entwicklung und Vermarktung des Wirkstoffs Xevinapant gegen Kopf-Hals-Tumore, und zwar durch eine weltweite Lizenzvereinbarung mit dem schweizerischen Biopharmaunternehmen Debiopharm. Dieses erhält eine Vorauszahlung von 188 Mio. Euro und erfolgsabhängig bis zu 710 Mio. Euro. Beide Unternehmen finanzieren gemeinsam die laufende zulassungsrelevante Phase-III-Studie.

Meldung

Merck: weltweite Lizenzvereinbarung mit Debiopharm

Der Darmstädter Merck-Konzern sichert sich die Exklusivrechte für die Entwicklung und Vermarktung des Wirkstoffs Xevinapant gegen Kopf-Hals-Tumore, und zwar durch eine weltweite Lizenzvereinbarung mit dem schweizerischen Biopharmaunternehmen Debiopharm. Dieses erhält eine Vorauszahlung von 188 Mi...

Cannabinoide sind immer häufiger in Kosmetika, Lebensmitteln und Pharmaprodukten enthalten. Daraus ergeben sich bestimmte Qualitätsanforderungen, und daher sind neue Produktionswege notwendig. Diese können etwa mit gentechnisch veränderten Bakterien gelingen.
Die Hanfpflanze (Cannabis sativa) enthält über 400 Phytochemikalien, darunter Terpene, Flavonoide und mehr als 100 terpenoide Inhaltsstoffe, die Cannabinoide.1) Einblicke in deren Wirkweise und Anwendungen bei Menschen und Tieren lassen eine Industrie erwarten, in der cannabinoidhaltige Kosmetika, Hautpflegeartikel und Lebensmittel fester Bestandteil sind. Daher wird der Cannabinoid-Markt von derzeit 1 Mrd. US-Dollar (USD) bis zum Jahr 2025 auf mehr als 5 Mrd. USD wachsen.2) Vor allem für Lebensmittel und Pharmaprodukte wird die Nachfrage nach isolierten Cannabinoiden zunehmen, welche die hohen Reinheits- und Qualitätsanforderungen in großem Produktionsmaßstab erfüllen.<h2>Die wichtigsten Cannabinoide</h2>Die bekanntesten Phytocannabinoide sind ∆9-Tetrahydrocannabinol (THC), Cannabidiol (CBD) und Cannabigerol (CBG). THC ist für seine psychoaktive Wirkung bekannt; es ist die Hauptdroge in Marihuana und Haschisch. THC ist jedoch auch pharmakologisch wichtig, etwa bei Magersucht und bei Aids-Patienten. Zudem lassen sich damit Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapiepatienten behandeln, die nicht angemessen auf konventionelle Mittel ansprechen.3)CBD und CBG wirken gegen Entzündungen, Schmerzen und Übelkeit sowie kindliche Epilepsie, und dies ohne die psychoaktive Wirkung von THC. Daher interessiert sich die Verbrauchsgüter- und Lebensmittelindustrie für CBD und CBG. Darüber hinaus beschäftigen sich mehrere Studien mit deren möglicher Anwendung, um einige Krebsarten zu behandeln.4)<h2>Hanfanbau</h2>Die häufigste Methode, um Phytocannabinoide zu gewinnen, ist, sie aus der Hanfpflanze zu extrahieren. In Europa diente im Jahr 2018 eine Fläche von zirka 40 000 Hektar dem gesamten Hanfanbau, eine Aufspaltung nach Nutzen ist nicht verfügbar. Bis zum Jahr 2030 wird die Fläche auf zirka 100 000 Hektar steigen.5) Mit dem zunehmenden Markt für cannabinoidhaltige Produkte wird der Anteil an Hanf für die Extraktion zunehmen.Der Hanfanbau bringt weltweit unangenehme Nebeneffekte mit sich: Monokulturen und das Verlagern des Hanfanbaus in Richtung Äquator, um zwei Ernten pro Jahr zu ermöglichen, führen zur Rodung von Regenwäldern. Zudem konkurriert dies mit der lokalen Nahrungsmittelproduktion. Hinzu kommen Ausbeute- und Qualitätsschwankungen, etwa durch Klima und Schädlinge, durch die politische Situation und die lokalen Liefer- und Produktionsstandards.<h2>Chemische Synthese</h2>Sowohl für natürliche als auch synthetische Cannabinoide, die im Zuge der Suche nach neuen pharmakologischen Aktivitäten wichtiger wurden, gibt es chemische Synthesen.6) Einige chirale Monoterpenoide lassen sich mit substituierten Phenolen koppeln, um CBD- oder THC-Derivate zu synthetisieren.Das Holzmindener Unternehmen Symrise stellte kürzlich einen CBD-Produktionsprozess vor. Er setzt aus Orangenschalen extrahiertes d-Limonen zu p-Menthadienol um und koppelt dies mit Olivetolsäuremethylestern.7)Alternativ lassen sich nichtchirale Edukte asymmetrisch koppeln. Dies erhöht die Substratspezifität – jedoch ebenso den Syntheseaufwand. Aufgrund des hohen Preises für das Edukt Olivetol(säure) von 800 bis 1000 USD pro Kilogramm ist die chemische Cannabinoid-Synthese in der industriellen Produktion begrenzt.8)<h2>Synthetisch-biologischer Ansatz</h2>Ist ein Biosyntheseweg bekannt, lässt sich der zugrunde liegende genetische Bauplan in Mikroorganismen einbringen, die dann die Produkte aus günstigen Substraten herstellen. Die Biosynthese braucht weniger Fläche als die landwirtschaftliche Herstellung und hat geringere Ausbeute- und Qualitätsfluktuationen.Gegenüber chemischen Syntheserouten wird die Biosynthese mittelfristig billiger sein, da die Rohstoffe günstiger sind. Damit sich die Kostenvorteile ergeben, sind die gentechnisch veränderten Organismen und der Prozess zu optimieren. Ein Ziel ist, die CBD-Herstellungskosten unter 1000 USD pro Kilogramm zu senken, um es in Verbrauchsgütern einzusetzen.9) Mittelfristig ließe sich dieser Wert mit synthetischer Biologie unterschreiten (Abbildung oben).<figure><img src="https://media.graphcms.com/jweRji91Q4at3rrlPNjw"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Herstellkosten für Cannabinoide. Zum Vergleich sind alle Kosten ohne Rücksicht auf Bedingungen der Guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP) berechnet, die etwa für Kosmetika nicht erfüllt sein müssen. Blau: Minimalkosten; grau: realistischer Bereich; petrol: kurzfristiges Ziel biosynthetischer Herstellung. Der Grenzwert für die chemische Synthese gilt (basierend auf dem niedrigstem Substratpreis), wenn alle Edukte umgesetzt werden und Ausbeuteverluste maximal 10 % betragen. Quelle: Schiffels, Kubik; Hanfextraktion: Seed CX, 2016</figcaption></figure>
<h2>Die Cannabinoid-Biosynthese</h2>Die THC-, CBD- und CBG-Biosynthese in C. sativa besteht aus vier Modulen (Abbildung S. 28):10)<figure><img src="https://media.graphcms.com/BV36RuydSnSVSKjLirop"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Cannabinoid-Biosynthese. TKS = Tetraketidsynthase; OAC = Olivetolatzyklase. Quelle: Dick</figcaption></figure>
<list list-type="simple"><list-item></list-item></list>Biosynthese von Hexanoyl-Coenzym A (CoA) und Malonyl-CoA. Die Vorstufe von Hexanoyl-CoA ist Hexanoat aus dem ungesättigten Fettsäurestoffwechsel. Malonyl-CoA ist ein Baustein des Fettsäure- und Polyketidstoffwechsels.<list-item>Die Biosynthese von Olivetolsäure (OA) beginnt mit der Kondensation von Hexanoyl-CoA und drei Molekülen Malonyl-CoA, gefolgt von der C2-C7-Aldolkondensation des Polyketid-Intermediats 3,5,7-Trioxodecanoyl-CoA zu OA.</list-item><list-item>Biosynthese von Geranylpyrophosphat (GPP). GPP ist essenzieller Bestandteil jeder Zelle und wird aus aktivierten Zentralmetaboliten des Zuckerstoffwechsels synthetisiert.</list-item><list-item>Cannabinoid-Biosynthese. Cannabigerolsäure (CBGA) entsteht durch Koppeln von GPP und OA durch das Enzym CBGA-Synthase (CBGAS) und ist die Vorstufe von THC, CBD und CBG sowie weiterer Cannabinoide. Oxidatives Cyclisieren von CBGA erzeugt mit dem Enzym THCAS Tetrahydrocannabinolsäure (THCA) oder mit dem Enzym CBDAS Cannabidiolsäure (CBDA). Beide decarboxylieren in der Hitze (3 h bei 100 °C, 10 min bei 200 °C) zu THC, CBD oder CBG.</list-item><h2>Biotechnische Meilensteine</h2>Die biosynthetische Herstellung von THC, CBD und CBG aus Zucker wurde Anfang des Jahrs 2019 erstmals dokumentiert.11) Die Autor:innen bauten hierzu den vollständigen genetischen Bauplan in Hefezellen nach (in vivo). Die dabei erreichten Produktkonzentrationen (Titer) lagen mit 8 mg·L–1 THCA, 7 µg·L–1 CBGA und 4 µg·L–1 CBDA drei bis sechs Größenordnungen unter den Minimalanforderungen, die einen Prozess ökonomisch sinnvoll machen.Im gleichen Jahr beschrieben Valliere und andere eine zellfreie Enzymkaskade (in vitro) mit CBGA-Konzentrationen im Gramm-pro-Liter-Bereich.12) Anfangs war diese Synthese mit 25 Enzymen zu komplex, um sie in der Industrie anzuwenden.Im Folgejahr etablierten die Autor:innen einen Prozess mit 12 Enzymen mit kaum geringeren Ausbeuten.13) Die industrielle Implementierung ist aber zurzeit aus Kostengründen unwahrscheinlich, da jedes Enzym einzeln produziert und gereinigt werden muss und teure Cofaktoren notwendig sind.Das Frankfurter Start-up Synbionik (Kasten links) entwickelt einen In-vivo-Prozess ohne die Limitierungen der bisherigen Ansätze.<h2>INFO: Das Unternehmen Synbionik</h2>Synbionik in Frankfurt am Main ist ein im Jahr 2019 gegründetes Start-up zur synthetischen Biologie. Es konstruiert Mikroorganismen, die chemische Verbindungen herstellen. Das Unternehmen entwickelt dazu Organismen und Enzyme, um Begrenzungen biologischer Systeme zu überwinden und das vollständige Potenzial der synthetischen Biologie für die Industrie zu entfalten. Synbionik entwickelt Produktionsrouten für Naturstoffe und bietet Auftragsforschung als Dienstleistung.<a href="https://synbionik.com" target="_blank">synbionik.com</a><h2>Der richtige Mikroorganismus</h2>Biologische Systeme sind durch Thermodynamik, Kinetik und die Toxizität von Verbindungen begrenzt. Das Chassis, also die Zelle, und die genetisch kodierten Enzyme, die den Biosyntheseweg bilden, müssen ineinandergreifen.Die Hefezelle bietet Vorteile in der Biosynthese pflanzlicher Produkte. Dazu gehören eine modulierbare Synthese von GPP sowie das Instrumentarium für die Produktion pflanzlicher Enzyme und für den Export der Produkte aus der Zelle. Gleichwohl weist Hefe Probleme auf, darunter<list list-type="simple"><list-item></list-item></list>die geringe Synthese von Hexanoyl-CoA und Toxizität von Hexanoat (1 mM),<list-item>die Toxizität des Produkts THCA (0,89 mM) und</list-item><list-item>die geringe Kohlenstoffeffizienz aufgrund hoher Biomassebildung und Atmungsrate.14)</list-item>Solche Limitierungen zu überwinden, indem man den Organismus verändert, ist zeitaufwendig und teilweise unmöglich. Synbionik hat einen Mikroorganismus als Alternative zu Hefe entwickelt, der höhere Konzentrationen organischer Säuren und hydrophober Produkte toleriert. Zudem nutzt er größere Anteile des vorhandenen Kohlenstoffs, um Produkte zu bilden.<h2>Jedes Enzym auf dem Prüfstand</h2>Die Enzyme aus der Hanfpflanze sind wenig spezifisch (katalytische Promiskuität) und zu wenig aktiv für die industrielle Produktion. Ein ratenlimitierendes Enzym lässt sich oft durch eine aktivitäts-, stabilitäts- oder selektivitätsverbesserte Enzymvariante austauschen. Diese stammt dann entweder aus einem anderen Organismus (Enzyme Discovery), wird durch gezielte Mutagenese erzeugt (Protein Engineering) oder entsteht dadurch, dass man beide Methoden kombiniert.Beispielsweise hat Synbionik das Enzym CBGAS, das eine ungünstige Struktur und ungünstige kinetische Eigenschaften hat, durch eine verbesserte Enzymvariante ersetzt. Dazu kombinierte das Unternehmen Enzyme Discovery und Protein Engineering und erhielt Transferasen mit höheren Aktivitäten als vorherige (Abbildung rechts oben).<figure><img src="https://media.graphcms.com/zzoOZo0dQjiIAJnWHM6V"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Katalytisch aktive aromatische Prenyltransferasen (PT) für den CBGA-Biosyntheseschritt. Valliere und Team nutzten eine Wildtyp-PT und verbesserten diese mit Protein Engineering (grau).12) Synbionik kombinierte Enzyme Discovery mit Protein Engineering und erhielt eine noch aktivere Variante (blau). Quelle: Schiffels, Dick</figcaption></figure>
Mit der verbesserten Leistung wurde nicht nur die In-vivo-Plattform weiterentwickelt, sondern auch ein kleinskaliger In-vitro-Prozess etabliert. Damit kann Synbionik CBGA in hoher Reinheit und Ausbeute herstellen, etwa für den Referenzmaterialienmarkt.Es sind weitere Einblicke in die Effizienz jedes Syntheseschritts notwendig und Stellschrauben zu identifizieren, die zu justieren sind. Dazu modellieren computerunterstützte Methoden Enzyme und deren Zusammenwirken ähnlich wie einen elektrischen Schaltplan. So soll ein produktionsfertiger Organismus entstehen, der den Anforderungen des Cannabinoid-Markts bezüglich Qualität, Preis und Verfügbarkeit gerecht wird.<h2>AUF EINEN BLICK</h2>Der Markt für cannabinoidhaltige Kosmetik, Hautpflegeartikel und Lebensmittel wächst.Cannabinoide lassen sich aus Hanf extrahieren, chemisch synthetisieren und biotechnisch gewinnen.Forscher dokumentierten im Jahr 2019 erstmals die biosynthetische Herstellung von Cannabinoiden wie ∆9-Tetrahydrocannabinol, Cannabidiol und Cannabigerol aus Zucker.Mit verbesserten Enzymen lassen sich Substanzen wie Cannabigerolsäure biosynthetisch erzeugen.<h2>Die Autoren</h2>Diesen Beitrag haben Johannes Schiffels (Foto oben), Grzegorz Kubik (unten) und Markus Dick verfasst. Schiffels ist R&amp;D Innovation Manager bei Synbionik in Frankfurt am Main. Er studierte Bioingenieurwesen und promovierte zu Enzym- und Biotechnologie. Er leitete an der RWTH Aachen ab 2017 die Nachwuchsforschungsgruppe Next Generation Biocatalysis. Kubik ist Senior Business Development Manager bei Synbionik. Er studierte Chemie und promovierte in chemischer Biologie. Dick arbeitet seit März 2020 bei Synbionik als Programmleiter im Forschungsprojekt zur Cannabinoid-Biosynthese. Er promovierte zu Biokatalyse.<div><img src="https://media.graphcms.com/n6RuHX4LTP2EXBVU87lE">

</div><div><img src="https://media.graphcms.com/8TSCYcJCS1WRrhjfRf18">

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1 C. M. Andre, J.-F. Hausman, G. Guerriero, Frontiers in plant science 2016, 7, 1</li><li>
2 Wise Guy Research Consultants, Cannabidiol (CBD) Oil: Global Markets, 2020, <a href="https://wiseguyreports.com" target="_blank">wiseguyreports.com</a> (6.1.2021)</li><li>
3 Abbvie Marinol – dronabinol capsule, U.S. Food and Drug Administration: <a href="https://t1p.de/qwjv" target="_blank">t1p.de/qwjv</a> (8.2.2021)</li><li>
4 B. Dariš, M. T. Verboten, Ž. Knez, P. Ferk, Bosnian J. Basic Med. Sci. 2019, 19, 14</li><li>
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6 V. R. L. J. Bloemendal, J. C. M. van Hest, F. P. J. T. Rutjes, Org. Biomol. Chem. 2020, 18, 3203</li><li>
7 S. Hilmer, Specialty Chemicals Magazine 2021, 1, 20</li><li>
8 B. Jung, J. K. Lee, J. Kim et al., Chem. Asian J. 2019, 14, 3749</li><li>
9 A. Regalado, How biotech went from “no way” to payday in the cannabis business, MIT Technology Review, 2019, <a href="https://t1p.de/euty" target="_blank">t1p.de/euty</a></li><li>
10 T. Gülck, B. L. Moller, Trends Plant Sci. 2020, 25, 985</li><li>
11 X. Luo, M. A. Reiter, L. d’Espaux et al., Nature 2019, 567, 123</li><li>
12 M. A. Valliere, T. P. Korman, N. B. Woodall et al., Nat. Commun. 2019, 10, 565</li><li>
13 M. A. Valliere, T. P. Korman, M. A. Arbing, J. U. Bowie, Nat. Chem. Biol. 2020, 16, 1427</li><li>
14 F. Thomas, C. Schmidt, O. Kayser, Appl. Microbiol. Biotechnol. 2020, 104, 9551</li></ul>

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