Industrie + Technik

<p>Analytische Methoden helfen, kleinste Kunststoffteilchen in der Umwelt zu finden, damit diese sich nicht weiter verteilen. Wie Berliner Forscher Mikroplastik aufspüren und analysieren.</p>
<p>In den 1950er Jahren wurden weltweit 1,5 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produziert – heute sind es fast 400 Millionen Tonnen.<sup>1)</sup> Aus einem Großteil davon entstehen Einweggüter. Allerdings sind Kunststoffe in der Regel weitaus haltbarer, als für die Nutzungsdauer der Produkte erforderlich ist. Das führt zu Entsorgungsproblemen. Ein geringfügiger Teil von neun Prozent wird recycelt, der Rest endet entweder auf Mülldeponien oder in der Umwelt und zerfällt in mikroskopisch kleine Teilchen, das Mikroplastik (Abbildung oben). Millionen von Mikroplastikpartikeln verteilen sich in Wasser, Boden und Luft, mit steigender Tendenz.<sup>2)</sup></p><figure><img src="https://media.graphcms.com/2KvbWaPoSPiAJ5agUGlD"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Mischung von getrennt mit drei Farbstoffen (oben) eingefärbtem Mikroplastik, sichtbar gemacht unter dem Fluoreszenzmikroskop. Bilder: Gerhardt, GNF</figcaption></figure>
<p>Um Studien zur Bewertung der Auswirkungen von Mikroplastik auf unser Ökosystem zu vergleichen, bedarf es standardisierter und schneller analytischer Methoden. Bisher erhobene Daten sind durch den Einsatz sehr unterschiedlicher Verfahren schwer vergleichbar und oftmals wenig aussagekräftig. Hierbei ist die Aufbereitung der Umweltproben entscheidend.</p><h2>Probleme der bisherigen Mikroplastikanalytik</h2><p>Biogene (organische Polymere) und mineralische (anorganische Sedimente) Bestandteile der Probe erschweren es, Mikroplastik zu identifizieren und zu quantifizieren. Ein weiteres Problem ist die Besiedlung der Plastikoberflächen mit Mikroorganismen wie Bakterien, Algen, Pilzen und Protozoen. Mit der Zeit entstehen stabile Biofilme – bis zur vollständigen Umhüllung des Mikroplastikpartikels. Spektroskopische Verfahren erkennen solche umhüllten Partikel nicht als Mikroplastik.</p><p>Es müssen Methoden entwickelt werden, um entweder das Mikroplastik von der umgebenden organischen und anorganischen Matrix abzutrennen oder die Mikroplastikpartikel in der Matrix besser auffindbar zu machen.</p><p>Bei Proben mit hohem mineralischem Anteil eignet sich die Dichteseparation als ein schonendes Trennverfahren. Die unterschiedlichen Arten organisches Material – darunter abgestorbene Pflanzenteile, Krebstiere und Insekten – lassen sich damit nicht abtrennen.</p><p>Hier sind Cocktails aus Enzymen und Chemikalien erforderlich, die in mehreren Schritten über mehrere Tage angewandt werden. Aufgrund der hohen mechanischen und chemischen Stabilität dieser strukturbildenden Biopolymere sind Enzym-Einwirkzeiten von mehreren Tagen üblich. Durch die Kaskadierung dieser zeitintensiven Behandlungen kann die Vorbereitung einer einzelnen Probe bis zu einem Monat dauern. Werden die einzelnen Techniken entsprechend der Erfordernisse der Probe kombiniert, ist es möglich, Mikroplastik unter hohem Zeitaufwand nahezu ohne Verunreinigungen aus der Probe zu isolieren.</p><h2>Fluoreszenzmarkierung</h2><p>Farbstoffe machen es möglich, die komplexe und zeitintensive Probenaufbereitung und somit die Analysezeiten massiv zu kürzen. Ein britisches Forscherteam entwickelte eine Methode zur oberflächlichen Einfärbung des Mikroplastiks mit Nilrot.<sup>3)</sup> Dieser Farbstoff fluoresziert intensiv. Durch seine schlechte Wasserlöslichkeit lagert sich Nilrot bevorzugt auf hydrophoben Materialoberflächen an. Hierzu gehören Kunststoffe, aber auch Zellmembranen und Fetteinlagerungen biogener Materialien. Diese müssen vorher durch eine Behandlung mit Wasserstoffperoxid zerstört werden. Mineralische Bestandteile werden aufgrund ihrer hydrophilen Oberfläche nicht eingefärbt.</p><p>Hier setzt die Arbeit der gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung der naturwissenschaftlich-technischen Forschung (GNF) an. Die Entwicklungen der Gruppe „Tensid- und Grenzflächenchemie“ sollen dazu führen, die Mikroplastikteilchen in der Probe durch Fluoreszenz optisch von ihrer anorganischen und biologischen Umgebung zu trennen. Da dies über die Modifikation der Eigenschaften von Farbstoffen selbst nur schwer steuerbar ist, haben wir Methoden gesucht, die den Farbstoff stärker an das Plastik binden als an das biogene Material. Von uns entwickelte Mikroemulsionen liefern dafür jetzt erste Ergebnisse.</p><h2>Mikroemulsionen</h2><p>Mikroemulsionen sind Emulsionen, deren disperse Phase so fein verteilt ist, dass sichtbares Licht an ihr nicht gestreut wird. Trotz ihres klaren Erscheinungsbilds handelt es sich um disperse Systeme, in denen eine unlösliche Flüssigkeit mit Tensiden in einer zweiten Phase (häufig Wasser) fein verteilt wird. Diese disperse Natur der Mikroemulsionen äußert sich durch eine je nach Zusammensetzung der Mikroemulsion unterschiedlich stark ausgeprägte Opaleszenz: eine bläuliche Färbung der Mikroemulsion senkrecht zu einfallendem Licht (Abbildung links).</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/t3ASVoOkTYWbaiNPjmeg"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Eine Mikroemulsion (Mitte) eignet sich, um Mikroplastik zu markieren; zum Vergleich: links ein Tensidsystem, rechts eine makroskopische Emulsion.  Bild: Gerhardt, GNF</figcaption></figure>
<p>Die Aufgabe des Tensids in einer Mikroemulsion ist es zunächst, Mizellen zu bilden. Im Unterschied zu einer einfachen Lösung des Tensids sind in diese Mizellen Moleküle der unlöslichen Phase eingebaut. Ist die Aufnahmefähigkeit der Mizellen erschöpft, bildet der Rest der unlöslichen Flüssigkeit eine eigene Phase, die Exzessphase.</p><p>Mikroemulsionen sind stabil, und sie entstehen spontan. Die nanodisperse Struktur bildet sich durch Rühren der Mischung. Andere Emulsionen, deren viel größere Domänen häufig erst durch stärkeren Krafteintrag entstehen, sind dagegen temperatur- und stoßempfindlich.</p><h2>Mikroemulsionen zum Markieren von Mikroplastik</h2><p>Die Mizellen der Mikroemulsion lassen sich – wie in der Pharmaindustrie häufig – als Transportmittel für unlösliche Moleküle einsetzen. Wir verwenden Mikroemulsionen mit Fluoreszenzfarbstoffen, um Mikroplastik selektiv zu markieren.</p><p>Hierbei erreichen wir gegenüber der in der Literatur beschriebenen Methode zur Einfärbung mindestens eine genauso gute, meistens stärkere Färbung. Dazu muss die Mikroemulsion einen Tag ohne weitere Probenvorbereitung auf die Probe einwirken. Zudem bleibt wegen der hohen Selektivität der Mikroemulsion das Filterpapier, mit dem die Partikel aufgefangen werden, ungefärbt. Der größere Farbunterschied verbessert das Signal-Rausch-Verhältnis (Abbildung oben).</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/IbwBoF0MQ920p83wFy1A"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Links: Foto mit Nilrot gefärbten Mikroplastiks (helle Punkte) auf einem Filter;<sup>4)</sup> rechts: mit einer Mikroemulsion eingefärbtes Mikroplastik (rötliche Punkte, Fluoreszenzmikroskopaufnahme). Bilder: Lit.<sup>4)</sup> ; Gerhardt, GNF</figcaption></figure>
<p>Wir hoffen, so in weiteren Untersuchungen wesentlich kleinere, schwächer leuchtende Partikel zu finden als bisher. Neben der vereinfachten Probenvorbereitung und den kürzeren Analysezeiten erwarten wir einen weiteren Vorteil der Methode: Um die Kunststoffart zu klassifizieren, muss zusätzlich zur Fluoreszenzmikroskopie, mit der die markierten Mikroplastikpartikel gezählt und vermessen werden, entweder eine IR- oder Ramananalyse der leuchtenden Partikel erfolgen. Da nicht mehr alle Partikel, sondern nur noch die mit dem Farbstoff markierten Partikel vermessen werden müssen, lässt sich auch hier die Analysezeit reduzieren.</p><p>In der Ramananalytik ist jedoch Fluoreszenz ein häufig auftretendes Problem, da die intensive Fluoreszenzstrahlung die schwachen Ramansignale meist vollständig überlagert. Wir haben in Zusammenarbeit mit Projektpartnern Kombinationen aus Anregungslasern und Farbstoffen gefunden, die sich für die Ramanspektroskopie eignen.</p><h2>Schnelle Mikroplastikanalytik</h2><p>Die GNF, Mitglied in der Zuse-Gemeinschaft, hat sich zum Ziel gesetzt, Lösungen gegen die Verbreitung von Mikroplastik in der Umwelt zu entwickeln. Dazu gehören analytische Methoden für eine kostengünstige Detektion der Mikroplastikpartikel. Denn nur eine bezahlbare Routineanalytik führt zu mehr Untersuchungen und Studien und damit zu Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und der Politik. Nur so lassen sich Grenzwerte, Richtlinien und Maßnahmen im Umgang mit Mikroplastik gesetzlich verankern.</p><p>In Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth sind Versuche mit verschiedenen Analysetechniken in Arbeit, um Vergleichbarkeit mit anderen Methoden zu erreichen.</p><h2>AUF EINEN BLICK</h2><p>Bei Mikroplastik-Analysetechniken gibt es kaum systematische Methodenvergleiche.</p><p>Mikroplastikpartikel lassen sich durch Färben markieren und so unter dem Fluoreszenzmikroskop identifizieren.</p><p>Mikroemulsionen als Transportmedium zur Mikroplastikpartikelfärbung sind selektiv und verbessern das Signal-Rausch-Verhältnis gegenüber bisherigen Methoden.</p><h2>Der Autor</h2><p>Tobias Gerhardt arbeitet als Chemiker bei der gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung der naturwissenschaftlich-technischen Forschung in Berlin-Adlershof (GNF), Mitglied der Zuse-Gemeinschaft. Die Arbeitsgruppe Tensid- und Grenzflächenchemie besteht aus Tobias Gerhardt, Beate Günther und Marc Bayer.</p><div><img src="https://media.graphcms.com/A0wusdjFQoKGlBgWO1Hh">

</div><p></p><p><a href="mailto:t.gerhardt@gnf-berlin.de">t.gerhardt@gnf-berlin.de</a></p>
<ul class="references"><li>
<sup>1 </sup><a href="https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167099/umfrage/weltproduktion-von-kunststoff-seit-1950/" target="_blank">de.statista.com/statistik/daten/studie/167099/umfrage/weltproduktion-von-kunststoff-seit-1950/</a></li><li>
<sup>2 </sup>K. L. Law, Kara Lavende, R. C. Thompson, Science 2014, 345, 144</li><li>
<sup>3 </sup>G. Erni-Cassola, M. I. Gibson, R. C. Thompson, J. A. Christie-Oleza, Environ. Sci. Technol. 2017, 51, 13641</li><li>
<sup>4 </sup>T. Maes, R. Jessop, N. Wellner, K. Haupt, A. G. Mayes, Sci. Rep. 2017, 7, 44501</li></ul>


Artikel

Mikroplastik: Auf der Suche nach der unsichtbaren Gefahr

Analytische Methoden helfen, kleinste Kunststoffteilchen in der Umwelt zu finden, damit diese sich nicht weiter verteilen. Wie Berliner Forscher Mikroplastik aufspüren und analysieren. In den 1950er Jahren wurden weltweit 1,5 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produziert – heute sind es fast 400 M...

<p>Anders als in der Gesamtwirtschaft lief es im Jahr 2020 bei den Laborzulieferern: Für einige gehörte es zu den erfolgreichsten der Unternehmensgeschichte. Die große Nachfrage – vor allem nach Verbrauchsmaterialien – konnten die Hersteller allerdings oft nicht bedienen. Aufgrund der Pandemie stockten die Lieferketten.</p>
<p>Im Jahr 2020 schrumpfte die Weltwirtschaft um 4,4 Prozent, die Life-Science-Branche um 1,2 Prozent. Aufgrund der Coronapandemie blieben Labore geschlossen, Forschungseinrichtungen und Industrielabore verschoben Investitionen in Geräte.</p><h2>Unbezahlbare Luftfracht</h2><p>Ein Problem für die Laborzulieferer wie deren Kunden waren unterbrochene Lieferketten. Aufgrund der Sars-Cov-2-Tests stieg der Bedarf an Verbrauchsmaterialien wie Pipettenspitzen oder Probengefäßen, und die Rohstoffe dafür, Polypropylen und Polyethylen, wurden knapp. Zudem verteuerte sich die Luftfracht um Größenordnungen, da mit Beginn der Coronapandemie der Flugverkehr einbrach. Hersteller und deren Lieferanten wichen auf den Seeweg aus, und in der Folge erhöhten sich die Lieferzeiten um mehrere Wochen, und die Preise für Schiffscontainer stiegen. „Das globale Räderwerk ist durcheinandergeraten“, sagt Klaus Ambos, Geschäftsführer der Eppendorf-Tochter Starlab, die Universitätslabore und öffentliche Forschungs- und Untersuchungseinrichtungen beliefert.</p><p>Ambos rechnet nicht damit, dass sich die Lage bei den Lieferketten in diesem Jahr entspannt: Einige asiatische Länder, wo die Produktionsstandorte angesiedelt sind, kämpfen mit Pandemiewellen, und das Probenaufkommen bleibt weltweit hoch.</p><h2>Gute Geschäfte mit Analytik</h2><p>Insgesamt setzten die Unternehmen der Analysengeräte- und Labortechnikbranche in Deutschland 9,67 Milliarden Euro um, 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr, und das mit 0,5 Prozent weniger Beschäftigten (etwa 48 360).</p><p>Allerdings verzeichnete laut Branchenverband Spectaris ein Drittel der Unternehmen im vergangenen Jahr weniger Umsätze als im Vorjahr. So meldete die Mikroskopiesparte von Carl Zeiss einen Rückgang der Umsätze von 1,74 auf 1,64 Milliarden Euro. Damit ist Zeiss wie im Vorjahr der größte deutsche Gerätehersteller.</p><p>Beim Schweizer Mess- und Automatisierungstechnikkonzern Endress+Hauser sank der Umsatz im Jahr 2020 um 2,8 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Das Geschäft mit Labormesstechnik und -automatisierung, zu dem Analytik Jena gehört, legte allerdings um 38 Prozent auf 162 Millionen Euro zu.</p><p>Einige Unternehmen wiesen Rekordumsätze aus, unter ihnen Sartorius und Eppendorf.</p><h2>Sartorius‘ Wachstum mit Biopharma und Verbrauchsmaterial</h2><p>Umsatz und Ertrag wuchsen beim Göttinger Laborzulieferer Sartorius im vergangenen Jahr wechselkursbereinigt um 30 Prozent beziehungsweise 40 Prozent: Das Unternehmen meldete 2,3 Milliarden Euro Umsatz und 693 Millionen Euro Ebitda (Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen). Damit gehörte das Jahr 2020 zu den wachstumsstärksten in der Unternehmensgeschichte.</p><p>Sartorius ist in zwei Sparten organisiert: Bioprocess Solutions und Lab Products and Services mit Umsatzanteilen von 76 beziehungsweise 24 Prozent.</p><p>Bioprocess Solutions liefert Produkte für die biotechnische Produktion, darunter Reaktoren, Fermenter und Filtrationseinheiten.</p><p>Lab Products &amp; Services hat sich in den letzten Jahren auf die Lebenswissenschaften ausgerichtet und beliefert Pharma- und Biotechforschungslabore sowie akademische Forschungseinrichtungen mit Geräten wie Waagen und Wasseraufbereitungsanlagen sowie Verbrauchsmaterialien wie Pipettenspitzen. Weitere Kunden der Laborsparte von Sartorius kommen aus der Chemie- und Lebensmittelbranche.</p><p>Die Bioprozesssparte wuchs um 34 Prozent, da weltweit die Produkte für die Impfstoffherstellung stark nachgefragt wurden. Zwölf Prozentpunkte des Wachstums von Bioprocess Solutions führt Sartorius auf die Covid-19-Pandemie zurück. Fünf Prozentpunkte ergeben sich durch die Akquisitionen des vergangenen Jahrs.</p><p>Der Umsatz mit den Laborprodukten wuchs um 18 Prozent. 15 Prozentpunkte trugen die Akquisitionen bei. Sartorius hat Teile des Life-Science-Geschäfts von Danaher mit 300 Beschäftigten übernommen. Der US-amerikanische Mischkonzern war noch bis zum Jahr 2015 der weltgrößte Laborzulieferer, teilte sich dann aber auf und verkaufte Unternehmenstöchter. Bei Danaher stiegen die Umsätze im Jahr 2020 um 25 Prozent auf umgerechnet 18,5 Milliarden Euro. 18 Prozentpunkte sind Akquisitionen zuzurechnen, vor allem der Biopharmasparte von GE, Cytiva.</p><p>Sartorius hat den slowenischen Aufreinigungsspezialisten BIA Separations mit 120 Mitarbeitern sowie den US-amerikanischen Filtrationsexperten Watersep Bio Separations mit 15 Mitarbeitern gekauft.</p><p>Insgesamt beschäftigte Sartorius Ende 2020 weltweit 10 637 Menschen, 1600 mehr als im Vorjahr. Das Unternehmen hat vor allem Produktionsmitarbeiter eingestellt und angekündigt, jährlich 1000 neue Arbeitsplätze zu schaffen.</p><h2>Eppendorf: Pipettierroboter gefragt</h2><p>Eppendorf, der Hamburger Hersteller von Geräten und Verbrauchsmaterial fürs Labor, meldete „mit Abstand das erfolgreichste Geschäftsjahr“. Umsatz und Ertrag aller Geschäftsbereiche, Produktgruppen und Marktregionen wuchsen. Insgesamt setzte das Unternehmen 967 Millionen Euro um, 20 Prozent mehr als im Vorjahr, das Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um 40 Prozent auf 217 Millionen Euro.</p><p>Der Absatz in Europa nahm mit fast 28 Prozent besonders stark zu, was das Unternehmen so nicht erwartet hatte. In Asien, Pazifik und Afrika wuchs der Umsatz um insgesamt 43 Prozent. Der Umsatzeinbruch in China zu Beginn der Coronapandemie Anfang des Jahrs 2020 war am Jahresende mehr als ausgeglichen.</p><p>Die Kunden kaufen von Eppendorf vor allem mehr Verbrauchsmaterialien (plus 33 Prozent), Pipetten und Ultratiefkühlgeräte (plus 50 Prozent) – Produkte für virologische Tests und die Lagerung von Impfstoffen. Das Geschäft mit Pipettierrobotern verdoppelte sich nahezu. Die Nachfrage nach Laborverbrauchsmaterialien überstieg die Produktionskapazitäten.</p><p>Da Eppendorf mit weiterem Wachstum rechnet, hat das Unternehmen die Produktionskapazitäten erweitert, etwa in Oldenburg in Holstein um 30 Prozent. In Jülich hat Eppendorf die Produktionsflächen für Bioreaktoren erweitert, in Leipzig die Produktion von Zentrifugen ausgebaut. Zudem hat das Unternehmen im vergangenen Jahr den japanischen Zentrifugenhersteller Himac Technologies erworben.</p><p>Seit Oktober 2020 hat Eppendorf eine neue Struktur mit vier Geschäftseinheiten: Liquid Handling mit manuellen Pipetten, Consumables mit Verbrauchsmaterialien wie Pipettenspitzen und Probenröhrchen, Separation &amp; Instrumentation mit Zentrifugen und Ultratiefkühlgeraten sowie Lab Solutions mit digitalen Produkten für die Arbeitsabläufe im Labor.</p><p>Wie Sartorius hat auch Eppendorf im vergangenen Jahr Mitarbeiter eingestellt: Ende 2020 zählte der Konzern 4028 Vollzeitäquivalente, 354 mehr als im Vorjahr, etwa die Hälfte davon sind Mitarbeiter des übernommenen japanischen Zentrifugenherstellers. Allerdings hatte Eppendorf bereits vor der Pandemie damit begonnen, die Zahl der Mitarbeiter zu erhöhen. Um die Produktion zu steigern, griff Eppendorf auf Leiharbeitskräfte zurück. Etwa 60 Prozent der Eppendorf-Beschäftigten arbeiten an Standorten in Europa.</p><h2>Staatliche Forschungsausgaben beeinflussen den Markt</h2><p>Das Marktvolumen für Analysengeräte und Laborbedarf schätzen Marktbeobachter auf 56 Milliarden Euro weltweit. Dieser Markt wächst im Durchschnitt jedes Jahr um 3 bis 4,5 Prozent, maßgeblich beeinflusst von den staatlichen Forschungsbudgets. So hat der US-Kongress in den letzten Jahren den Haushalt der National Institutes of Health (NIH) erhöht, der Forschungsförderorganisation mit dem größten Budget weltweit – im letzten Jahr um 4,1 Prozent auf umgerechnet 36 Milliarden Euro. Ebenso stiegen die Forschungsausgaben in der Europäischen Union und besonders in China.</p><p>So meldet Shimadzu um 4 Prozent gestiegene Umsätze in Europa. Die Nachfrage aus Deutschland habe aufgrund der politischen Rahmenbedingungen maßgeblich zum Umsatzwachstum beigetragen – ohne den Beitrag zu beziffern. Der größte Markt für Shimadzu außerhalb Japans ist China, wo die Analytiksparte (Analytical &amp; Measuring Istruments) im letzten Jahr 23 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaftete, 10 Prozent in Europa. Weltweit lag der Umsatz bei 248,6 Milliarden Yen (umgerechnet 1,87 Milliarden Euro), 5 Prozent mehr als im Jahr 2019. Dabei tragen Verbrauchsmaterialien bei Shimadzu kaum zum Geschäft bei – anders als bei Eppendorf und Sartorius sowie bei der Nummer eins auf dem Weltmarkt, Thermo Fisher Scientific.</p><h2>Die Nummer eins wächst weiter</h2><p>Der US-amerikanische Konzern Thermo Fisher Scientific erzielt 65 Prozent seines Umsatzes mit Laborgeräten, Dienstleistungen und Zubehör für Analytik und Diagsnotik. Das waren im Jahr 2020 insgesamt 20,9 Millliarden US-Dollar, umgerechnet etwa 17,3 Milliarden Euro, ein Plus von 9 Prozent.</p><p>Im vergangenen Jahr hatte der Anteil des Labor- und Diagnostik-Geschäfts noch bei 75 Prozent gelegen, ähnlich wie bei Sartorius war der Bereich Life Science Solutions während der Coronapandemie überproportional gewachsen. Insgesamt setzte Thermo 32,2 Milliarden US-Dollar um, 26 Prozent mehr als im Jahr 2019, und das anders als in den Vorjahren ohne Zukäufe.</p><p>Thermo hatte zwar angekündigt, Qiagen zu übernehmen. Das Vorhaben scheiterte im vergangenen August an den Aktionären, denen Thermos Angebot von 11,3 Milliarden Euro zu niedrig war. Qiagen ist ein Spezialist für Probenvorbereitung und Techniken für molekularbiologische Analysen, darunter DNA-Analytik. Der Wert der Aktien des Unternehmens mit Sitz in Hilden bei Düsseldorf war mit Beginn der Pandemie um mehr als ein Drittel gestiegen.</p><p>Anfang des laufenden Jahres hat Thermo zwei weitere Biotechunternehmen übernommen, sodass der Anteil des Life-Science-Geschäfts weiter zunehmen wird.</p><h2>Aussicht auf mehr</h2><p>Für das laufende Jahr rechnen selbst diejenigen Unternehmen aus der Laborzulieferbranche mit besseren Geschäften, die letztes Jahr mit weniger Umsatz auskommen mussten. So beobachtete der Spektrometerhersteller Bruker, der im Jahr 2020 mit 1,99 Milliarden US-Dollar 4 Prozent weniger Umsatz erwirtschaftete, dass bereits im zweiten Halbjahr 2020 die Kunden wieder mehr in Geräte investierten.</p><p>Nach einer Umfrage des Deutschen Industrieverbands Spectaris rechnen die Gerätehersteller in Deutschland für das laufende Jahr mit einem Umsatzplus von etwa 8 Prozent auf 10,4 Mrd. Euro. Sie kündigen zudem Einstellungen an und rechnen mit 2 Prozent mehr Mitarbeitern, also mit insgesamt 49 500 Beschäftigten. Sartorius hat seine Prognosen inzwischen nach oben korrigiert.</p><p>Frauke Zbikowski ist Redakteurin der Nachrichten aus der Chemie.</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/vOXfjlSGT7KzIBYsUrJI"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Aus einer Umfrage unter Kunden der Eppendorf-Tocher Starlab: „Sind Sie mit ausreichend Liquid Handling-Materialien ausgestattet oder haben Sie Lieferverzögerungen/Lieferengpässe erfahren?“ (226 Antworten)</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/23rhvWWiREudMMelefFH"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Umsätze einiger Hersteller mit Geräten und Laborbedarf (oben) sowie die Umsatzentwicklung (unten) im letzten Jahr.</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/9B2fMZRESuqoZ4n9RYKr"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Produktion von Durchflussmessgeräten in Asien. Foto: Endress +Hauser</figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/SUgNK8TqTnGIeommcS2k"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Neues Fluroeszenzmikroskop von Carl Zeiss. Produktneuheiten waren im Jahr 2020 weniger entscheidend für den Erfolg. Foto: Zeiss</figcaption></figure>


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