Der Wirtschaftschemiker
Nachhaltigkeitsberichte als Chance
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
„Wir regulieren uns zu Tode! Brüssel behindert gutes Unternehmertum. Und jetzt noch die Berichtspflichten!“ Diese Reaktionen höre ich vielfach, wenn über die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Deutschland diskutiert wird. Ein Stein des Anstoßes sind die Pflichten für Unternehmen, nichtfinanzielle Aspekte zu veröffentlichen.
Unternehmen müssen nun systematisch offenlegen, welche Themen sie als wesentlich für ihre weitere Geschäftsentwicklung sehen. Dabei ist zwischen interner und externer Sicht zu unterscheiden: Welche Entwicklungen sind für mein Unternehmen wesentlich? Welche Auswirkungen hat es auf die ökologische und soziale Umwelt? Es ist zudem darzustellen, wie diese Themen intern und extern ermittelt wurden, etwa über Befragungen von Mitarbeitenden oder über Workshops mit Bürgern. Zu den aus einer der Perspektiven als relevant eingestuften Themen müssen Unternehmen Maßnahmen mitteilen. Externe Auditoren müssen diese Berichte prüfen und freigeben.
Unternehmen müssen damit außer den finanziellen Aspekten auch Umwelt- und gesellschaftliche Entwicklungen systematisch in ihr Kalkül integrieren und ihre Perspektive auf diese Themen darlegen. Umweltschutzbezogene Aspekte sind ebenso zu adressieren, etwa der CO2-Ausstoß, wie soziale Aspekte, zum Beispiel Diversität im Unternehmen.
Das ist eine komplexe Aufgabe. Unternehmen müssen neben den bisherigen zum Teil rückwärtsgewandten Finanzkennzahlen zukunftsgerichtete Umwelt- und Sozialziele benennen.
Begreifen die Unternehmen diese Aufgabe nur als eine zusätzliche Reportingpflicht und bearbeiten sie diese nur unter Effizienzgesichtspunkten, dann vertun sie die Chance, welche die erweiterte Berichtspflicht bietet.
Ein geweiteter Blick auf das eigene Wirtschaften mit ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten in einer integrierten Betrachtung bietet die Gelegenheit, das eigene Geschäftsmodell zu prüfen und konsistent mit den gesellschaftlichen Nachhaltigkeitszielen weiterzuentwickeln.
Richtig gemacht gehen damit Impulse einher für nachhaltige Innovationen, neue Geschäftsmodelle und bessere Chancen bei der Suche nach Fachkräften. Eine tolle Chance für ein erfolgreiches Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen – trotz der regulatorischen Zusatzbelastung.
Hannes Utikal ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Provadis-Hochschule in Frankfurt am Main und leitet das dortige Zentrum für Industrie und Nachhaltigkeit. Er ist Vorstandsmitglied der GDCh-Vereinigung Chemie und Wirtschaft und führt uns mit dieser Kolumne im Wechsel mit Rolf Albach durch die Welt der Wirtschaftschemie.
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