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In der homogenen Katalyse haben sich Rutheniumkomplexe zur Olefinmetathese etabliert. Aber Ruthenium ist selten und daher teuer. Ist Eisen eine Alternative? Dieser Beitrag beleuchtet die bisherigen Ergebnisse auf dem Weg zu einer homogenen eisenkatalysierten Olefinmetathese.Bei der Olefinmetathese tauschen formal die Alkylidengruppen R2C zwischen Alkenen oder zwischen Alkenen und anderen ungesättigten organischen Verbindungen; daran ist ein Katalysator beteiligt (<link href="#nadc20234133608-fig-0001">Abbildung 1a). Diese Reaktionen sind wichtig für Industrie und Labor. Es werden sowohl heterogene als auch homogene Katalysatoren genutzt.<figure xml:id="nadc20234133608-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/FopKWmRbTv6NFAJhX6QK"><figcaption><label>Abb.1: </label>a) Allgemeine Metathesereaktion, b) Grubbs-Katalysator der zweiten Generation mit vereinfachtem Katalysemechanismus.</figcaption></figure></figure>Ein Beispiel für die Anwendung eines heterogenen Katalysators basierend auf Molybdänoxid ist ein Teilprozess des Shell Higher Olefin Process (Shop), bei dem langkettige α-Olefine (Olefine mit einer terminalen H2C-Einheit) aus Ethen gewonnen werden. Unter den Katalysatoren für die homogene Katalyse haben sich Rutheniumkomplexe etabliert, die viele funktionelle Gruppen tolerieren und damit ermöglichen, Verbindungen herzustellen, die biologischen und pharmazeutischen Anwendungen dienen. Ein prominenter Vertreter dieser Katalysatoren ist der Grubbs-Katalysator der zweiten Generation ((I), Abbildung 1b). Dieser Rutheniumkomplex reagiert nach dem Chauvin-Mechanismus: Die Metathese verläuft durch Cycloaddition an (I) (unter Bildung von (II)) und anschließende Cycloreversion.Da Ruthenium ein seltenes und teures Metall ist, wäre es vorteilhaft, es durch sein leichteres Homolog Eisen zu ersetzen.<h2 type="main">Ein Spezialfall: Carbonyl-Alkin- und Carbonyl-Olefinmetathese</h2>In der Carbonyl-Alkinmetathese und der Carbonyl-Olefinmetathese ist einer der Reaktanden eine Carbonylverbindung (<link href="#nadc20234133608-fig-0002">Abbildung 2). Das erste Beispiel für eine solche eisenkatalysierte Reaktion kam im Jahr 2011 von der Gruppe um Jana (Abbildung 2a).1) Die intramolekulare Carbonyl-Alkinmetathese ausgehend von (1) liefert als Produkt Benzopyranderivate (3). Solche Strukturmotive sind wichtig in der Pharmazie und kommen unter anderem in HIV-Medikamenten vor.<figure xml:id="nadc20234133608-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/X6eiUxv7THmvv528DJuM"><figcaption><label>Abb.2: </label>Beispiele für eisenkatalysierte Carbonyl-Alkin- und Carbonyl-Olefinmetathesen: a) Benzopyranderivate; b) Ringschlussmetathese unter Eliminierung von Aceton.</figcaption></figure></figure>Aufgrund der reaktiven C-O-Doppelbindung der Carbonylgruppe genügt bereits das Salz Eisen(III)chlorid, um die Reaktion zu katalysieren. Der Mechanismus umfasst die Aktivierung der C-O-Doppelbindung durch FeCl3 und die anschließende Cycloaddition zum Intermediat (2). Darauf folgt die Cycloreversion, wobei das Produkt (3) entsteht und gleichzeitig der Katalysator frei wird.Ein Beispiel für eine mit Eisen(III)chlorid katalysierte Carbonyl-Olefinmetathese hat im Jahr 2017 die Gruppe um Schindler publiziert.2) Hierbei entsteht in einer Ringschlussmetathese aus dem Keton (4) unter Eliminierung von Aceton der Cyclopentenester (6) (Abbildung 2b). Detaillierten mechanistischen Studien zufolge ähnelt der Mechanismus dem des vorherigen Beispiels und umfasst eine Cycloadditions-Cycloreversionssequenz über das Intermediat (5).Auf den ersten Blick ähnelt dieser Reaktionsmechanismus dem in Abbildung 1b gezeigten Chauvin-Mechanismus. Allerdings wird hier in der Cycloaddition kein Metallacyclus gebildet, sondern das Eisen(III)chlorid fungiert als Lewissäure, die die C-O-Doppelbindung polarisiert und somit deren Reaktivität erhöht.<h2 type="main">Theoretische Studien</h2>Echte eisenkatalysierte Olefinmetathesen nach dem Chauvin-Mechanismus erfordern Eisen-Alkylidenkomplexe. Allerdings haben diese im Vergleich zu Ruthenium-Alkylidenkomplexen einen entscheidenden Nachteil: Wegen der deutlich schwächeren Metall-Alkylidenbindung in Eisenkomplexen übertragen diese häufig ein Alkylidenfragment. Bei der Reaktion mit einem Olefin führt dies zu Cyclopropanierungen und der Entstehung eines Eisenkomplexes mit einer vakanten Koordinationsstelle (<link href="#nadc20234133608-fig-0003">Abbildung 3).<figure xml:id="nadc20234133608-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/cbaXRVSORaaLRBFOrkcN"><figcaption><label>Abb.3: </label>a) Konkurrierende Pfade bei der Reaktion zwischen einem allgemeinen Eisen-Alkylidenkomplex und einem Olefin, b) Beispiele für quantenchemisch untersuchte Komplexe für die Olefinmetathese.</figcaption></figure></figure>Damit ein Eisen-Alkylidenkomplex sich als Katalysator für die Olefinmetathese eignet, muss die Geschwindigkeitskonstante k2 für die Cycloreversion größer sein als die Geschwindigkeitskonstante k1 für die Eliminierung des Cyclopropans. Dieses Problem haben einige quantenchemische Studien untersucht. Wie die Gruppe um Solas-Montfort in einer Studie aus dem Jahr 2016 zeigt, verspricht es keinen Erfolg, Ruthenium in einem Grubbs-ähnlichen Katalysator (7-M) durch Eisen zu ersetzen, da für M = Fe die Cyclopropanierung kinetisch deutlich bevorzugt ist.3)In der selben Arbeit berichten die Forschenden allerdings von einem vielversprechenderen Kandidaten, nämlich dem kationischen Pincerkomplex (8). Hier wird das FeII-Zentrum von einem dreizähnigen, starken σ-Donorliganden koordiniert. Für diesen Komplex wurde eine höhere Geschwindigkeitskonstante für die Cycloreversion berechnet als für die Cyclopropanierung.Einen ähnlichen Komplex entwarf die Gruppe um Truhlar ((9), Abbildung 2b).4) Im Gegensatz zu Komplex (8) ist (9) neutral und hat ein Fe0-Zentrum. Auch hier ist die Cycloreversion – und damit die Olefinmetathese – gegenüber der Cyclopropanierung bevorzugt.Für effiziente Eisenkatalysatoren sind also andere Liganden und Komplexstrukturen zu verwenden als für die bekannten und etablierten Rutheniumsysteme.<h2 type="main">Erste Erfolge</h2>Im Jahr 2021 gab es den ersten Durchbruch auf dem Weg zu einer eisenkatalysierten Olefinmetathese: eine Enin-Metathese, also die Reaktion zwischen einem Alken und einem Alkin. Die Gruppe um Iluc synthetisierte den Eisen-Alkylidenkomplex (10), der in einem unvollständigen Chauvin-Mechanismus reagiert:5) Mischt man den Komplex mit Diphenylacetylen, erfolgt unter Abspaltung eines Trimethylphosphinliganden eine [2+2]-Cycloaddition (Komplex (11), <link href="#nadc20234133608-fig-0004">Abbildung 4, S. 76). Anschließend entsteht unter Cycloreversion der Komplex (12). Allerdings handelt es sich hier um eine stöchiometrische Reaktion, da (12) anschließend keine katalytische Reaktion mit einem Überschuss an Diphenylacetylen eingeht. Dennoch ist die beobachtete Reaktivität ein Fortschritt und eignet sich als Ausgangspunkt für weitere experimentelle und theoretische Arbeiten.<figure xml:id="nadc20234133608-fig-0004"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/UEPKJprIRmRYlH0OtSdY"><figcaption><label>Abb.4: </label>Cycloaddition und nachfolgende Cycloreversion ausgehend von Eisen-Alkylidenkomplex (10).</figcaption></figure></figure>Bemerkenswert ist: Die Struktur von Komplex (10) ähnelt der der theoretisch modellierten Katalysatoren (8) und (9). Komplex (10) ist wie (8) und (9) ein Pincerkomplex, der das Eisenzentrum in einer T-förmigen Konformation chelatisiert und starke σ-Donorfunktionen aufweist.Ebenfalls im Jahr 2021 veröffentlichte die Gruppe um Bukhryakov eine Arbeit zur eisenkatalyiserten Ringöffnungspolymerisations-Metathese (Romp) von Norbornen (<link href="#nadc20234133608-fig-0005">Abbildung 5).6) Bei diesem speziellen Fall einer Olefinmetathese entsteht aus einem polycyclischen Olefin, hier Norbornen, ein polymeres Olefin. Die im vorliegenden Fall gebildeten Polynorbornene sind Kunststoffe, die hohe optische Klarheit und hohe Glasübergangstemperaturen aufweisen.<figure xml:id="nadc20234133608-fig-0005"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/rmArwFAQ9u381Qqznmq1"><figcaption><label>Abb.5: </label>Ringöffnungspolymerisations-Metathese von Norbornen, katalysiert von Komplex (13).</figcaption></figure></figure>Der von der Gruppe eingesetzte Eisen(II)alkoxidkatalysator hat eine hohe Aktivität und Selektivität, insbesondere unter Zusatz von Hexafluoro-2-phenylpropanol. Der Mechanismus dieser eisenkatalysierten Polymerisationsreaktion ist bisher unbekannt. Der recht simple Eisen(II)alkoxidkatalysator könnte auf eine Lewis-säurekatalysierte Reaktion hindeuten. Allerdings schloss die Gruppe dies durch Kontrollexperimente aus, da Zufügen von Carbonylverbindungen die Aktivität des Katalysators nicht steigerte.<h2 type="main">In aller Kürze</h2>Eisen ist attraktiv für die Entwicklung von Katalysatoren für Olefinmetathesen, da es verglichen mit Ruthenium häufiger vorkommt, günstiger und weniger toxisch ist. In Einzelfällen ließen sich Metathesen mit Eisenverbindungen katalysieren oder Schlüsselschritte des Katalysekreislaufs beobachten. Theoretische Studien haben zu einem gewissen Verständnis beigetragen, welche Eigenschaften ein effizienter Eisenkatalysator haben muss. Die bereits erzielten Ergebnisse sind vielversprechende Ausgangspunkte für weitere Forschungsarbeiten, die effiziente Olefinmetathese mit Eisenverbindungen ermöglichen werden.<h2 type="main">Der Autor</h2>Peter Coburger, Jahrgang 1992, ist seit 1. Januar Liebig-Stipendiat und Gruppenleiter an der TU München. Seine Forschungsinteressen sind Redoxchemie von Hauptgruppen- und Übergangsmetallkomplexen cyclischer Biradikale. Er promovierte bei Evamarie Hey-Hawkins an der Universität Leipzig und schloss Postdoc-Aufenthalte bei Robert Wolf (Regensburg, 2019 – 2020) und Hansjörg Grützmacher (Zürich, 2020–2022) an.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/45ZrqE3PQGehLN30PzAk"><ul class="references" xml:id="nadc20234133608-bibl-0001" style="numbered" cited="no"><li xml:id="nadc20234133608-bib-0001">1 K. Bera, S. Sarkar, S. Biswas, S. Maiti, U. Jana, J. Org. Chem. 2011, 76, 3539–3544</li><li xml:id="nadc20234133608-bib-0002">2 J. R. Ludwig, S. Phan, C. C. McAtee, P. M. Zimmerman, J. J. I. Devery, C. S. Schindler, J. Am. Chem. Soc. 2017, 139, 10832–10842</li><li xml:id="nadc20234133608-bib-0003">3 É. de Brito Sá, L. Rodríguez-Santiago, M. Sodupe, X. Solans-Monfort, Organometallics 2016, 35, 3914–3923</li><li xml:id="nadc20234133608-bib-0004">4 B. Yang, D. G. Truhlar, Organometallics 2018, 37, 3917–3927</li><li xml:id="nadc20234133608-bib-0005">5 M. R. Hoffbauer, V. M. Iluc, J. Am. Chem. Soc. 2021, 143, 5592–5597</li><li xml:id="nadc20234133608-bib-0006">6 D. S. Belov, L. Mathivathanan, M. J. Beazley, W. B. Martin, K. V. Bukhryakov, Angew. Chem. Int. Ed. 2021, 60, 2934–2938</li></ul>

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Olefinmetathese mit Eisen – utopisch oder machbar?

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Interskriptum

Bevor der Titel Sie auf die falsche Fährte schickt: Es gilt Imperativ statt Empire, und deshalb geht es heute ums – Sparen. Und nicht um den Buchschreiber und Reserve-Prinz Harry, den Herzog (weil er so über seine Verwandtschaft herzog?) von Sussex.Ja, sparen ist angesagt, denn auch Du, liebe Chemikerin, lieber Chemiker an der Bench, musst einen Beitrag leisten, damit die Universität ob der hohen Energiekosten nicht in die Bredouille kommt. Dazu rechneten wir im Beitrag „Stromrechnungs-Beschleuniger“ [Nachr. Chem. 2023, 71(1), 28] vor, dass eine Heizplatte an der Uni im Jahr fast so viel Strom verbraucht wie ein Einpersonenhaushalt. Das könne nicht stimmen, schrieb uns ein Professor einer zwar nicht im Schwäbischen gelegenen, aber dennoch besonders sparsamen Chemiefakultät. Bei ihnen hätten die Heizplatten eine Leistung von 650 Watt. Schnell mal nachgerechnet: 650 Watt × 5 Stunden (mit dieser Durchschnittszahl operierte der Artikel) × 365 Tage. Ergibt einen Jahresverbrauch von 1200 kWh; der Einpersonenhaushalt liegt bei 1300 kWh – wo ist das Problem? „Chef“, sagt die Kollegin, „du musst genau lesen. Im Artikel steht Arbeitstage.“ Tatsächlich, wir hatten ja mit 5 Arbeitsstunden an 220 Tagen gerechnet, denn die Zeiten, da Doktorandinnen und Doktoranden 24/7 durchknechten mussten (und mit ihnen ihre Heizplatten), sind doch vorbei, nicht wahr? Allerdings hatte die Nachfrage des Autors bei einem ihm nahestehenden Chemie-Arbeitskreis ergeben, dass dort die Heizplatten 1000 W Leistung aufnehmen. Also: 1000 × 5 × 220 (Einheiten sind mitgemeint) und wir landen mit 1100 kWh wiederum fast beim besagten Einpersonenhaushalt.Die Episode ist lehrreich, denn sie zeigt, wie behutsam man mit griffigen journalistischen Vergleichen sein muss – gerade, wenn die zu politischer Instrumentalisierung anregen. Eine Aussage wie „eine Heizplatte im Chemielabor verbraucht fast so viel wie ein Einpersonenhaushalt“ hilft, Größenordnungen einzuschätzen. Mehr aber auch nicht. Ob und wo es Einsparpotenzial gibt, muss immer konkret vor Ort beurteilt werden.Woran Sie, liebe Leserinnen, liebe Leser, nicht sparen sollten, sind Ihre persönlichen Zeichen und Wunder. So heißt nämlich unsere aktuelle Leseraktion. Ob beim Blick ins Mikroskop, in den Kolben oder auf die Laborbank: Kristalle, Lösungsmittelränder oder Schlonz erinnern häufig an etwas, was wir kennen. Was ist Ihnen begegnet? Schicken Sie uns Ihre schönsten Fotos mit Entstehungsgeschichte an <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>.Im Interskriptum schreibt Nachrichten-Chefredakteur Christian Remenyi über Chemisches und Komisches – und was sich sonst noch so im Zettelkasten der Redaktion findet. <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>

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