Industrie + Technik

Eine Schluckimpfung gegen Covid-19 wäre eine Alternative zur Spritze. Sie könnte die Impfbereitschaft in Industrieländern steigern und in Entwicklungsländern eine Durchimpfung überhaupt erst ermöglichen.Den Einstich einer <link href="#nadc20224123451-fig-0001">Spritze mögen viele nicht. Bei oralen Alternativen kann die mangelnde Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs problematisch sein.<figure xml:id="nadc20224123451-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/hYADqqqSXGtXFaOeEzDp"><figcaption><label>Abb.1: </label>Bildnachweis: sea and sun / Adobe Stock</figcaption></figure></figure>Ein Beispiel für die Entwicklungsbemühungen der Industrie betrifft Diabetespatienten, denn für sie ist das Insulinspritzen lästig bis unangenehm. Hoffnungen weckt jetzt eine Kapsel, die mit einem speziellen Überzug und Proteasehemmern Proteine vor dem Abbau im Gastrointestinaltrakt schützt; zusätzlich soll sie die Wirkstoffaufnahme durch einen Absorptionsverstärker verbessern: Protein Oral Delivery, POD-Technik; Oramed Pharmaceuticals, Jerusalem. Die Kapsel befindet sich zurzeit in einer Phase-III-Studie; Ergebnisse sollen im Januar vorliegen.1)Auch bei Impfungen gegen Sars-CoV-2 hätte eine orale Darreichungsform Vorteile: Patienten mit Spritzenangst ließen sich damit leichter zum Impfen motivieren. Zudem dürften Tabletten oder Kapseln einfacher zu transportieren und zu lagern sein als Fläschchen. So gibt es für Tabletten in der Regel weniger strenge Anforderungen an die Umgebungstemperatur; einige Impfflüssigkeiten zur Injektion erfordern Lagern im Ultratiefkühlschrank bei –70 °C, etwa der Impfstoff Comirnaty von Biontech und Pfizer. Wegen der geringeren Ansprüche oral verabreichbarer Vakzine könnte Durchimpfen in heißen oder entlegenen Regionen der Erde überhaupt erst damit gelingen.<h2 type="main">Tabletten gegen die Krankheit</h2>Es gibt Tabletten, die bei Infektion mit Covid-19 verabreicht werden: <link href="#nadc20224123451-fig-0002">Paxlovid von Pfizer (Wirkstoffe: Nirmatrelvir, Ritonavir) ist für positiv getestete Coronapatienten ab zwölf Jahren mit milden bis mittleren Symptomen und einem hohen Risiko für schwere Verläufe indiziert. Damit lassen sich Krankenhauseinweisungen und Todesfälle vermeiden. Auch US-Präsident Joe Biden erhielt sie. Ähnlich ist Lagevrio von MDS indiziert (Merck Sharp &amp; Dohme; Wirkstoff: <link href="#nadc20224123451-fig-0003">Molnupiravir).2)<figure xml:id="nadc20224123451-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/UgZa2u14RQyecFgUZeAX"><figcaption><label>Abb.2: </label>Ein Labor bei Pfizer in Freiburg. Das Unternehmen produziert dort Paxlovid-Tabletten für den Weltmarkt. Foto: Pfizer</figcaption></figure></figure><figure xml:id="nadc20224123451-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/fDEihJuuSP6hZ7TXpGKT"><figcaption><label>Abb.3: </label>Indiziert bei milden bis mittleren Covid- 19-Symptomen und einem hohen Risiko für schwere Verläufe: Medikament Molnupiravir in Kapseln. Foto: Merck &amp; Co.</figcaption></figure></figure>Der neue Wirkstoff Nirmatrelvir ist ein gegen Sars-CoV-2 gerichteter Proteasehemmer.3) Er vermindert die Fähigkeit des Coronavirus, sich zu vermehren. Denn dafür braucht es das Enzym Protease. Molnupiravir manipuliert den Gencode des Virus, was zu einer fehlerhaften Replikation der Virus-RNA führt – ein anderer Mechanismus, der die Vermehrungsfähigkeit senkt.Oral dargereicht wird darüber hinaus Baricitinib, ein für rheumatoide Arthritis entwickelter Wirkstoff. Er regelt über die Hemmung der Januskinase das Immunsystem herunter. Die WHO empfiehlt ihn kombiniert mit Glucocorticoiden für schwer erkrankte Covidpatienten, bei denen Komplikationen in Form eines Zytokinsturms, also eine überschießende Immunsystemreaktion, zu erwarten sind.4)Allen genannten oralen Medikamenten gemeinsam ist: Sie werden erst nach Auftreten von Symptomen eingesetzt – nicht zur vorbeugenden Impfung. Wenn Paxlovid innerhalb der ersten drei Tage nach dem Covid-Ausbruch gegeben wird, kann es die Rate der Krankenhauseinweisungen und Todesfälle um 90 Prozent senken. Bei Molnupiravir liegt die Wirksamkeit bei 30 Prozent.5)<h2 type="main">Mit Tabletten vorbeugen</h2>Es gibt sie schon – die Ansätze für vorbeugende Impfungen zur oralen Verabreichung gegen Corona: In Argentinien versucht ein Team um Juliana Cassataro an der University of San Martín, seine guten Erfahrungen mit oralen Impfungen an Mäusen und Geflügel für eine orale Anticovidimpfung zu nutzen.6)Die Strategie beruht auf der folgenden Plattformtechnik: Ein bakterieller Proteaseinhibitor (U-Omp19 aus Brucella abortus) wird zusammen mit Antigenen oral verabreicht; er verstärkt die mukosale Immunantwort, also die über die Schleimhäute, und die systemische. Die immunstimulierenden Eigenschaften beruhen auf der Fähigkeit von U-Omp19, gastrointestinale und lysosomale Proteasen zu hemmen, also solche im Magendarmtrakt und in Zellorganellen; dies erhöht die Halbwertszeit und Immunogenität von gemeinsam mit dem Proteaseinhibitor verabreichten Antigenen – insbesondere mit Sars-CoV-2-Antigenen.7)Die Strategie einer Arbeitsgruppe in Kanada besteht darin, bestimmte Bakterien (Bifidobacterium longum), die jeder Mensch im Darm hat, zu modifizieren, sodass sie Plasmide mit synthetischer DNA produzieren. Auf dem Plasmid-DNA-Molekül ist ein Gen codiert, das für das Spikeprotein des Sars-CoV-2 codiert. Basierend auf dieser Technik soll eine oral zu verabreichende Impfung entstehen (bacTRL-Spike, Symvivo, Burnaby). Dafür werden die Bakterien gefriergetrocknet und mit unterstützenden Substanzen in Kapseln eingebracht (Stadium: Phase-I-Studie).8)Ein orales Covid-19-Vakzin aus den USA basiert auf einer Plattformtechnik, die sich bereits für den Schutz vor Grippe bewährt hat: ein Vektorvirenimpfstoff in einer raumtemperaturstabilen Tablette. Er zielt sowohl auf das wenig mutationsanfällige Spikeprotein als auch auf das Nukleoprotein auf der Virusoberfläche. Die Tablette ist magensaftresistent, sodass die Inhaltsstoffe unbeschadet in den Dünndarm gelangen und erst dort frei werden (Vaxart, South San Francisco). Sie entfaltet sowohl eine systemische Immunantwort als auch eine der Schleimhäute gegen Sars-CoV-2. Untersucht wird zurzeit die Gabe von zwei Tabletten am ersten und am 29sten Tag (klinische Phase II).9)<h2 type="main">Grundlage Typhusimpfstoff</h2>Ein neues Konzept setzt bei einem Typhusimpfstoff auf der Basis des Bakterienstamms Salmonella Typhi Ty21a an. Dieser abgeschwächte Lebendimpfstoff ist flüssig oder als magensaftresistente Kapsel erhältlich und wird oral verabreicht.10) Für die Covid-19-Impfung haben Forscher der Universität Würzburg die Darreichung als Kapsel ins Auge gefasst.Die Strategie: Nach Umprogrammierung produzieren die Bakterien Sars-CoV-2-Antigene. Ähnlich wie bei der Tablette aus San Francisco richtet sich die Immunantwort auf Spike- und Nukleoprotein. Entsprechend enthalten die Bakterien zwei Gene von Sars-CoV-2.11) Die Wirksubstanzen werden wie bei der Diabeteskapsel erst im Dünndarm vom Körper aufgenommen. Sie gelangen dann in lymphoides Gewebe, wo sie das Immunsystem aktivieren. Dabei erhofft man sich eine systemische und eine mukosale Antwort. Das Virus hätte also schon beim Versuch, über die Schleimhäute in den Körper einzudringen, mit Gegenwehr zu rechnen. Der Wirkstoff befindet sich in Würzburg in der präklinischen Entwicklung.Der promovierte Chemiker Christian Ehrensberger ist freier Mitarbeiter der Nachrichten aus der Chemie.<ul class="references" xml:id="nadc20224123451-bibl-0001" cited="no" style="numbered"><li xml:id="nadc20224123451-bib-0001">1 Study to Evaluate the Efficacy and Safety of ORMD-0801 in subjects With Type 2 Diabetes Mellitus. <a href="https://ClinicalTrials.gov" target="_blank">ClinicalTrials.gov</a> (Stand 8. Dezember 2021) sowie Oramed Completes Patient Enrollment in Pivotal Phase 3 Oral Insulin Study ORA-D-013–1. Pressemitteilung von Oramed Pharmaceuticals, 3. Mai 2022), wie zitiert in Dtsch. Apoth. Ztg. 2022, 162(19), 40</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0002">2 cm/ck, Dtsch. Apoth. Ztg. 2021, 161(45), 40</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0003">3 <a href="https://pfizer.de/presse/meldungen/chmp-empfiehlt-die-zulassung-des-neuen-virostatikums-von-pfizer-zur-behandlung-von" target="_blank">pfizer.de/presse/meldungen/chmp-empfiehlt-die-zulassung-des-neuen-virostatikums-von-pfizer-zur-behandlung-von</a> (Stand 1.2.2022)</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0004">4 Dtsch. Apoth. Ztg. 2022, 162(3), 28</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0005">5 <a href="https://deutschlandfunk.de/coronavirus-medikamente-paxlovid-molnupiravir-lagevrio-100.html#Wirksamkeit" target="_blank">deutschlandfunk.de/coronavirus-medikamente-paxlovid-molnupiravir-lagevrio-100.html#Wirksamkeit</a> (Stand 4.9.2022)</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0006">6 <a href="https://batimes.com.ar/news/argentina/argentina-joins-the-world-race-to-develop-a-coronavirus-vaccine.phtml" target="_blank">batimes.com.ar/news/argentina/argentina-joins-the-world-race-to-develop-a-coronavirus-vaccine.phtml</a> (Stand 3.9.2022)</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0007">7 <a href="https://researchgate.net/publication/" target="_blank">researchgate.net/publication/</a> 313817716_U-Omp19_from_ Brucella_abortus_Is_a_Useful_ Adjuvant_for_Vaccine_Formulations_against_Salmonella_Infection_in_Mice (Stand 11.9.2022)</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0008">8 <a href="https://symvivo.com/media-2/burnaby-biotech-ditches-needles-for-pills-in-covid-19-fight" target="_blank">symvivo.com/media-2/burnaby-biotech-ditches-needles-for-pills-in-covid-19-fight</a> (Stand 3.9.2022)</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0009">9 <a href="https://precisionvaccinations.com/vaccines/" target="_blank">precisionvaccinations.com/vaccines/</a> vaxart-covid-19-oral-vaccine (Stand 4.9.2022)</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0010">10 <a href="https://tropeninstitut.de/impfungen-a-z/alle-impfungen/typhus" target="_blank">tropeninstitut.de/impfungen-a-z/alle-impfungen/typhus</a> (Stand 10.9.2022)</li><li xml:id="nadc20224123451-bib-0011">11 <a href="https://pharmazeutische-zeitung.de/corona-impfung-zum-schlucken-125416" target="_blank">pharmazeutische-zeitung.de/corona-impfung-zum-schlucken-125416</a> (Stand 10.9.2022)</li></ul>

Pharma

Oral gegen Corona

Eine Schluckimpfung gegen Covid-19 wäre eine Alternative zur Spritze. Sie könnte die Impfbereitschaft in Industrieländern steigern und in Entwicklungsländern eine Durchimpfung überhaupt erst ermöglichen.Den Einstich einer Spritze mögen viele nicht. Bei oralen Alternativen kann die mangelnde Biove...

Prof.Dr.

China könnte zu einer führenden Nation bei nichtfossilem Wasserstoff werden. Damit lassen sich Brennstoffe ersetzen und die Importabhängigkeit von Erdöl und Erdgas verringern. Das passt zu Chinas umweltpolitischen Zielen und ist eine Antwort auf geopolitische Spannungen und Handelskonflikte.Mit einer Jahresproduktion von etwa 33 Millionen Tonnen stellt China fast die Hälfte des weltweit erzeugten Wasserstoffs her. Etwa 60 Prozent davon stammen aus Kohle, 25 Prozent aus Erdgas, der Rest aus industriellen Prozessen wie der Chlorgaselektrolyse. Die Herstellkosten liegen unter einem chinesischen Yuan (CNY, etwa 0,12 Euro) pro Kubikmeter.Mit nichtfossiler Energie erzeugter (grüner) Wasserstoff ist derzeit wesentlich teurer, passt aber gut zu Chinas Strategie: Ab dem Jahr 2030 soll der CO2-Ausstoß sinken, ab 2060 will das Land klimaneutral sein. Zudem ist China beim Energiegewinnen aus nichtfossilen Quellen Weltspitze: Im Jahr 2021 erzeugte das Land 656 TWh elektrische Energie aus Windkraft, 327 TWh auf Solarfarmen und 1300 TWh in Wasserkraftwerken – das sind jeweils mehr als 30 Prozent des weltweiten Aufkommens. Bis zum Jahr 2030 will das Land diese Mengen verdoppeln.<h2 type="main">Zentrale Vorgaben</h2>Der aktuelle Fünfjahresplan für die Periode 2021 bis 2025 hebt Wasserstoff als Energiequelle hervor und fordert alle 30 Provinzen, autonomen Städte und Regionen außer Tibet auf, Ziele für eine Wasserstoffwirtschaft zu definieren. Seit Juli liegen diese vor. Die meisten Provinzen planen Wasserstofftankstellen und wollen die Entwicklung von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen fördern (fuel cell vehicles, FCV). Einige bereiten Elektrolyseprojekte zur Herstellung grünen Wasserstoffs vor.Beispiel Provinz Shandong, zwischen Peking und Schanghai: Im Hafen von Qingdao öffnet eine Wasserstofftankstelle als Kernelement eines künftigen Wasserstoffhafens. Ein Wasserstoffindustriepark in Linyi entwickelt wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen. Bis zum Jahr 2025 sollen es 10 000 sein, und es soll 2000 wasserstoffbetriebene Busse geben. Und Zibo am Tongqing-See plant 34 Mrd. CNY (zirka 5 Mrd. Euro) für einen Wasserstoffindustriepark, der -Brennstoffzellen mit Protonenaustauschmembran (PEM) fertigt.<h2 type="main">Wasserstoffplan bis 2035</h2>Dem „Plan zur Entwicklung der Wasserstoffindustrie bis zum Jahr 2035“ Chinas nationaler Energiebehörde Nea zufolge soll das Land im Jahr 2025 Produktion, Aufbereitung, Transport, Betankung, Brennstoffzellen und Systemintegration im Wesentlichen beherrschen. Kernkompetenzen sind demnach die Herstellung von PEM-Elektrolyseuren, deren Skalierung sowie effizientere Wasserstoffumwandlung aus erneuerbaren Energiequellen als heute.Die Wasserstoffproduktion aus nichtfossilen Quellen soll 100 000 bis 200 000 Jahrestonnen betragen, und die Zahl der Brennstoffzellenfahrzeuge soll auf etwa 50 000 steigen. Dazu gehören Lkw und andere Fahrzeuge mit 70-MPa-Hochdruckwasserstoffbetankung sowie weitere Wasserstofftankstellen. Mehr als 300 Industrieunternehmen und mehrere Demonstrationsprojekte für Brennstoffzellenfahrzeuge wie Taxen und Busse sollen dann an der H2-Wertschöpfungskette beteiligt sein. Der Schwerpunkt liegt voraussichtlich in drei Regionen: in Peking-Tianjin-Hebei im Norden, im Jangtse-Delta (Schanghai, Jiangsu und Zhejiang) sowie in Guangdong und der Greater Bay Area im Süden Chinas.Die im Jahr 2018 gegründete regierungsnahe China Hydrogen Alliance, ein Verbund aus 87 Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen, prognostiziert: China wird im Jahr 2030 mindestens 35 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen und damit mindestens 5 Prozent des chinesischen Energieverbrauchs. Dazu sind Elektrolyseure mit einer Gesamtkapazität von 100 GW erforderlich. Bis zum Jahr 2050 steigt demnach die Wasserstoffproduktion mit erneuerbaren Energiequellen auf 60 Millionen Tonnen und erreicht im Jahr 2060 etwa 130 Millionen Tonnen.<h2 type="main">Wasserstoffproduktion</h2>Das Erdgas- und Mineralölunternehmen Sinopec ist Chinas größter Produzent von Wasserstoff aus fossilen Quellen. Die jährliche Produktionskapazität beträgt 3,9 Millionen Tonnen und macht mehr als 10 Prozent der nationalen Produktion aus.Seit diesem Jahr neu ist das Unternehmen Sinopec Hydrogen Energy mit einem Stammkapital von 100 Millionen CNY. Es soll die gesamte Wertschöpfungskette für industriellen Wasserstoff bedienen. Eine Solarwasserstofffabrik baut Sinopec in Kuche im Uigurischen autonomen Gebiet Xinjiang (<link href="#nadc20224131499-fig-0001">Foto oben). Sie soll ab Mitte nächsten Jahres jährlich 20 000 Tonnen Wasserstoff produzieren. Über Pipelines und Speicher soll er den H2-Bedarf konzerneigener chemischer Betriebe decken, die derzeit noch mit fossilem H2 versorgt werden, darunter ein Rohölcracker für bis zu einer Million Tonnen Ethylen., Die Alkali-Elektrolyseure arbeiten mit Strom einer 300-MW-Photovoltaikanlage, die 618 GWh pro Jahr liefert und in der zweiten Ausbaustufe auf 700 MW erweitert werden soll.<figure xml:id="nadc20224131499-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/FTAG5I0TmeBwa196EGEY"><figcaption><label>Abb.1: </label>Wasserstoffbehälter im Bau auf dem Gelände des Unternehmens Sinopec Nova Xinjiang Green Hydrogen New Energy in Kuche, Xinjing, im August 2022. Foto: Chen Xingyu, Xinjiang Daily News vom 12. August 2022</figcaption></figure></figure>Bereits im Dezember 2021 ging bei der Ningxia Baofeng Energy Group, einem Hersteller von Chemikalien auf Kohlebasis, ein Elektrolyseur mit einer Leistung von 150 MW in Betrieb. Er wird von einer 200-MW-Solaranlage gespeist und erzeugt grünen Wasserstoff etwa für Ethylen und Propylen. Die Kosten für den grünen Wasserstoff beziffert das Unternehmen auf 1,34 CNY (0,19 Euro) pro Normkubikmeter, wovon nur 0,068 CNY (0,01 Euro) auf die Stromerzeugung entfallen.Bei den olympischen Winterspielen in Peking lieferten elf Unternehmen H2 für Brennstoffzellenfahrzeuge. Die größten waren Yanshan Petrochemical, eine Tochter von Sinopec, die mit einer Kapazität von 2000 Normkubikmeter pro Stunde H2 aus fossiler Quelle mit CO2-Abscheidung lieferte, und der englische Konzern Shell im Gemeinschaftsunternehmen mit Zhangjiakou City Transport Construction. Deren 20-MW-Elektrolyseur lieferte mit Onshore-Windkraft betrieben 4000 Normkubikmeter H2 pro Stunde.<h2 type="main">Elektrolyseure</h2>Im Jahr 2020 entfielen von den 290 MW weltweiten Wasserelektrolyse-Kapazitäten 8 Prozent auf China. Das Land legt jetzt zu.Ein Hauptakteur für die Elektrolyseurherstellung ist der Kraftwerksanlagenbauer Huadian Power International. Er gründete Mitte 2020 das China Huadian Hydrogen Energy Technology Research Center. Sein neuester Elektrolyseur benötigt 4,6 kWh, um einen Normkubikmeter H2 herzustellen (<link href="#nadc20224131499-fig-0002">Foto unten). Seine Nennkapazität beträgt 1200 Normkubikmeter pro Stunde.<figure xml:id="nadc20224131499-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/olRYO1qSCmMevc8dH4BG"><figcaption><label>Abb.2: </label>Elektrolyseur von China Huadian Hydrogen Energy Technology Research Center; die Nennkapazität beträgt bei einem Betriebsdruck von 1,6 MPa 1200 Normkubikmeter pro Stunde. Foto: Anonym, International Energy News vom 14. Juli 2022</figcaption></figure></figure>Für die PEM-Elektrolyse hat das Dalian Institute of Chemical Technology der Chinesischen Wissenschaftsakademie seit den 1990er Jahren mehrere Generationen von Elektrolyseuren entwickelt. Das aktuelle System soll 220 Normkubikmeter pro Stunde produzieren. Ein Megawattelektrolyseur dieses Typs ging kürzlich an State Grid Anhui Electric Power im Südosten Chinas.<h2 type="main">Tankstellen und Fahrzeuge</h2>Bis Ende 2020 hatte Sinopec 27 Pilotprojekte für den Bau und die Versorgung von Wasserstofftankstellen; in 14 Provinzen und Stadtregionen gab es insgesamt 207 Wasserstofftankstellen. Bis zum Jahr 2025 sollen es 1000 werden. So gibt es seit Mai einen „Jangtse River Delta Hydrogen Belt Construction and Development Plan“, der Schanghai, Jiangsu und Zhejiang ab dem Jahr 2030 mit 20 Autobahnen mit etwa 500 H2-Tankstellen verbinden soll (<link href="#nadc20224131499-fig-0003">Foto oben).<figure xml:id="nadc20224131499-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/geMFW1peReDbosCyK6uL"><figcaption><label>Abb.3: </label>Eine chinesische Wasserstofftankstelle. Foto: Anonym, Sohu News vom 13. November 2020</figcaption></figure></figure>Bis zum Jahr 2020 wurden in China über 7000 Brennstoffzellenfahrzeuge in Betrieb genommen. Nach einem steilen Anstieg im Jahr 2019 gingen die Zulassungen aufgrund der Coronapandemie im Folgejahr zurück (<link href="#nadc20224131499-fig-0004">Diagramm).<figure xml:id="nadc20224131499-fig-0004"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/WZqh0mkSzKPi5vq5Sqwr"><figcaption><label>Abb.4: </label>Zahl der jährlich zugelassenen Brennstoffzellenfahrzeuge in China. Die Zulassungen gingen aufgrund der Coronapandemie zurück.</figcaption></figure></figure>Im April 2019 gab Toyota Motors als führendes Unternehmen bei der Entwicklung von Pkw mit Wasserstoffantrieb bekannt, dass es Teile für H2-Brennstoffzellen an Foton Motor (eine Tochtergesellschaft von Beijing Automotive) geliefert hat und mit der Tsinghua-Universität an H2-Nutzung arbeitet. Der Autohersteller Changan brachte kürzlich den C385 Changan Shenzhen Blue auf den Markt, Chinas erstes in Serie produziertes Brennstoffzellenfahrzeug. Der 160-kW-Motor verbraucht 13 kWh auf 100 Kilometern (<link href="#nadc20224131499-fig-0005">Foto rechts).<figure xml:id="nadc20224131499-fig-0005"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/XUFMIawwRtOvacmGqa5K"><figcaption><label>Abb.5: </label>Changan Shenzhen Blue, Chinas erstes in Serie produziertes Brennstoffzellenfahrzeug. Foto: Changan</figcaption></figure></figure>Mehrere Unternehmen liefern Zugmaschinen für Sattelschlepper oder Lkw mit Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis: Grove-Zhongji, Tianjin Rockchech und Beiben Trucks. Im Januar 2020 stellte das staatliche Eisenbahnbauunternehmen China Railway Construction den ersten Wasserstoffbus Chinas vor. Der Motor besteht aus einem Brennstoffzellensystem mit einer Motorleistung von 60 kW und einem gemischten Stromversorgungssystem mit 67 kW. Seit März 2021 fahren in Dalian zehn Wasserstoffbusse. Bei den olympischen Winterspielen 2022 in Peking kamen 816 H2-Brennstoffzellenbusse zum Einsatz, vorwiegend inländische Busmarken wie Foton, Yutong, Zhongtong und Geely, aber auch 107 Busse mit Motoren von Toyota.Ende Januar 2021 wurde Chinas erste Hybridlokomotive für Strom und H2-Brennstoffzellen von CNR Datong Electric Locomotive in Betrieb genommen. Der Zug ist für eine Geschwindigkeit von 80 Kilometer pro Stunde ausgelegt und soll in Fabriken, Bergwerken und Häfen fahren. Im Februar 2021 lief die Wasserstoffmotoryacht „Lihu“ der Dalian Maritime University vom Stapel. Ihren 70-kW-H2-Brennstoffzellenantrieb hat das Dalian Institute of Chemical Physics entwickelt.In China sind offiziell 15 Hersteller für H2-Brennstoffzellen registriert. Viele dieser Unternehmen arbeiten an Brennstoffzellen für FCV (<link href="#nadc20224131499-tbl-0001">Tabelle).<tabular xml:id="nadc20224131499-tbl-0001"><label>1</label><h2group><h2 type="tabularName">Tab.</h2><h2 type="main">In China registrierte Hersteller von H2-Brennstoffzellen.</h2><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/VnCinkVQciKQMv4CY04A"></h2group></tabular><h2 type="main">Haushalte und Geschäfte</h2>Festoxidbrennstoffzellen, die Haushalte und Läden mit Wärme und Strom versorgen, sind ein Geschäftsfeld japanischer Unternehmen wie Panasonic, Hitachi, Nissan und Mitsubishi. In China gibt es bisher nur wenige Hersteller dafür. Dazu gehören Chaozhou Sanhuan, Xuzhou Huaqing und Weichai Power.Chaozhou Sanhuan ist derzeit der weltweit größte Lieferant von Festoxidelektrolyt-Diaphragmen und auf dem europäischen Markt von SOFC-Einzelzellen. Das Unternehmen kann Power Stacks, also Energieumwandlungssysteme, in Massenproduktion herstellen. Xuzhou Huaqing produziert vor allem Festoxidbrennstoffzellen zur Stromerzeugung aus Kohlegas. Weichai Power hat ein Gemeinschaftsunternehmen mit der britischen Firma Ceres Power und unter anderem eine 30-kW-erdgasbetriebene Festoxidbrennstoffzelle (Steel-Cell) entwickelt, welche die Reichweiten von Elektrobussen verlängern soll.Der Einsatz derartiger Festoxidbrennstoffzellen im Wohnbereich beginnt. So will die Bezirksregierung des Nanhai-Distrikts von Foshan (Provinz Guangdong) gemeinsam mit den Energieunternehmen Zhongke Rungu und Zhongke Rungu Aerospace Hydrogen Energy ein mit Wasserstoff versorgtes Wohnviertel errichten, um nationale Normen und Spezifikationen für mit H2-Brennstoffzellen versorgte Gebäude zu entwickeln. Im Jahr 2019 unterzeichneten Panasonic und Sichuan CNNC Guoxing Technology eine Vereinbarung zum Aufbau einer „Hydrogen Energy Carbon Free Smart Living Community“ mit Wasserstoff als Energiequelle. Jeder Haushalt der Wohnanlage soll mit Brennstoffzellen mit 700 bis 1000 Watt für elektrische Energie und Wärme ausgestattet sein.<h2 type="main">Patente und Kosten</h2>Einem Bericht des japanischen Beratungsunternehmens Astamuse zufolge haben japanische Unternehmen und Institute in den Jahren 2011 bis 2020 34 624 Patente für wasserstoffbezogene Techniken angemeldet. Zwischen 2001 und 2010 waren es 30 Prozent weniger. In diesem Zeitraum überholte China die Vereinigten Staaten, Südkorea sowie Deutschland und rückte mit 21 235 Patenten von Platz fünf auf zwei hinter Japan. In vier wasserstoffbezogenen Kategorien übertraf China dem Bericht zufolge Japan: bei Herstellung, Speicherung, Sicherheitskontrollen und Transport.Die China Hydrogen Alliance geht davon aus, dass die Produktionskosten für grünen Wasserstoff einschließlich der Investitionskosten bis zum Jahr 2025 auf unter 25 CNY (etwa 4 Euro) pro Kilogramm und bis 2030 auf 2,40 Euro sinken werden. Die Elektrolyse-Kapazität soll bis zum Jahr 2030 etwa 80 GW erreichen.Eine detaillierte Rechnung für die Herstellung grünen Wasserstoffs mit Windenergie von Chinas Küsten richtet sich an Japan als Hauptabnehmer. Der Vorteil Chinas liegt in den geringen Wassertiefen von weniger als 60 Metern, was die Investitionskosten für Windparks senkt. Die Studie berücksichtigt Alkali- oder PEM-Elektrolyseure für verflüssigten Wasserstoff und Ammoniak oder Methylcyclohexan als leicht dehydrierbaren Wasserstoffträger. Demnach sollen die Kosten um das Jahr 2030 unter 2 Euro pro Kilogramm fallen.Den größten Kostenanteil hat die Wasserstofferzeugung: Er beträgt je nach Endprodukt 47 bis 70 Prozent der Gesamtkosten. Bei Ammoniak und Methylcyclohexan tragen Hydrierung und Dehydrierung 19 bis 35 Prozent zu den Kosten bei. Die Kosten für Lagerung und Transport sind dagegen gering. Der Studie zufolge könnten Offshore-Windkraftanlagen einer einzigen chinesischen Provinz den gesamten Wasserstoffbedarf Japans decken.Links auf Quellen und weitere Informationen unter: <a href="https://t1p.de/dmfvv" target="_blank">t1p.de/dmfvv</a><h2 type="main">Die Autoren</h2>Den Beitrag haben Rolf Schmid (oben) und Xin Xiong verfasst. Schmid ist promovierter Chemiker und Gründer des Beratungsunternehmens Bio4Business in Stuttgart mit dem Schwerpunkt Technologieentwicklungen in China und Japan. Xiong ist promovierter Biotechnologe und Forschungsgruppenleiter für medizinische Biotechnologie am Naturwissenschaftlich-Medizinischen Institut NMI der Universität Tübingen in Reutlingen.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/aYcDRC1sTkKk6BgqTBuv"><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/wkWMGJ7YShuXuT9Ci7om">

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