Industrie + Technik

Methanol I Das Berliner Unternehmen C1 Green Chemicals entwickelt chemische Produktionsverfahren. Das erste Produkt erschließt nichtfossile Kohlenstoffquellen für die Methanolherstellung. Geschäftsführer sind der Chemiker Marek Checinski und der Kaufmann Christian Vollmann. (Handelsregistereintrag vom 8.2.2022)Mechanisches Recycling I Solar Materials aus Magdeburg hat ein physikalisch-mechanisches Recyclingverfahren für Solarmodule entwickelt. Damit sollen sämtliche Rohstoffe zurückgewonnen werden. Geschäftsführer sind die Wirtschaftsingenieure Fridolin Franke und Jan Bargel. (9.6.2021)Schnelltests I Die Detektionsmethode von Cenios aus Bottrop bestimmt den Medikamentenspiegel von Patienten etwa im Krankenhaus. Die Point-of-care-Tests sind schneller und günstiger als Standardmethoden von Analyselaboren. Geschäftsführer sind die Unternehmerin Anke Esch und der Labormediziner Mohammad Salehi. (19.8.2021)Genominformationen I Goenomics aus Göttingen übersetzt Genomsequenzen in Informationen. Das Team will die Genomannotation von Pflanzen in der Agrarindustrie und von biotechnisch relevanten Pilzen mit Bioinformatikmethoden verbessern. Geschäftsführer ist der Chemiker Martin Kollmar. (4.6.2021)Holger Bengs, European Chemistry Partnering, schaut in der Rubrik „Start me up“ für die Nachrichten ins Handelsregister.Nachhaltigkeitsberichte | Unter den zehn Großunternehmen mit den besten Nachhaltigkeitsberichten sind aus der Chemie Merck, BASF und Henkel. Die Berichte bewerten seit dem Jahr 1994 das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und die Unternehmensvereinigung Future. Für das Ranking 2021 haben sie die Kriterien verschärft. Die Wissenschaftler:innen untersuchen, wie Unternehmen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung zusammenbringen. MB<a href="https://ranking-nachhaltigkeitsberichte.de" target="_blank">ranking-nachhaltigkeitsberichte.de</a>Biokraftstoffe | Bei der Biokraftstoffherstellung aus Raps und Getreide entstehen Eiweißfuttermittel (<xref rid="nadc20224126320-fig-0001" ref-type="fig">Grafik</xref> oben), daher würde eine geringere Biokraftstoffproduktion den Importbedarf an Futtermitteln erhöhen. Einem Faktencheck von Bioenergieverbänden zufolge trugen Bioethanol und -diesel als Beimischung zu fossilen Kraftstoffen in Deutschland im Jahr 2020 etwa 4,5 Millionen Tonnen bei. Bio- statt fossiler Kraftstoffe verringerten die Treibhausgasemissionen um bis zu 90 Prozent. MB<figure><img src="https://media.graphassets.com/M5uX2kGRfCRl4UT7Abhj"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Deutschland nutzt insgesamt etwa 7 Prozent der gesamten Ackerfläche von 11,7 Mio. Hektar für Biodiesel und Pflanzenöl (blau) sowie für Bioethanol (orangefarben).</figcaption></figure>
Zum Faktencheck: <a href="https://t1p.de/mrd34" target="_blank">t1p.de/mrd34</a>

Meldung

Start me up und kurz Notiertes zur Nachhaltigkeit

Methanol I Das Berliner Unternehmen C1 Green Chemicals entwickelt chemische Produktionsverfahren. Das erste Produkt erschließt nichtfossile Kohlenstoffquellen für die Methanolherstellung. Geschäftsführer sind der Chemiker Marek Checinski und der Kaufmann Christian Vollmann. (Handelsregistereintra...

Schlaglicht: Glas

Die Glasindustrie besteht im Wesentlichen aus f&uuml;nf Branchen. Alle fu&szlig;en auf der jahrtausendealten Tradition des Glasmachens. Dazu kommen neue Anwendungen wie Glasfasern und neue Herausforderungen wie die Dekarbonisierung.
Glash&uuml;tten in Deutschland sind eine jahrhundertealte Tradition. Doch die Geschichte des Werkstoffs reicht noch weiter in die Vergangenheit. Die &auml;ltesten Funde gehen zur&uuml;ck auf die Steinzeit um 7000 v. Chr. Organisiertes Verarbeiten von Glas begann etwa um 3000 v. Chr., als die &Auml;gypter Schmuckst&uuml;cke und kleinere Gef&auml;&szlig;e aus Glas fertigten. Heute sch&auml;tzen die Lebensmittel- und Getr&auml;nkeindustrie Glas als Verpackungsmaterial, und es ist Bestandteil von Hightech-Anwendungen, welche die Spezialglasindustrie herstellt. Dazu z&auml;hlen optische Gl&auml;ser oder Displayglas f&uuml;r Smartphones.
Charakteristisch f&uuml;r die Glasindustrie ist, dass sich viele H&uuml;tten im l&auml;ndlichen Raum befinden. Die Unternehmen geh&ouml;ren dort in der Regel zu den gr&ouml;&szlig;eren Arbeitgebern, die f&uuml;r Generationen von Einwohnern Arbeitspl&auml;tze geschaffen haben. Sie tragen dazu bei, den Wohlstand in der Region zu sichern, und sind Teil des gemeinschaftlichen Lebens. Im Jahr 2020 waren in der Glasindustrie etwa 53 000 Menschen in etwa 330 Unternehmen in verschiedenen Branchen besch&auml;ftigt (<xref rid="nadc20224122528-fig-0001" ref-type="fig">Abbildung</xref>). Sie setzten 9,35 Mrd. Euro um, 4,6 Prozent weniger als im Jahr 2019.
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<figcaption><label>Abb. 1: </label>Die Umsatzanteile der Glasbranchen im Jahr 2020.</figcaption>
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<h2>Sechs Prim&auml;rrohstoffe</h2>
Glas zeichnet sich durch seine Nat&uuml;rlichkeit aus, denn es wird fast ausschlie&szlig;lich aus nat&uuml;rlichen oder naturidentischen anorganischen Rohstoffen hergestellt. Diese kommen gr&ouml;&szlig;tenteils in Deutschland vor oder werden hier produziert.
Insgesamt sind f&uuml;r Kalknatron-Silikatgl&auml;ser (Flachglas und Beh&auml;lterglas) im Wesentlichen sechs mineralische Rohstoffe n&ouml;tig: zirka 70 Anteile Quarzsand (SiO2), 13 Anteile Soda (Na2CO3), 10 Anteile Kalk (CaCO3) und geringe Anteile Dolomit (CaMg(CO3)2), Feldspat (diverse Silikatminerale) und Pottasche (K2CO3). Auswahl und Anteil der Glasrohstoffe ergeben sich aus den geforderten Eigenschaften des Glaserzeugnisses und dem jeweiligen Herstellungsprozess.
Zudem sind aufbereitete Altglasscherben bei der Glasherstellung wichtig. Glas ist zu 100 Prozent stofflich wiederverwertbar. Aus gebrauchtem Glas entsteht so im geschlossenen Kreislauf immer wieder neues Glas, das der Produktion weiterer Glasprodukte dient. Im Beh&auml;lterglasgemenge haben Scherben den Sand als Hauptkomponente sogar ersetzt.
<h2>Beh&auml;lterglas</h2>
Die Glasindustrie besteht im Wesentlichen aus f&uuml;nf Branchen: Die Beh&auml;lterglasindustrie produziert Verpackungen f&uuml;r die Getr&auml;nke- und Ern&auml;hrungsindustrie, Arzneimittelhersteller und Kosmetikunternehmen. Die Ern&auml;hrungs- und Getr&auml;nkeindustrie war mit 17,4 Prozent im Jahr 2020 einer der wichtigsten Kunden der Glasindustrie (<xref rid="nadc20224122528-fig-0002" ref-type="fig">Abbildung</xref> S. 40).
<figure><img src="https://media.graphassets.com/TSLRryUoSiSyBRQtSkQx" />
<figcaption><label>Abb. 2: </label>Anteile der Kundenindustrien der Glasbranchen im Jahr 2020.</figcaption>
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Hersteller von Lebensmitteln und Getr&auml;nken setzen vor allem darauf, dass Glasverpackungen nat&uuml;rlichen Ursprungs und zu recyceln sind sowie auf eine Eigenschaft, die nur Glas bietet: Es ist nahezu inert, wechselwirkt also nicht mit dem verpackten F&uuml;llgut. Dies macht es zudem zur Verpackung der Wahl bei pharmazeutischen Produkten, bei denen es besonders darauf ankommt, die Reinheit des Medikaments zu wahren.
<h2>Flach- und Spezialglas</h2>
Die Flachglasindustrie fertigt Flachgl&auml;ser f&uuml;r die Bauwirtschaft, die mit etwa 50 Prozent Anteil der gr&ouml;&szlig;te Kunde der gesamten Glasindustrie ist. Dazu kommen Architektur, Fahrzeugbau und M&ouml;belindustrie. Dabei ist die Flachglasindustrie mehr als ein &bdquo;Fensterglashersteller&ldquo;: Die Gl&auml;ser haben Zusatzfunktionen wie W&auml;rmed&auml;mmung, Sonnenschutz und Selbstreinigung und steigern damit nicht nur den Komfort, sondern tragen auch zum Klimaschutz bei.
Die Spezialglasindustrie ist mit ihrer Produktpalette breit aufgestellt. Vom Glaskeramikkochfeld &uuml;ber Laborgl&auml;ser bis zu hauchd&uuml;nnen Displays f&uuml;r Smartphones: Die Kunden, zu denen Elektroindustrie, Feinmechanik und Optik, Anlagenbau, Nachrichten- und Umwelttechnik geh&ouml;ren, setzen Glas unterschiedlich ein.
Zur Spezialglasindustrie z&auml;hlen zudem die Hersteller von Borosilikatglas. Es hat eine andere Zusammensetzung als das Kalknatronglas, aus dem etwa Verpackungen hergestellt werden. Diese Glasart zeichnet sich durch eine hohe Best&auml;ndigkeit gegen chemische Einwirkungen und Temperaturunterschiede aus. Sie ist daher die erste Wahl f&uuml;r die Verpackung von Medikationen mit hohem pH-Wert, also etwa alkalischen Biopharmazeutika. Sie verpacken zudem Mittel, die dem Patienten gespritzt werden m&uuml;ssen.
<h2>Glasfasern und Glasbearbeitung</h2>
Glasfasern werden aus reinem Quarzglas gefertigt und f&uuml;r Glasfaserkabel zur Daten&uuml;bertragung verwendet. Sie erm&ouml;glichen, Telefongespr&auml;che und digitale Daten schnell &uuml;ber gro&szlig;e Entfernungen zu &uuml;bertragen. Glasfasern dienen zudem als D&auml;mmstoff in der Bauindustrie. Bei Windr&auml;dern verst&auml;rken sie die Rotorbl&auml;tter.
Zur Glasindustrie geh&ouml;ren zudem die Glasbearbeiter und -veredler. Sie verleihen vielen Produkten einen Zusatznutzen oder versch&ouml;nern sie.
<h2>Energieintensiv</h2>
So vielseitig die Produkte der Glasindustrie auch sind: Die Glasherstellung verl&auml;uft bis auf die Formgebung im Wesentlichen in allen Branchen gleich. Glas herzustellen ist energieintensiv. Dabei werden die Rohstoffe bei Temperaturen von 1450 &deg;C bis 1650 &deg;C geschmolzen. Der Schmelzprozess macht bis zu 85 Prozent des Energiebedarfs und etwa 80 Prozent der CO2-Emissionen der Herstellung aus.
Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine kommt der Energieintensit&auml;t der Glasindustrie noch einmal eine neue Bedeutung zu. Denn die Versorgungssicherheit mit Erdgas ist f&uuml;r die Glasindustrie, deren Glaswannen an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden pro Tag durchlaufen, ein entscheidender Faktor. Zudem bereiten die steigenden Strom- und Gaspreise der Glasindustrie Sorgen bis hin zur Existenzangst. Denn will sie weiterhin zu wettbewerbsf&auml;higen Preisen produzieren und die gro&szlig;e Herausforderung der Zukunft &ndash; bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu produzieren &ndash; meistern, m&uuml;ssen die Rahmenbedingungen daf&uuml;r geschaffen werden: Niedrige Energiepreise sind f&uuml;r die Umstellung auf alternative Energietr&auml;ger eine Grundvoraussetzung.
<h2>Dekarbonisieren</h2>
Zurzeit stehen drei Techniken zur Dekarbonisierung der Glasindustrie im Fokus: die vollst&auml;ndige Elektrifizierung mit Gr&uuml;nstrom, der Bau hybrider Glaswannen, die mit Strom und Erdgas oder sp&auml;ter Wasserstoff betrieben werden, sowie der Einsatz nachhaltig erzeugter Gase, darunter Wasserstoff oder biogene Gase. Das Befeuern mit solchen Gasen kann dabei sowohl wie eine konventionelle Verbrennung mit Luft als auch mit Sauerstoff (Oxyfuel-Verfahren) erfolgen. Dabei ist das Oxyfuel-Verfahren zukunftsweisend.
Die Frage, welche Technik f&uuml;r die Dekarbonisierung der Glasindustrie zukunftsf&auml;hig sein wird, erfordert Forschung und Entwicklung. Dabei l&auml;uft die Zeit, denn die Glasindustrie hat lange Investitionszyklen: Eine Glaswanne hat eine durchschnittliche Lebensdauer von 15 Jahren, und ein (Um-)Bau ist mit Investitionen im zweistelligen Millionenbereich verbunden. Bei der Umstellung auf eine Technik, die sich langfristig als nicht zukunftsf&auml;hig erweist, drohen Fehlinvestitionen und der Verlust der Wettbewerbsf&auml;higkeit. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen stellt sich die Glasindustrie den Herausforderungen der Transformation. Ohne Produkte aus Glas wird die politisch geforderte CO2-Neutralit&auml;t nicht zu erreichen sein.
<h2>Die Autorin</h2>
Doroth&eacute;e Richardt ist seit dem Jahr 2009 Referentin f&uuml;r Presse- und &Ouml;ffentlichkeitsarbeit beim Bundesverband Glasindustrie. Die Juristin fand ihren Weg in die &Ouml;ffentlichkeitsarbeit &uuml;ber Studentenjobs beim Radio, bei Verlagen, beim Bundesverband Solarwirtschaft und einer D&uuml;sseldorfer PR-Agentur.
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