Industrie + Technik

Bestimmte Pflanzen akkumulieren Schwermetalle. Damit sanieren sie kontaminierte Böden und sammeln gleichzeitig Rohstoffe für die Industrie.
Die Hallersche Schaumkresse, Arabidopsis halleri (Abbildung 1), nimmt Zink aus dem Boden auf und speichert es. Sie gehört zu den Hyperakkumulatoren. Diese Pflanzen nehmen Schwermetalle über ihre Wurzeln auf und reichern sie an, ohne Schaden davon zu nehmen. Eine entscheidende Funktion hat dabei das Chelatmolekül Nicotianamin: Es sitzt in den Wurzeln der Arabidopsis halleri und komplexiert Zink. Von dort transportiert die Pflanze den Komplex über die Leitungsbahnen zu den Blättern. Diese speichern das Zink in der Vakuole ihrer Zellen, zum Beispiel an Proteine gebunden.<figure><img src="https://media.graphcms.com/A5ZhyTypRXiC3BIsyD7A"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Speichert in ihren Blättern Zink, Cadmium und Blei: die Hallersche Schaumkresse, Arabidopsis halleri. Foto: Wikipedia, Hermann Schachner</figcaption></figure>
Hyperakkumulatoren schützen sich mit den Schwermetallen gegen Fraßfeinde, werden dadurch aber auch zu Rohstofflieferanten und somit wirtschaftlich bedeutsam. Sie liefern Rohstoffe und sanieren gleichzeitig Böden, die von Schwermetallen kontaminiert sind, etwa durch die Industrie, durch Militäranlagen oder aus natürlichen Quellen.Bei zu hohen Konzentrationen an Schwermetallen im Boden gedeihen keine Nahrungsmittelpflanzen mehr oder eignen sich nicht mehr als solche. Dies ist bei Zn ab einer Konzentration von etwa 300 mg·kg–1 der Fall, bei Cadmium schon ab 3 mg·kg–1.<h2>Zink, Cadmium, Blei</h2>Arabidopsis halleri ist das Spezialgebiet der Pflanzenforscherin Ute Krämer von der Universität Bochum und der Arbeitsgruppe von Stephan Clemens an der Universität Bayreuth. Die Pflanze nimmt neben Zink die Metalle Cadmium und Blei auf. Insgesamt 1972 Boden- und Blattproben von 165 Standorten in Europa haben die Forscher untersucht, darunter Pflanzen aus Polen, Österreich und Deutschland.1) Demnach speichert Arabidopsis halleri auch Metalle aus schwach belasteten Böden. Sie akkumuliert in ihren Blättern Konzentrationen bis über 3 mg Zn pro Gramm Trockenmasse und 100 µg Cd pro Gramm.Bei den untersuchten Blattproben detektierten die Bochumer Forscher als höchste Konzentration 53,9 mg Zn pro Gramm Trockenmasse. Für Cadmium lag diese bei 3,64 mg·g–1, für Blei bei 1 mg·g–1.Forscher der Technischen Hochschule Zürich zeigen, wie sich die Hallersche Schaumkresse genetisch so angepasst hat, dass sie auf kontaminierten Böden wachsen kann.2) Ihre Ergebnisse stützen die Schweizer Forscher auf Proben der polnischen Olkusz-Region, wo die Böden weltweit am stärksten mit Zink, Blei und Cadmium belastet sind.<h2>Nickel aus Pflanzenasche</h2>Anders als die Hallersche Schaumkresse nimmt das Mauer-Steinkraut, Alyssum murale (Abbildung 2), Nickel auf. Es wächst auf Böden mit einer Ni-Konzentration von über 75 mg Ni·kg–1, so auch am Ufer des Ohridsees in Albanien.<figure><img src="https://media.graphcms.com/1Z6SO5mES92oPbGkaqJL"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Saniert kontaminierte Böden und gewinnt dabei den Rohstoff Nickel: das Mauer-Steinkraut, Alyssum murale. Foto: Christian Winter</figcaption></figure>
An der Ni-Gewinnung aus Böden in Albanien forscht ein französisches Forschungsprojekt, genannt Agromine.3) Dieses gewinnt aus der Asche der Biomasse des Alyssum murale Nickelsalze und -oxide mit Konzentrationen von mehr als 100 kg Ni·ha–1. Dabei speichert das Mauer-Steinkraut Nickel ab einer Konzentration von 0,1 Prozent im Boden; Hochofenverfahren benötigen etwa die zehnfache Menge im Erz.<h2>Altbewährtes neu entdecken</h2>Das Phänomen der pflanzlichen Staubsauger ist nicht neu: Der britische Forscher Alan Baker entdeckte Hyperakkumulatoren bereits vor über 40 Jahren. Gemeinsam mit dem Agrarwissenschaftler Rufus Chaney entwickelte er ein Verfahren, um mit solchen Pflanzen Nickel zu gewinnen und nannte es Phytomining. Dieses erhielt ein Patent, das jedoch im Jahr 2015 ausgelaufen ist. Nun wächst wieder das Interesse am industriellen Einsatz von Bakers Idee. Die Technische Universität Bergakademie Freiberg gewinnt mit dem Phytomining bereits Germanium.4)Die Lebensmittelchemikerin Lisa Süssmuth ist freie Mitarbeiterin der Nachrichten aus der Chemie.
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1 R. J. Stein S. Höreth, J. R. F. de Melo et al., New Phytol. 2017, 213, 1274</li><li>
2 C. Sailer, A. Babst-Kostecka, M. C. Fischer et al., Sci. Rep. 2018, 8, 16085</li><li>
3 <a href="https://www.agromine.org" target="_blank">www.agromine.org</a>, Stand: 19.12.2018</li><li>
4 N. Schreiter, I. Aubel, M. Bertau, Nachr. Chem. 2017,65, 33</li></ul>

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