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Mehr HIV-Kranke, weniger Neuinfektionen | Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts haben sich im Jahr 2018 in Deutschland 2400 Menschen mit HIV infiziert, 1000 weniger als im Jahr davor. Insgesamt lebten Ende des Jahres 2018 87 900 HIV-Infizierte in Deutschland, etwa 440 sind an HIV gestorben. Die Gesamtzahl der Todesfälle seit dem ersten Auftreten der Krankheit schätzen die Forscher auf 29 200. Inzwischen lassen sich 93 Prozent der Erkrankten retroviral behandeln; 95 Prozent der Behandelten sind nicht infektiös.<a href="https://www.rki.de/hiv" target="_blank">www.rki.de/hiv</a>Prostatakrebs: Bei Antigentest überwiegt Schaden den Nutzen | Nach einem Vorbericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) profitieren weniger Männer vom Früherkennungstest auf Prostatakrebs, der auf dem prostataspezifischen Antigen (PSA) beruht, als welchen geschadet wird: Bei etwa 3 von 1000 Patienten erspart oder verzögert der Test innerhalb von 12 Jahren eine Belastung durch eine metastasierte Krebserkrankung. Durch Überdiagnose, falsch positive Befunde und einer daraus folgenden Behandlung werden aber etwa 3 von 1000 Männern inkontinent sowie 25 von 1000 dauerhaft impotent. Der Anteil an Screeningteilnehmern, die trotz positivem PSA-Test kein Prostatakarzinom entwickelten, betrug zwischen 22 und 26 Prozent.Das IQWiG analysierte für seine Nutzenbewertung elf randomisierte kontrollierte Studien mit mehr als 400 000 Teilnehmern. Gemessen an der Neuerkrankungsrate ist das Prostatakarzinom mit 23 Prozent aller Krebsarten die häufigste Tumorerkrankung bei Männern.<a href="https://t1p.de/bs72g" target="_blank">t1p.de/bs72g</a>Neuer HIV-Antikörper löst keine Resistenzen aus | Der Antikörper 1-18 unterdrückt langanhaltend die HI-Virusvermehrung. Er gehört zu den breit-neutralisierenden Antikörpern, die das Virus angreifen, indem sie an dessen Oberfläche binden und dort eine Struktur inaktivieren, die für Infektion und Vermehrung nötig ist. 1-18 wirkte im Mausmodell gegen 97 % der getesteten HIV-Varianten. Nach Ansicht der Forscher vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung, die 1-18 getestet haben, eignet sich dieser womöglich sogar als passive Impfung zur Prävention.<ul><li>
1 Cell 2020, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1016/j.cell.2020.01.010</ext-link></li></ul>
Eliza Leusmann

Meldung

Über Krebs und HIV

Mehr HIV-Kranke, weniger Neuinfektionen | Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts haben sich im Jahr 2018 in Deutschland 2400 Menschen mit HIV infiziert, 1000 weniger als im Jahr davor. Insgesamt lebten Ende des Jahres 2018 87 900 HIV-Infizierte in Deutschland, etwa 440 sind an HIV gestorben....

Auch wenn Kliniken – vor allem in den USA, aber auch in Europa – Stammzelltherapien anbieten, sind diese noch im experimentellen Stadium. Die Wissenschaft sieht zwar vielversprechende Strategien, hat aber bisher kaum medizinisch erprobte Rezepturen.
Hoffnungen auf eine neue regenerative Medizin gehen auf die erste Kultivierung embryonaler Stammzellen im Jahr 1981 zurück. Diese leiten sich von undifferenzierten Zellen aus Blastozysten ab, das sind Embryonen mit höchstens 300 Zellen. Sie sind pluripotent, können sich also zu jeder Art von Körpergewebe entwickeln. Ethische Einwände, Embryonen zu verwenden, sowie schwer zu vermeidende medizinische Risiken – wie die Tumorbildung und die Abstoßung durch das Immunsystem – standen ihrer medizinischen Anwendung im Weg.Dennoch hat die Stammzellforschung in den letzten Jahrzehnten Fortschritte gemacht, wenn auch in andere, unerwartete Richtungen. Anfangs glaubten die Forscher, dass embryonale Stammzellen die Fähigkeit besäßen, verschiedene Gewebe auszubilden, dass diese aber unwiderruflich verloren ginge, sobald die Zellen eine bestimmte Entwicklungsbahn eingeschlagen haben. Man spricht zwar bei bestimmten späteren Stadien auch noch von (adulten) Stammzellen, diese sind aber auf ihren jeweiligen Gewebetyp festgelegt.<h2>Ein Schaf als Vorreiter</h2>Wie die Geburt des Klonschafs Dolly im Jahr 1996 bewies, lässt sich die Entwicklungsuhr zurückdrehen. Dabei wurde umprogrammiert, indem ein differenzierter Zellkern in eine entkernte Eizelle eingeführt wurde. Erst später zeigte sich, dass nur bestimmte Gene angeknipst werden müssen, um die Pluripotenz zurückzugewinnen.Deshalb verschob sich das Forschungsinteresse von den embryonalen Stammzellen zu induzierten pluripotenten Zellen, deren Entwicklung rückgängig gemacht wurde. Das räumte die bioethischen Probleme weitgehend aus. Überdies ergibt sich eine vielversprechende, wenn auch aufwendige und kostspielige Möglichkeit: Solche induzierten Stammzellen lassen sich aus patienteneigenem Gewebe herstellen, was das Problem der Immunkompatibilität beseitigt.Ein fundamentales Problem bleibt hingegen: Da Stammzellen zu allem fähig sind, können sie auch Tumoren bilden. Und da Stammzellen sich schneller teilen als ausdifferenzierte Gewebezellen, kann das schnell bedrohlich werden. Diese Gefahr wurde besonders hervorgehoben, als die erste Rezeptur zur Rückstellung mit nur vier Faktoren entdeckt wurde – von den vier aktivierten Genen war eines ein Onkogen.Die Rolle von Stammzellen bei der Krebsentstehung ist ein höchst aktives Forschungsgebiet. Bisher verstehen wir von diesen Zusammenhängen allerdings zu wenig, um Stammzellen als Heilmittel zu implantieren. Das hält manche Wunderheiler allerdings nicht davon ab, es dennoch zu tun.<h2>Falsche Versprechen</h2>Insbesondere in den USA, wo privat bezahlte Behandlung die Regel ist, hat sich ein blühendes Geschäft mit angeblichen Heilmethoden auf Stammzellbasis entwickelt. Hunderte Firmen bieten dort Stammzellbehandlungen an und versprechen Hilfe gegen Hautalterung oder Sportverletzungen, aber auch gegen Krankheiten wie Multiple Sklerose und Morbus Parkinson. Diese Behandlungen werden oft mit Hinweisen aus der aktuellen Forschung beworben, aber ohne den Hinweis, dass es sich bestenfalls um experimentelle Verfahren handelt.1)Mit ausgelöst haben das Problem voreilige Versprechungen in der Frühphase der Stammzellforschung. Auch seriöse Medien priesen die neu entdeckten embryonalen Stammzellen als zukünftige Wundermittel an. Treten dann 20 Jahre später Stammzellheiler auf den Plan, mögen viele den Eindruck gewinnen, die versprochene Entwicklung sei eingetreten.Eine Zelltherapie ist kein Medikament, das sich industriell produzieren und in Flaschen füllen lässt. Dies hat die Pharmaindustrie davon abgeschreckt, sich auf diesem Gebiet zu engagieren, und nun öffnet dieser Aspekt Hintertüren für unseriöse Anbieter. Wer zum Beispiel einem Patienten Zellen aus einem Gewebe entnimmt, sie nur minimal verändert und an anderer Stelle wieder injiziert, braucht in den USA dafür keine Genehmigung von der Aufsichtsbehörde FDA (Food and Drug Administration). Diese Art der Behandlung wird wie eine Bluttransfusion oder Dialyse betrachtet.Was die auf gut Glück verpflanzten Zellen dann machen, kann allerdings niemand vorhersagen. Vielleicht haben sie den erwünschten Effekt, vielleicht lösen sie Krebs aus, vielleicht machen sie gar nichts.<h2>Was wirklich geht</h2>Eine Art der Behandlung mit adulten, also bereits teilweise spezialisierten Stammzellen ist bereits seit Jahren etabliert: die Knochenmarkstransplantation, die vor allem bei Leukämie zum Einsatz kommt. Das Knochenmark enthält Stammzellen, damit sich bestimmte weiße Blutkörperchen ständig erneuern können (B-Zellen heißen so nach dem englischen Begriff bone marrow).In vorläufigen klinischen Versuchen erfolgreich war auch die Regeneration der Netzhaut bei Augenkrankheiten wie der altersbedingten Makuladegeneration (AMD), die bei älteren Menschen häufig zur Erblindung führt. Das Auge ist ein vielversprechendes Ziel für Stammzellbehandlungen, da es leicht zugänglich und vom Immunsystem abgekoppelt ist. Dass Zelltransplantate abgestoßen werden, ist daher nicht zu befürchten.Steven Schwartz vom Jules Stein Eye Institute, Los Angeles, und Kollegen injizierten im Jahr 2011 ein Tröpfchen mit embryonalen Stammzellen und den Faktoren, die diese zur Bildung neuer Netzhautzellen anregen sollten, bei neun AMD-Patienten und neun weiteren mit einer anderen Art der Makuladegeneration (Morbus Stargardt) in jeweils ein Auge. Das andere Auge diente als Vergleich (Abbildung). Wie sie vier Jahre später berichteten, waren die Eingriffe im Großen und Ganzen erfolgreich (sichtbare Regenerierung des Gewebes in 13, Sichtverbesserung bei 10, -verschlechterung bei 1; geringe oder keine Änderung bei den übrigen 7), wurden von den Patienten gut toleriert und lösten keine Krebserkrankungen aus.2)<figure><img src="https://media.graphcms.com/FjPBOoXrSEaWdvERJlVR"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Veränderung der Sehschärfe von mit Stammzellen behandelten Augen. Rot: behandeltes Auge, blau: unbehandeltes Auge, grün: Unterschied zwischen beiden. Oben Werte der Patienten mit Makuladegeneration, unten Werte der Patienten mit Morbus Stargardt. Die Veränderung zeigte sich an der Menge Buchstaben, die von den Patienten erkannt wurden.</figcaption></figure>
Ein alternative Vorgehensweise beruht darauf, die Stammzellen im Labor auf einem biologisch abbaubaren Gerüst zu einem Netzhautflicken reifen zu lassen und diesen chirurgisch einzusetzen. Dies ist wegen der Implantation zwar kniffliger, ermöglicht aber, die implantierten Zellen besser zu kontrollieren.Derzeit laufen in den USA zwei klinische Studien der Stufe II, also am Menschen, die die Flickenmethode verwenden. Die Arbeitsgruppe von Mark Humayun an der University of Southern California in Los Angeles benutzt embryonale Stammzellen. Das Team von Kapil Bharti am National Eye Institute in Bethesda, Maryland, hingegen setzt auf induzierte pluripotente Zellen, die sie aus den Blutzellen des Typs CD34+ von AMD-Patienten ableiten. Vorher hatten die Forscher das Verfahren erfolgreich in Tiermodellen eingesetzt.3)Nach dem Auge ist das Gehirn die nächste große Herausforderung. Anne Rosser von der Universität Cardiff entwickelt Methoden, die Huntingtonsche Krankheit mit Neuronen aus Stammzellen zu behandeln. Bisher allerdings ist diese Forschung nicht so weit gediehen, dass sich damit Patienten behandeln ließen.<h2>Hilfreiche Schweine</h2>Die naive Hoffnung, dass man einem Patienten Stammzellen injizieren und er die defekten oder fehlenden Organe daraus regenerieren kann, mag sich als Wunschtraum erweisen. Möglicherweise lässt sich das Szenario aber in einem anderen Organismus durchführen: dem des Schweins.Die Arbeitsgruppe von Daniel und Mary Garry an der University of Minnesota in Minneapolis hat aus menschliche Hautzellen iPS-Zellen gezüchtet und diese in Schweineembryonen implantiert. Damit sollen die Schweine Adern bilden, die das Immunsystem des Patienten als eigenes Gewebe akzeptiert. Gelänge dies, so ließen sich nicht nur Blutgefäße, sondern womöglich ganze Organe verpflanzen – denn die innere Oberfläche der Adern ist ja die Grenzfläche, über die die Immunzellen im Blut mit dem Organ wechselwirken. Erscheinen die Adern als eigenes Gewebe, so die Hoffnung, dann wird der Rest des Organs ebenfalls akzeptiert.Die Garrys haben erste Ergebnisse eines Versuchs publiziert, in dem die Schweineembryonen 27 Tage lang reiften.4) Sie bemühen sich jetzt um Genehmigungen für längere Experimente. Aber auch hier dürften noch Jahre vergehen, bis menschliche Patienten auf diesem Weg behandelt werden können.Der Vorteil wäre im wesentlichen: Alle Risiken der Stammzellentwicklung würden auf das Schwein abgewälzt, und nur das entstandene Organ würde dem menschlichen Patienten implantiert. Das Risiko, das auch bei der Genehmigung Schwierigkeiten bereiten dürfte, ist die Transplantation von Krankheitserregern, von denen wir noch gar nichts ahnen.Der promovierte Chemiker Michael Groß arbeitet als freier Journalist in Oxford, <a href="https://England.www.michaelgross.co.uk" target="_blank">England.www.michaelgross.co.uk</a><figure><img src="https://media.graphcms.com/aPqwT6J8SniebJtXvO5A"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Foto: kikkerdirk /AdobeStock</figcaption></figure>
<h2>AUF EINEN BLICK</h2>Nicht geprüfte Stammzellanwendungen bergen die Gefahr, Krebs oder andere Krankheiten auszulösen.Es gibt bisher nur wenige gesicherte Anwendungen für Stammzellen, unter anderem zur Behandlung von Leukämie.Weitere Anwendungen werden experimentell erprobt, darunter die Behandlung von Netzhautdegeneration oder das Züchten von Organen in Fremdorganismen. Bis zur Anwendung werden voraussichtlich Jahre vergehen.
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1 A. King, Chemistry World 2019, 10, 50–53</li><li>
2 S. D. Schwartz, C. D. Regillo, B. L. Lam et al., Lancet 2015, 385, 509–516</li><li>
3 R. Sharma, V. Khristov, A. Rising et al., Sci. Transl. Med. 2019, 11, eaat5580</li><li>
4 S. Das, N. Koyano-Nakagawa, O. Gafni et al., Nat. Biotechnol. 2020, 38, 297–302</li></ul>

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