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Karrierewege sowohl in Unternehmen als auch in Universitäten folgen immer weniger klassischen Mustern. Darauf gilt es sich einzustellen und mitzugestalten.
Klassische Karrierewege werden durch die Digitalisierung und die gesellschaftliche Forderung, Ressourcen effizient und umweltschonend zu nutzen, sowie durch Internationalisierung umfassend beeinflusst. Während des Workshops „Karriere outside the box“ auf dem JCF-Frühjahrssymposium im März in Bremen sind die Teilnehmenden auf verschiedene Möglichkeiten, Wirkweisen und Ebenen von Internationalität, Nachhaltigkeit und Diversity eingegangen.<list list-type="simple"><list-item></list-item></list>Welche Potenziale haben Chemie-Start-ups?<list-item>Wie können vielfältige Fähigkeiten und Identitäten im Team zu mehr Nachhaltigkeit beitragen?</list-item><list-item>Was bedeutet geschlechtergerechtes und diversitätsbewusstes Arbeiten?</list-item>Referentinnen waren Marie Westphal (MSc. Chemistry) und Sabrina Saase (Dipl. Psych.). Westphal ist seit Januar 2018 Chemistry Platform Managerin im Bundesverband Deutsche Startups und als freiberufliche Wissenschaftskommunikatorin in den Bereichen Green Chemistry sowie Digital Chemistry tätig. Saase ist als Doktorandin und Trainerin im Bildungsbereich tätig mit den Schwerpunkten Teambuilding, Reflexion von Arbeitsprozessen, Diversity, Gleichberechtigung, intersektionale Gesprächsführung, Care-Arbeit, Antidiskriminierung und Empowerment.Nach einem kurzen Kennenlernen simulierten die Teilnehmenden in einem Elevator Talk eine typische Situation, in der nur kurz Zeit war, sich Kooperationspartner als Person mit eigenem Thema zu pitchen und einen Gesprächseinstieg über Kontroversen oder Gemeinsamkeiten zu starten. Im Anschluss ging es um Arbeitsfelder nach dem Chemiestudium und der Promotion und die jeweiligen Herausforderungen, Handlungsbedarfen und Positivbeispielen.<h2>Chancengleichheit und Diversität in der Chemie</h2>In der Chemie ist die Relevanz von Gleichstellung und Diversity bereits angekommen. Verbände wie RSC, ACS und VAA, Fachzeitschriften wie Chemistry World sowie Firmen wie Siemens beschreiben den Nutzen von Inklusion und Diversity und warnen vor (Mehrfach-)Diskriminierungen wie Sexismus, Rassismus, Altersdiskriminierung. Die meisten Beispiele sind allerdings international. Wenn die Chemie in Deutschland mithalten möchte, müsste sie sich diesen internationalen Standards anpassen.Wir haben gemeinsam im Workshop überlegt, welche Strategien Internationalität, Nachhaltigkeit und Diversity in die Chemie als Wissenschaft und Industriezweige bringen. Damit Nachwuchskräfte, also Chemiestudierende dies bereits unterstützen können, braucht es auch alternative und innovative Bildungsformate, Ausbildungswege und Berufsideen.<h2>Das Geschlecht der Wissenschaften</h2>Historisch ist die Wissenschaft überwiegend von Männern besetzt. Ungleiche Bildungszugänge sowie das Verschweigen wissenschaftlicher Leistungen und technischer Erfindungen verstärken das geschlechtliche Ungleichgewicht. So wurden Frauen lange Zeit aus der Akademie ausgeschlossen und ihre Beiträge oft weniger ernst genommen. Unsichtbarkeiten anderer Geschlechtsidentitäten verstärken Rollenbilder und Erwartungen und schreiben die derzeitige Sicht der Forschung fest. Eine weitere ungerechte Hürde ist das Cooling-out in der wissenschaftlichen Karriere. Wenngleich sich deutsche Universitäten seit der Zulassung weiblicher Studierender vor über 100 Jahren grundlegend verändert haben und der Frauenanteil im wissenschaftlichen Personal kontinuierlich ansteigt, sind Frauen in entscheidungsmächtigen Positionen auch heute noch systematisch unterrepräsentiert. Obwohl mehr Mädchen als Jungen Abitur machen, dünnt sich der Frauenanteil häufig im Laufe der Karriere aus. Dem gilt es entgegenzuwirken.<h2>Mint-Fächer</h2>Das Phänomen der ungleichen Geschlechterverteilung ist weder auf unterschiedliche intellektuelle Ausstattung noch auf andere typische Fähigkeiten zurückzuführen. Deutlich wird aber auch, dass das Doing Gender in anderen europäischen Ländern unterschiedlich ausfällt: Wenn es um den Frauenanteil in Mint-Fächern geht, bildet Deutschland mit Malta das Schlusslicht. Vorbilder für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis beim wissenschaftlichen Personal: Portugal, Island und Schweden.Es ist ein neuer Rekord: Unternehmen in Deutschland hätten im Herbst weitere 496 200 Menschen mit naturwissenschaftlich-technischer Ausbildung einstellen wollen. Doch diese sind auf dem Arbeitsmarkt schwerer denn je zu finden. Viel zu wenige möchten mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer studieren. Aber nicht, wenn es um das Fach Chemie geht. Ein Drittel bis die Hälfte der Chemiestudierenden ist weiblich.<h2>Grüne Chemie</h2>Das Konzept der Grünen Chemie (Green Chemistry) ist ein revolutionärer Ansatz zur Herstellung neuer Chemikalien und Materialien. Es ist eine Wissenschaft, die darauf abzielt, die Verwendung und/ oder Erzeugung gefährlicher Substanzen in der Forschungs- und Entwicklungsphase der Chemikalien zu reduzieren oder zu eliminieren. Es erfordert eine erfinderische und interdisziplinäre Sicht auf Material- und Produktdesign und deren Herstellung. Grüne Chemie folgt dem Grundsatz, dass es besser ist, Abfall zu vermeiden während der Forschungs- und Entwicklungsphase als Abfall nach der Entwicklung eines Prozesses oder Materials zu entsorgen oder zu behandeln (nachhaltiges Kreislaufprinzip). Es gibt die zwölf Prinzipien der Grünen Chemie, die von Paul T. Anastas und John C. Warner begründet wurden, damit in Zukunft ressourcenschonende Produktionsverfahren wettbewerbsfähig und kostengünstig eingesetzt werden können.Grüne-Chemie-Konzepte sowie Innovationen in der Chemie bieten der chemischen Industrie unglaubliche Wachstums- und Wettbewerbsvorteile. Dies liegt daran, dass derzeit ein erheblicher Mangel an umweltfreundlichen Technologien besteht. Außerdem sparen Unternehmen auch Geld: Wenn gefährliche Stoffe aus Materialien und Prozessen entfernt werden, werden auch alle mit Gefahren verbundenen Kosten minimiert, etwa im Zusammenhang mit Handhabung, Transport, Entsorgung und Einhaltung von Vorschriften.Es gibt viele Unternehmen, die neue Konzepte sowie Lösungen für die chemische Industrie entwickeln: Grüne-Chemie- und Digitale-Chemie-Startups. Statt nur an einer Stufe der komplexen chemischen Wertschöpfungskette anzusetzen, nehmen sie sich die gesamte vor. Durch ihre innovativen Lösungen, wie nachhaltige katalytische Verfahren, neue Materialien, digitale Anwendungen, Synthesen in wässrigen Lösungssystemen uvm. unterstützen sie so die Transformation der chemischen Industrie (Chemiewende). Die Entwicklung neuer Techniken, die Effizienz von Produktionsprozessen zu steigern und die Wertschöpfungskette Richtung nachhaltiger Kreislaufwirtschaft umzugestalten ist ein Schwerpunkt dieses Transformationsprozesses. Diese neuen strategischen sowie strukturellen Herausforderungen sorgen für ein neues Selbstverständnis sowie ein Umdenken in der Chemie.Der Workshop „Karriere outside the box“ schärfte den Blick für das Einbringen von Nachhaltigkeitsgedanken in die Chemie und gab einen Überblick zu neuen Karrieremöglichkeiten für ChemikerInnen.Marie Westphal, Sabrina Saase

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Umdenken in der Chemie

Karrierewege sowohl in Unternehmen als auch in Universitäten folgen immer weniger klassischen Mustern. Darauf gilt es sich einzustellen und mitzugestalten. Klassische Karrierewege werden durch die Digitalisierung und die gesellschaftliche Forderung, Ressourcen effizient und umweltschonend zu nutz...

Warum schreiben so wenige Chemiker Bücher? Dieser Frage ging ein Workshop der GDCh nach.
Zehn Prozent aller wissenschaftlichen Veröffentlichungen in Zeitschriften sind der Chemie zuzurechnen, in wissenschaftlichen Büchern gilt dies nur für drei Prozent. Bei einem GDCh-Workshop in Frankfurt am Main trafen sich Teilnehmer aus Verlagen, Wissenschaften und Bibliotheken und erörterten die Frage, warum in der Chemie das Bücherschreiben im Vergleich zum Veröffentlichen in Fachjournalen unpopulär ist.Die Diskutierenden stellten zunächst fest, dass die gefühlte Wahrnehmung (typischer O-Ton: „Bücher sind doch sowieso ein Auslaufmodell“) nicht der Realität entspricht. So zeigte Niels Peter Thomas, Managing Director Books bei Springer Nature, mit Daten aus dem eigenen Haus, dass die Büchernutzung zunimmt – auch die Chemie ist hier keine Ausnahme.Eva Wille, Executive Director bei Wiley-VCH, hält den Nutzen von Büchern in der Chemie für größer, als den Chemikern bewusst sei: „Die Informationsdichte und damit die Wertigkeit der Bücher übertrifft die von Zeitschriftenartikeln. Bücher werden mehr und ausführlicher zitiert, als es Wissenschaftler und Dozenten annehmen.“ Allerdings würden neuartige Buchkonzepte, beispielsweise interaktive eLearning-Angebote wie WileyPlus mit Lernkontrolle für Studierende, in Deutschland bisher kaum angenommen.Dass Bücher es bei der Zitierhäufigkeit mit Zeitschriften aufnehmen können, belegte Niels Peter Thomas durch Full-text-Chapter-Downloads, die Springer Nature über die Plattform Bookmetrix ermittelt. Wäre das Chemie-e-Book-Paket von Springer Nature ein Journal, hätte es einen 5-Jahres-Impact-Factor von 5,79.Allerdings ist die Metrisierung nach Impact Factor für Bücher immer noch unüblich, obwohl es auch Metrisierungsverfahren speziell für Bücher gibt. Diese fehlende Metrisierung, so hielt die Diskussionsrunde fest, ist einer der Gründe, warum die Veröffentlichung im Buch gegenüber dem Fachjournal als zweitrangig gilt.Auch werden Bücher oft als weniger aktuell als Zeitschriftenartikel wahrgenommen. Manche Gutachter empfinden deshalb das Zitieren von Büchern in wissenschaftlichen Artikeln als unangemessen.Die Diskussionsteilnehmer besprachen, ob und wie unabhängige Bewertungen von oder persönliche Empfehlungen für Bücher durch die GDCh initiiert und gefördert werden könnten. Nach GDCh-Geschäftsführer Wolfram Koch müssten dafür mehrere unabhängige Bewertungskommissionen gegründet werden.Insbesondere den Teilnehmern des Workshops aus Akademia und Verlagen war die Frage wichtig, wie sich die Qualität von Mehrautorenwerken sichern lässt – also mit Kapiteln, die verschiedene Autoren unabhängig voneinander schreiben. Kompetente Gutachter für Zeitschriftenartikel, Buch- und auch Forschungsprojekte sind aufgrund des damit verbundenen Zeitaufwands nicht immer einfach zu finden. Im Gegensatz zu Zeitschriften ist bei Büchern zudem die Autorensuche aufwendiger und der redaktionelle Betreuungsprozess komplexer.Um Büchern und vor allem auch dem Verfassen von Büchern mehr Sichtbarkeit zu geben, wurde angeregt, in den Nachrichten aus der Chemie über neue Bücher zu informieren, die von GDCh-Mitgliedern verfasst oder herausgegeben werden. Fachgesellschaften wie die GDCh könnten zudem mit einem Preis Autoren oder Herausgeber für ihre Tätigkeit würdigen. Ziel solcher Aktionen sollte sein, den Wert des Bücherschreibens für die nachhaltige und qualitativ hochwertige Lehre und Reflexion der Forschung herauszustellen.Eine einzige Antwort auf die Frage, warum das Bücherschreiben in der Chemie so wenig populär ist, gibt es wohl nicht – so das Fazit des Workshops. Wie die Diskussionsbeiträge zeigten, wirken verschiedene Aspekte zusammen. Eine Fortsetzung der Diskussion ist geplant.Christian Remenyi

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