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Mechanisches vor chemischem Recycling | Eine gemeinsame Kreislaufwirtschaftsstrategie haben der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft, der Verband der Kunststoffhersteller und der Verband der chemischen Industrie veröffentlicht. Die Verbände priorisieren mechanisches Recycling, lehnen chemisches Recycling aber nicht ab.Zum PDF: <a href="https://t1p.de/715ml" target="_blank">t1p.de/715ml</a>Keine Erholung fürs Geschäft | In der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind im zweiten Quartal Produktion, Kapazitätsauslastung, Preise und Umsatz gesunken. Die Unternehmen rechnen mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage. Bei rückläufigen Preisen wird der Branchenumsatz in diesem Jahr voraussichtlich um 14 Prozent sinken, schätzt der Verband der chemischen Industrie. JWHandel | 35 Chemikalien hat die Europäische Kommission den 260 Substanzen hinzugefügt, über deren Einfuhr Exporteure ein Land informieren müssen (prior informed consent, PIC, Nachr. Chem. 2023, 71(9), 48). Der PIC-Anhang I enthält nun 27 Pestizide und 8 Industriechemikalien mehr. Zusätzlich zur Exportbenachrichtigung benötigen die meisten dieser Stoffe die Zustimmung des Einfuhrlands.Maren Bulmahn

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Von Recycling, Geschäft und Handel

Mechanisches vor chemischem Recycling | Eine gemeinsame Kreislaufwirtschaftsstrategie haben der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft, der Verband der Kunststoffhersteller und der Verband der chemischen Industrie veröffentlicht. Die Verbände priorisieren mechan...

Für mehr Nachhaltigkeit und Recycling sorgen im Alltag Mehrwegverpackungen für Lebensmittel oder plastikfreie Kleidung. In Labors geht es nicht immer ohne Einwegkunststoffe. Aber es gibt Möglichkeiten, deren Menge klein zu halten.Von 1950 bis 2021 ist die Produktion von Kunststoffen von etwa 1,5 auf 390,7 Millionen Tonnen gestiegen.1) Kunststoffabfälle brauchen jedoch Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte, um sich zu zersetzen – sie sammeln sich daher in der Umwelt und beeinflussen diese negativ.2)In Forschungslabors entstehen schätzungsweise 5,5 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr; ein experimentell arbeitender Wissenschaftler erzeugt etwa 15-mal mehr Plastikmüll als eine Durchschnittsperson.3) Kunststoffe gelten in vielen Laboratorien als unersetzbar, aber ist das der Fall?Wir als Forscher sollten, wie wir es auch im täglichen Leben tun, stärker hinterfragen, wo wir an Kunststoffen sparen können. Bislang beschäftigen sich nur wenige Wissenschaftler mit diesem Thema. Wenn man genau hinschaut, wie Kunststoffe in chemischen Labors verwendet werden, zeigt sich oft: Mit etwas Aufwand lässt sich eine nachhaltigere Lösung finden.<h2 type="main">Exemplarische Betrachtung</h2>Unser kolloidchemisches Labor mit fünf bis sieben Mitarbeitenden füllt etwa alle zwei Monate eine 50-Liter-Tonne mit Plastikmüll (<link href="#nadc20234137780-fig-0001">Fotos oben). Das sind ungefähr 10 Kilogramm, also zirka 50 Liter pro Person und Jahr. In vielen biologischen, medizinischen oder landwirtschaftlichen Labors entstehen 1000 Kilogramm Plastikmüll pro Person und Jahr.4)<figure xml:id="nadc20234137780-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/XSji9cl0Q3qlQwloovee"><figcaption><label>Abb.1: </label>Die Menge Plastikmüll, die in sieben Tagen (links) und in zwei Monaten (rechts) im Labor der Autor:innen anfällt.</figcaption></figure></figure>In diesem Plastikmüll finden sich am häufigsten: Kunststoffspatel, Nitrilhandschuhe, Zentrifugenröhrchen, Pasteurpipetten, Spritzen, Pipettenspitzen und Eppendorf-Tubes (<link href="#nadc20234137780-fig-0002">Fotos rechts). Jeder dieser Gegenstände hat eigene Vorteile und Verwendungsgründe.<figure xml:id="nadc20234137780-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/FEG8newZQzC9pyZpLG9A"><figcaption><label>Abb.2: </label>Häufig verwendete Einmalplastikartikel in unserem Labor. A) Handschuhe, B) Pipettenspitzen, C) Eppendorf-Tubes, D) Zentrifugenröhrchen, E) Plastikspatel, -pipetten und -spritzen.</figcaption></figure></figure>Diese Utensilien zu ersetzen ist aufwändig. Aber ihre Verwendung lässt sich reduzieren, häufig lassen sie sich wiederverwenden und recyceln, und auch Alternativen lassen sich finden.<h2 type="main">Nitrilhandschuhe</h2>Nitrilhandschuhe bestehen in der Regel aus synthetischem Nitril-Butadien-Kautschuk (NBR). Sie schützen sowohl die Hände vor Chemikalien und Krankheitserregern als auch Proben vor Kontamination. Labors, in denen das Kontaminationsrisiko überschaubar ist, könnten die Handschuhe mehrfach nutzen – insbesondere beim Reinigen von Bechergläsern und Geräten.Einweghandschuhe lassen sich meistens nicht durch wiederverwendbare Artikel ersetzen. Deshalb wird versucht, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern.So nahm im Jahr 2018 die School of Chemistry der Universität Edinburgh als erste europäische Universität am Kimberly-Clark-Programm teil. Dieses ermöglichte es, im Jahr 2019 mehr als 1 Million Einweg-Nitrilhandschuhe zu recyceln. Wie eine Studie zeigt, sind die Umweltauswirkungen des Handschuhs kleiner, wenn sie pulverbeschichtet sind statt chloriert.5)<h2 type="main">Pipettenspitzen</h2>Pipettenspitzen bestehen aus Polypropylen (PP) und dienen dazu, kleinste Probenmengen präzise zu messen und abzugeben. Hier ist uns keine wiederverwendbare Alternative bekannt. Aber eine sorgfältige Versuchsplanung kann die Zahl erforderlicher Pipettenspitzen reduzieren.Eine Reduktion des Abfallvolumens ist auch möglich, indem die kleinstmögliche Pipettenspitze genutzt wird-– beispielsweise für das Pipettieren von 100 μL die gelbe Spitze (10–200 μL) und nicht die blaue (100–1000 μL). Mit 0,3397 g wiegt die gelbe Variante nur etwa 51 Prozent der größeren blauen Alternative (0,6610 g).Besonders leicht umsetzbar ist, Pipettenspitzen in wiederbefüllbaren Boxen aufzubewahren. Denn damit müssen nicht jedes Mal, wenn Spitzen benötigt werden, neue Boxen entsorgt werden.6)Vor allem für den Einsatz in biologischen Labors werden Methoden entwickelt, um Pipettenspitzen zu reinigen, zu sterilisieren und sie so wiederverwendbar zu machen: Einige Kombinationen von Reinigung und Sterilisation ermöglichen, die Spitzen bis zu 25 oder sogar 40 mal wiederzuverwenden.6) Allerdings ist diese Alternative noch nicht weit verbreitet.<h2 type="main">Zentrifugenröhrchen und Eppendorf-Tubes</h2>Zentrifugenröhrchen bestehen aus Materialien wie Polypropylen (PP), Polystyrol (PS) oder anderen hochbelastbaren Polymeren. Sie dienen dazu, zentrifugierbare Substanzen zu reinigen und zu trennen. Hier gibt es für bestimmte Lagerungsanwendungen Alternativen aus Glas. Doch diese sind nicht immer zu verwenden, etwa mit HF oder bei der Vorbereitung natriumempfindlicher Proben. Für die Hochgeschwindigkeitszentrifugation sind meist polymere Werkstoffe nötig, da andere Materialien den hohen Kräften oft nicht standhalten. Die Menge an Kunststoffgefäßen lässt sich durch eine detaillierte Experimentplanung reduzieren. Besonders attraktiv ist dabei, dass das Verwenden weniger Materials normalerweise Kosten spart.Kürzlich hat Eppendorf eine neue Generation von Schraubdeckel-Zentrifugenröhrchen entwickelt, die 5, 15, 25 und 50 mL fassen. Sie bestehen aus Polypropylen, das aus wiederverwendeten Rohstoffen hergestellt wird.7)Eppendorf-Tubes aus Polypropylen (PP) dienen häufig zum Zentrifugieren kleiner Probenmengen und als Lagerbehälter. Für die Zentrifuge gibt es nur wenige Alternativen. Aber um kleine Probenmengen zu lagern, eignen sich kleine Glasflaschen.<h2 type="main">Kunststoffspatel, Pasteurpipetten und Spritzen</h2>Kunststoffspatel werden aus unbehandeltem Polypropylen (PP) hergestellt. Sie sollen eine Kreuzkontamination von Chemikalienbehältern vermeiden. Stattdessen eignet sich fast immer ein Metallspatel, der nach jedem Gebrauch sorgfältig zu reinigen ist.Pasteurpipetten bestehen aus Polyethylen (PE) und dienen dazu, Substanzen zu entnehmen. Sie lassen sich durch Glaspipetten ersetzen. Die können zwar brechen, sind aber sonst ebenso handhabbar. Welche der beiden Optionen nachhaltiger ist, wird unter verschiedenen Gesichtspunkten (CO2-Abdruck bei der Herstellung und während des Transports, anfallender Müll) debattiert. In jedem Fall sollte der Pipettenverbrauch reduziert werden wo immer möglich.In unserem Labor befestigen wir eine Pasteurpipette an der Seite jeder Lösungsmittelflasche (<link href="#nadc20234137780-fig-0003">Foto rechts). Zwar besteht hier ein gewisses Kontaminationsrisiko. Das lässt sich aber durch eine achtsame Arbeitsweise minimieren.<figure xml:id="nadc20234137780-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/5a59zzPvTtmtQnn9znpe"><figcaption><label>Abb.3: </label>Pasteurpipetten an Lösungsmittelflaschen: Sind sie fest installiert, nutzt man sie mehrfach und wirft sie nicht nach dem ersten Benutzen in den Müll.</figcaption></figure></figure>Spritzen bestehen aus Polypropylen und werden ebenfalls zur Entnahme einer kleinen Probenmenge verwendet. Hier sind Glasspritzen oft eine Alternative, aber nicht immer, da sie undicht werden können.Nicht alle in Laboratorien verwendeten Kunststoffe lassen sich also durch nachhaltigere Alternativen ersetzen. Der Hauptgedanke bei der Handhabung von Kunststoffabfällen in Laboratorien ist nach wie vor das 4R-Prinzip (Reduce, Reuse, Recycle, Rethink – siehe Kasten).<h2 type="main">INFO: Vier Rs für weniger Plastikmüll</h2>Reduce: Für Experimente kleine Vorratsbehälter und die kleinsten Pipettenspitzen nutzen. Beim Einkauf nachhaltige Produkte und Verpackungsalternativen wählen, im Bulk bestellen und Verpackungen sparen. Nutzen Sie Glas-, Keramik- oder Metallgegenstände, wann immer möglich.Reuse: Gegenstände während eines Versuchs mehrfach nutzen, zum Beispiel beim Verdünnen von Pufferlösungen mit der gleichen Pipette erst Wasser und dann Puffer pipettieren. Einwegplastikartikel lassen sich begrenzte Zeit mehrfach nutzen, etwa eine Spritze an einer Lösemittelflasche. Einwegplastik ist waschbar.Recycle: Recycelbare Kunststoffe wie HDPE oder PET getrennt sammeln von nichtrecycelbaren wie Polycarbonat. Kontaminiertes Plastik vor dem Wegwerfen reinigen. Verpackungen in den Recyclingmüll, nicht in den Laborabfall. Informieren Sie sich über Recycling- und Rücknahmeprogramme.Rethink: Achten Sie im Labor auf nachhaltige Alternativen und Optionen, gehen Sie wertschätzend mit der Umwelt um. Ein Austausch mit anderen Forschungsgruppen liefert Ideen und verbreite(r)t das Wissen.<h2 type="main">Recycling</h2>Um die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten, sollten die unersetzbaren Kunststoffe richtig recycelt werden. Verschiedene Kunststoffe sind in unterschiedlichem Maß recycelbar. PETE (oder PET) und HDPE sind die am häufigsten recycelten Kunststoffe; Polycarbonat oder andere Duroplaste lassen sich nicht rezyklieren.Das Recycling chemisch kontaminierter Gegenstände ist schwierig, denn Chemikalien lassen sich meist nicht einfach abwaschen. Daher sind sauberer und kontaminierter Kunststoff zu trennen. Das reduziert die Menge des deponierten Abfalls, etwa indem Verpackungsmaterialien nicht in den Laborabfall gelangen.Im Rahmen eines Recyclingprogramms bieten zum Beispiel VWR und Terra Cycle eine integrierte Lösung, gebrauchte Labormaterialien zu sammeln, zu transportieren und zu recyceln.8,9) Hier fehlt es Instituten allerdings oft an Ressourcen, die ermöglichen, solche Recyclingprogramme zu implementieren. Denn Transport und Lagerung sind vom Anwender zu zahlen; die Produkte der teilnehmenden Marken sind etwas teurer, und es gibt nicht immer genug Personal, das den Abtransport organisiert.Im Jahr 2022 haben, getrieben von hohen Stromkosten, viele Universitäten Programme zum Energiesparen implementiert und strikt durchgesetzt. Finanzielle Anreize führen also zu Verhaltensänderungen. Das heißt: So lange virgin plastic noch kostengünstiger ist als recycelte Varianten, müssen wir aktiv und bewusst versuchen, im Labor verantwortungsbewusst mit Plastikgegenständen umzugehen.<h2 type="main">Die Autoren</h2>Diesen Beitrag verfassten Purnesh Chattopadhyay, Stella Bodiguel und Juliane Simmchen. Chattopadhyay hat 2023 an der TU Dresden bei Simmchen zu Umweltanwendungen von aktiver Materie promoviert. Bodiguel arbeitet im Jahr 2023 als Sommerstudentin an einer auf Mikromotoren basierenden Lösung für das Mikroplastikproblem. Simmchen ist Dozentin für Materialchemie an der Universität von Strathclyde und Gruppenleiterin in Dresden. Ihre Forschungsschwerpunkte sind kolloidale aktive Materialien, insbesondere Umweltanwendungen und Biohybride.<ul class="references" cited="no" xml:id="nadc20234137780-bibl-0001" style="numbered"><li xml:id="nadc20234137780-bib-0001">1 PlasticsEurope. Plastics—the facts 2022.</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0002">2 Mariah Hughes: How long it takes everyday items to decompose. The Waste Management &amp; Recycling Blog, 2022</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0003">3 Savannah Marshall: Research laboratories brought plastic into this world; now can they do their part to take it out? Lions Talk Science, 2022</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0004">4 M. A. Urbina, A. J. R. Watts, E. E. Reardon, Nature 2015, 528(7583), 479–479</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0005">5 S. Patrawoot, T. Tran, M. Arunchaiya et al., SPE Polymers 2021, 2(3), 179–190</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0006">6 Laura Howes. Can laboratories move away from single-use plastic?, 2019</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0007">7 Sustainability for tubes and plates. Eppendorf SE, 2023</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0008">8 TerraCycle US LLC. Pipet tip box recycling program, terracycle®. VWR International, LLC., 2023</li><li xml:id="nadc20234137780-bib-0009">9 Terracycle zero waste box. TerraCycle US LLC., 2023</li></ul>

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