Industrie + Technik

Produkte aus recyceltem Kunststoff, Mauerwerk oder organischen Photozellen erhielten einen der 14 Ecodesign-Preise 2022.Der Bundespreis Ecodesign ist die höchste staatliche Auszeichnung für ökologisches Design in Deutschland. Das Bundesumweltministerium, das Umweltbundesamt und das Internationale Design Zentrum Berlin verleihen den Preis für besonders nachhaltig und intelligent gestaltete Produkte in verschiedenen Kategorien.Zu den ausgezeichneten Produkten gehört der recycelbare Bürohocker Flex Perch der Firma Steelcase aus München (<link href="#nadc20234133763-fig-0001">Foto). Der Stehhocker ist den Angaben zufolge das weltweit erste Möbelstück aus Kunststoff eines BASF-Projekts zum chemischen Recycling (Chemcycling). Der Rohstoff stammt aus einem Abfallstrom der Elektronikproduktion.<figure xml:id="nadc20234133763-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/hVBrY64hS2yiF9pY2fjV"><figcaption><label>Abb.1: </label>Stehhocker mit Kunststoff aus dem Chemcycling-Projekt von BASF. Foto: IDZ | Steelcase</figcaption></figure></figure>Ebenfalls für ein Sitzmöbel erhielt das niederländische Unternehmen Circuform in der Kategorie Service den Ecodesignpreis. Der Stuhl Rex aus recycelten Industrieabfällen wie Bürostuhlteilen, Fischernetzen oder Teppichen lässt sich ausleihen und an örtlichen Sammelstellen wieder abgeben. Rex sei wiederverwendbar und reparierfähig, das Sammelsystem mache ihn für Verbraucher:innen attraktiv.<h2 type="main">Kategorie Nachwuchs</h2>Die Industriedesignerin Hélène Fontaine, Kunsthochschule Halle, gewann mit Gewächshausfolien für 2harvest aus den Niederlanden. Sie integrierte organische Photovoltaikzellen in PET-Folie.Maren Klamser, Universität Weimar, siegte mit 5 Tons: Aus einem recyclingfähigen Feststoff aus Ziegelmehl von Mauerwerksbruch und rezyklierter Gesteinskörnung aus mineralischem Bauschutt entstand ein Trockenstapelsystem für Mauersteine. Die Form der Steine mache Mörtel überflüssig.Sascha Greilinger, Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg, hat die App Peakpick entwickelt. Der Kalender für grünen Strom soll helfen, den Verbrauch an die Erzeugung durch Wind- und Solaranlagen anzupassen.Milan Bergheim, Kunsthochschule Berlin, hat zwei Programme entwickelt, um den CO2-Ausstoß deutscher Moore zu verringern. Sie koordinieren das Wiedervernässen und erstellen einen digitalen Zwilling. MB

Ecodesign

Von Sitzmöbeln und Folien

Produkte aus recyceltem Kunststoff, Mauerwerk oder organischen Photozellen erhielten einen der 14 Ecodesign-Preise 2022.Der Bundespreis Ecodesign ist die höchste staatliche Auszeichnung für ökologisches Design in Deutschland. Das Bundesumweltministerium, das Umweltbundesamt und das Internationale...

Der Wirtschaftschemiker

Ende Oktober bin ich mit meinen Studierenden der angewandten Polymerwissenschaften an der Fachhochschule Aachen über die Kunststoffmesse K2022 gegangen. In einem Jahr kommen sie mit dem Masterabschluss auf den Arbeitsmarkt. Kunststoffmaschinenhersteller haben sie warm empfangen. Die Chemieindustrie hat ihnen eher die kalte Schulter gezeigt. Ein Chemiestudium dauert lange: Wer heute das Kaltwasser aufdreht, wird in fünf bis acht Jahren kalt duschen – im übertragenen Sinn entscheiden heutige Signale über die Fachkräfteverfügbarkeit am Ende des Jahrzehnts.Entscheiden die jungen Menschen über die Zukunft unserer Industrie in Deutschland? Die Zahl der Erstsemester in Natur- und Ingenieurwissenschaften ist in den letzten drei Jahren stabil geblieben.1) Die Chemie verliert fünf Prozent, bei Physik, Maschinenbau und Mathematik sind es sieben bis neun Prozent. Dagegen wachsen die Zahlen in Bauwesen und Informatik. Die Megatrends „Digitalisierung“ und „Globalisierung“ wirken bei der Studienentscheidung. Die GDCh-Statistik zeigt die Globalisierung durch Zunahme Studierender aus dem Ausland.Die Begeisterung für gemeinsames Experimentieren sinkt in den Schulen, die Regelungsdichte nimmt zu. Die Begeisterung für gemeinsames Spielen und Arbeiten am Computer steigt, in der Ausbildung wie in Unternehmen. Rethinking Chemistry findet gerade statt, vom Geschäftsführer bis zum Erstsemester.Software und Informatik werden in der Chemie wichtiger: Material- und Wirkstoffeigenschaften werden simuliert; Data Science versucht, riesige inkonsistente Datenbestände auszuwerten. Die Biologie hat mit Studiengängen „Bioinformatik“ reagiert. Die GDCh ist da an der gemeinsamen Fachgruppe beteiligt. Einen Studiengang für Chemieinformatik habe ich nur in Hamburg gefunden.Wenn man früher für eine Entwicklung vier Chemiker und Chemikerinnen brauchte, werden die Aufgaben in Zukunft von einem Team aus drei Chemikern mit einer (Chemie-)Informatikerin gelöst? Wie viele davon haben ihr erstes Semester nicht in Deutschland absolviert? Die Diversität bei den Qualifikationen nimmt zu. Darauf müssen wir uns einstellen, wenn wir Chemie neu denken. Wir werden in der Chemieausbildung nicht darum herumkommen, neue Produkte (Studiengänge) mit neuen Marken (Branding) maßgeschneidert auf unsere Zielgruppen – die 16- bis 18-Jährigen – zu entwickeln. Bei Chemieprodukten ist das normal. Die M+A-Statistiken zeigen, dass das auch für Unternehmen und Geschäftsbereiche normal ist. Meine Besuche vor allem an Fachhochschulen zeigen: Auch diese machen sich auf den Weg.Rolf Albach leitet Polyurethanprojekte bei Covestro. Zudem lehrt der promovierte Chemiker mit einem Master of Business Administration an der Fachhochschule Aachen. Der Vorstandsvorsitzende der GDCh-Vereinigung Chemie und Wirtschaft führt mit dieser Kolumne im Wechsel mit Hannes Utikal durch die Welt der Wirtschaftschemie.

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