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Kurioses, Erstaunliches, &Uuml;berraschendes &mdash; was vor 50 Jahren in den &bdquo;Nachrichten aus der Chemie&ldquo; stand, die damals noch &bdquo;Nachrichten aus Chemie und Technik&ldquo; hie&szlig;en.

Vor 50 Jahren

<h2>Oktober 1969</h2>Unter „Flavomycin – ein neues Antibioticum für die Tierernährung“ berichten die Nachrichten aus Chemie und Technik in ihrem ersten Oktoberheft:<div><img src="https://media.graphcms.com/ayfACppQ7eUqtHr1hTD2">

</div>Und es hieß weiter: „Je breiter die Anwendung dieser Antibiotica ist, um so größer ist die Gefahr, dass sie unwirksam werden.“ Daher wurde schon damals gefordert,<div><img src="https://media.graphcms.com/B93xoznBSumXpM8v7cJw">

</div>Die Farbwerke Hoechst hatten damals Flavomycin als Futterzusatzstoff entwickelt, der keine der genannten Nachteile in der Tiermast haben sollte. Der Stoff ist übrigens noch heute auf dem Markt, Hersteller ist das bulgarische Unternehmen Huvepharma. Landwirte in der EU dürften Flavomycin seit dem Jahr 2006 allerdings nicht mehr verfüttern.

Meldung

Oktober 1969Unter „Flavomycin – ein neues Antibioticum für die Tierernährung“ berichten die Nachrichten aus Chemie und Technik in ihrem ersten Oktoberheft: Und es hieß weiter: „Je breiter die Anwendung dieser Antibiotica ist, um so größer ist die Gefahr, dass sie unwirksam werden.“ Daher wurde s...

Wenn Chemiefirmen und Forschungsinstitute ihre Keller ausräumen, sieht Rainer Friedrich genauer hin und rettet Nützliches und Schönes. Inzwischen füllt seine Sammlung jahrzehnte- bis jahrhundertealter Laborgeräte mehrere Container.
Nachrichten aus der Chemie: Sie sammeln historische Laborausstattung. Wie haben Sie damit angefangen?Rainer Friedrich: Mit 14 Jahren habe ich den Kosmos-Kasten weggetan und mir gesagt: „Jetzt beschäftigst du dich mit vernünftiger Chemie“ und angefangen, mir Sachen zu kaufen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/3ZPf7IRTpWso8cMxT8oq"><figcaption><label>Abb. 1: </label>„Ganze, komplett funktionierende Arbeitsplätze aufzubauen, ist Sinn und Zweck meiner Sammlung.“ – der Laborgerätesammler und -spezialist Rainer Friedrich. Foto: Frauke Zbikowski</figcaption></figure>
Ursprünglich haben Sie die Geräte gesammelt, um damit selber zu experimentieren?Ja. Damals in den 80ern gab es eine Drogerie in Tegel, die Chemikalien verkaufte, und eine andere kleine Drogerie, die Glasrohre, Kolben, Gummistopfen und sowas hatte. Das meiste ist vom Flohmarkt. Flohmärkte hatten wir schon immer einige in Berlin.Haben Sie alles kaufen müssen?Nein. Nach meiner Ausbildung zum Chemisch-technischen Assistenten fing ich bei einem Labor an, dem kurze Zeit später die Betriebsgenehmigung entzogen wurde. Von dem habe ich einige alte Sachen abgestaubt. Danach habe ich in der Versuchs- und Lehranstalt für Spiritusfabrikation und Fermentationstechnologie gearbeitet. Als die insolvent war, habe ich gesichert, was zu sichern war. Als die Begatec, ein Berliner Glas- und Messtechnikunternehen, umzog, erzählte mir ein Glasbläser davon, und ich durfte den Keller ausräumen. Überall wurde ständig Kram weggeschmissen. Alles, was mir interessant oder brauchbar erschien, habe ich zur Seite gelegt.Wie haben Sie die Geräte ausgewählt?Das ist das große Problem meiner Sammlung: Ich musste oft ganz viel mitnehmen, um an die interessanten Stücke heranzukommen.Sie können nicht alles sammeln. Welche Geräte lassen Sie gleich stehen?Ich sammele grundsätzlich keine Waagen, Mikroskope, Mörser und Fayencen. Das überlasse ich Leuten mit Geld und solchen, die einen Schrank voll Messing haben möchten. Selbstverständlich habe ich ein paar ausgewählte Stücke. Aber alte Vollpipetten, so von 1870, die geeicht sind, nehme ich mit. Wenn sie aus den 1950er oder 60er Jahren sind, gebe ich sie an die Lise-Meitner Schule weiter, eine Oberstufenschule mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt und Berufsausbildung.Was gefällt Ihnen an alten Laborgeräten?Die alten Sachen besitzen viel mehr Ausstrahlung, Flair und Schönheit als die heutigen Geräte, allein wegen der Formgestaltung und Handwerkskunst. In der Ausstellung über Carl Remigius Fresenius in Wiesbaden Anfang des Jahres war ein Trichter aus meiner Sammlung. Der war leicht lila und hatte innendrin facettiertes Glas, weil eine Glashütte den aus einem einem facettierten Rohr hergestellt hatte. Solche Dinge findet man in keinem Katalog für Laborbedarf. Zu der Zeit als der Trichter hergestellt wurde, waren solche Kataloge rar. Die gab es ungefähr ab dem Jahr 1730.Wie alt ist das ältestes Stück in Ihrer Sammlung?Das kann ich nur schätzen. Ich habe eine Retorte und eine Auffangflasche dafür. Die Auffangflasche muss von etwa 1720 sein, die Retorte selbst ist etwas neuer.Das geht schon sehr weit zurück.Die Retorte ist aus grünem Thüringer Waldglas. Anhand der Verarbeitung und der Quelle vermute ich, dass sie so alt ist.Wo haben Sie die gefunden?Auf dem Flohmarkt.Ich finde es erstaunlich, dass so ein Glasgerät so lange hält.Es übersteht die Zeit, wenn es nicht benutzt wird. Manche Sachen lagen immer nur in der Ecke, Zeug, mit dem niemand was anfangen konnte, das aber zu hübsch war, um es wegzuschmeißen.Wenn Sie ein Stück aus einem Labor vor sich haben, wie finden Sie heraus, wie alt es ist?Bei fast allen neueren Geräten ist es gar kein Problem, auf ihnen sind Marken angebracht, an denen man das Alter erkennt. Man kann nachlesen, wann es welche Schliffgrößen gab. Ich habe Kataloge ab 1868 und weiß, wie die Sachen früher aussahen. Wenn zum Beispiel auf einem Glasteil von Schott ein grüner Stempel sitzt, der rund ist, dann ist das ganz klar, dass es aus der Zeit um 1925 herum stammt. Kurze Zeit danach kam das Duranglas auf, das mit einem Fünfeck gekennzeichnet war. Zudem gab es früher Stempel mit Herstellerangaben.Welches sind Ihre Lieblingsstücke?Ich habe keine. Oder doch. Eines ist ein Labortisch von 1886. Der war um die Medienversorgung aus eisernen Röhren aufgebaut, die gleichzeitig als Flaschenhalter dienten. Diese Rohre waren mit Le Tonkinois beschichtet, einem Klarlack auf der Basis von Leinöl und Chinaholzöl, wie ihn die französische Marine für Ankerketten verwendete.Wie haben Sie das herausgefunden?Beim Restaurieren ließ sich die Schicht mit Chemie nicht ablösen. Ich forschte dann nach einem beständigen, UV-härtenden Lack, den es zu der Zeit schon gegeben haben kann. Wenn man die Schicht heiß macht, riecht es nach den typischen Verbrennungsprodukten des Lacks, nach Leinölkochen.Was machen Sie, wenn Sie ein neues Stück für Ihre Sammlung gefunden haben?Sachen, die ich besonders schön finde, stehen meist erst mal zwei bis drei Monate in meiner Werkstatt, damit ich sie sehe und mich drüber freuen kann. Ganz selten stelle ich Stücke in die Wohnung, die sind dann klein und müssen auch meiner Frau gefallen.Es steht aber nicht die ganze Sammlung in Ihrer Werkstatt oder Ihrer Wohnung.Nein. Irgendwann hatte ich zu viel, um mir zu Hause alles an die Wand zu hängen oder ins Regal zu stellen. Dann habe ich bei Museen angefragt, ob sie die Geräte gebrauchen könnten. Viele sagten, sie würden sich zwar dafür interessieren, hätten aber keine Ahnung davon. Andere wiederum: „Labor ist Chemie, Chemie machen wir nicht.“Es hat sich kein Museum für Ihre Sammlung interessiert?Ich hatte in dem Zuge auch das Scheringianum besucht, das Informationszentrum über die Unternehmensgeschichte von Schering [bis Bayer Schering übernommen hat. Anm. der Red.]. Der damalige Leiter der Unternehmenskommunikation zeigte mir alles und fragte mich dann beim Kaffee, was ich davon halte. Ab dem Zeitpunkt unterstützte ich das Museum als freier Mitarbeiter.Sie haben also Ihre Kenntnisse zur Verfügung gestellt.Und die Geräte inventarisiert, die Chemikaliensammlung von Gefahrstoffen befreit, sodass der Rest heute ausstellbar ist. Bei einer Veranstaltung zum Jahr der Chemie verteilte Schering in den Potsdamerplatz-Arkaden ein Buch über 150 Jahre Ernst Schering und seine Reisetagebücher. Dazu gab es eine Ausstellung mit Geräten, die ich betreute. So keimte die Idee, meine Sachen zu verleihen und Ausstellungen fachlich zu beraten. Ich möchte immer noch das Ganze als Sammlung in fachkundige Hände geben, die sich angemessen darum kümmern. Aber heute macht man keine Museen mehr mit Objekten.Stücke Ihrer Sammlung waren auch Filmrequisiten. Wie kam das?Gute Frage. Eine Ausstatterin fand mich. Sie hatte wohl bei Schering von mir gehört und gefragt, ob sie bei mir alte Geräte leihen kann. Das machte die Runde. Filme ausstatten, macht aber keinen Spaß.Warum?Authentizität ist meist nicht gewünscht. Für Fakeaufbauten mit bunten Blasen im Schlangenkühler bin ich aber nicht zu haben. Und irgendwann hat eine Spedition bei einem Rücktransport von einem Set bei mir zu Hause etwas kaputt gemacht, und die Firma weigerte sich, den Schaden zu ersetzen. Danach habe ich gesagt: „Lasst mich damit in Ruhe.“ Ich bekomme zwar noch manchmal Anfragen, aber das Geld interessiert mich nicht. Ich betreibe das Ganze als Hobby. Ich häufe kein Vermögen an, aber dafür habe ich jeden Tag Dinge, über die ich mich freuen kann und die mir Spaß machen, das ist mir tausendmal wichtiger.Wann haben Sie eigentlich aufgehört, selber zu experimentieren, und stattdessen gesammelt?Gar nicht. Ich habe aufgehört, aktiv Hobbychemie zu betreiben, als meine Frau schwanger war. Als mein Sohn 16 wurde, habe ich damit wieder angefangen. Früher habe ich mich hauptsächlich mit pflanzlichen Naturstoffen beschäftigt, mit Alkaloiden, Flechtensäuren und sowas. Mit Aufkommen der LC-MS/MS erschien mir das absurd. Alleine die Vorpumpe braucht zu viel Strom. Bis die ersten präparativen oder Split-LC-MS-Geräte mit geringen Betriebskosen ausgemustert werden, dauert es wohl noch zehn Jahre.Und mit welcher Chemie beschäftigen Sie sich heute?Ein Steckenpferd von mir ist das Recyceln moderner Chromatographie- und SPE-Medien. Inzwischen bin ich in der Lage, zumindest alles, was auf Polystyroldivinylbenzol und auf Kieselgel basiert und C18 oder C8 enthält, so zu säubern, dass es hinterher mindestens genauso gut funktioniert wie vorher. Ich bin zu Hause ganz gut ausgestattet, mit GC-MS, HPLC, beschleunigter Festphasenextration.Sie sammeln nicht nur alte, sondern auch neuere Geräte?Wenn jemand eine HPLC-Ausstellung machen möchte, habe ich Chromatographen bis Mitte, Ende der 90er Jahre. Der älteste ist eine Milton-Roy-Anlage von 1981 mit Bernsteinmonitor, mechanischer Tastatur und Kassettenlaufwerk. Die funktioniert noch. Sie hat übrigens Pumpen mit unkaputtbaren Ventilen. Der Ventilsitz besteht aus geschliffener Keramik und verschleißt konstruktionsbedingt die nächsten 500 Jahre nicht.Das heißt, Sie nehmen die Geräte auch auseinander.Ja klar, ich bin Chemietechniker, nicht Denker. Ein Kollege nannte mich mal „Hausmeister der Chemie“. Ich habe viele Sachen, die ich weggetan habe, zuerst auseinandergenommen.Mit Ihren Geräten kann man arbeiten, wenn man möchte. Die Laborarbeit früher wie heute lässt sich also anhand Ihrer Sammlungsstücke nachvollziehen.Vollständige, funktionierende Laborarbeitsplätze aufzubauen, ist Sinn und Zweck meiner Sammlung. Der passende Spatel gehört dazu, das passende Reagenzglas, alles muss da sein. Im Jahr der Lebenswissenschaften habe ich mit dem Max-Delbrück-Centrum einen Arbeitsplatz zur Vorbereitung mikrobiologischer Präparate aufgebaut, inklusive Autoklavieren, Züchten, Schnitte Machen, Einbetten, Eingießen, Trocknen, Lösungen Ansetzen, mit Separationszentrifuge und Steriltrichter.Was fehlt noch in Ihrer Sammlung?Da ich inzwischen über Unmengen verfüge, suche ich tatsächlich nur noch wenige Dinge. Etwa eine Kompaktanlage aus den Anfängen der HPLC, so ab 1965 bis 1970. Eine Turbopumpe um 1930 bis 1950, die haben bei Partikeleintritt noch verheerende Schäden angerichtet. Oder eine Teilmaschine aus einer Glasbläserei zur Graduierung der Büretten und Pipetten vor 1935. Wenn ich alte Laborkataloge durchschaue, sehe ich sehr genau, was ich noch nicht habe – und vermutlich niemals finden werde.<h2>ZUR Person: Rainer Friedrich</h2>Rainer Friedrich, Jahrgang 1967, ist staatlich geprüfter Chemietechniker und arbeitet seit fast 35 Jahren im Labor, heute als Analytiker im Institut Kirchhoff Berlin. Seine Sammlung historischer Laborgeräte ergänzen insgesamt über 8000 Bücher, Kataloge, Firmenschriften und Archivmaterialien, die ältesten aus dem 18. Jahrhundert. Er hat über Laborausstattung geschrieben, Ende der 1990er Jahre Filme und Fernsehserien ausgestattet, darunter „Lola rennt“ und „Die Straßen von Berlin“, sowie immer wieder Einzelteile und ganze Laborarbeitsplätze an Ausstellungen verliehen. Stücke aus seiner Sammlung waren unter anderem im Deutschen Technikmuseum Berlin zu sehen und zuletzt Anfang 2019 in der Ausstellung über Carl Remigius Fresenius im hessischen Landesmuseum in Wiesbaden. Einige Stücke sind im Katalog abgebildet (Leo Gros, „Carl Remigius Fresenius – Vater der Analytischen Chemie“, Museum Wiesbaden, 2018, ISBN 978–3–89258–120–8). Friedrich lebt in Blankenfelde-Mahlow bei Berlin, wo er auch seine Sammlung lagert.Nachrichten-Redakteurin Frauke Zbikowski erinnert sich an den facettierten Glastrichter im hessischen Landesmuseum in Wiesbaden, der aus Rainer Friedrichs Sammlung stammt. Gerne hätte sie die ganze Sammlung gesehen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/EYS37orT56oxWNlVGDAw"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Aus der Sammlung Friedrich: Kippscher Apparat, etwa 1915. Foto: Bernd Fickert, Museum Wiesbaden</figcaption></figure>

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Vor 50 Jahren

Oktober 1969

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