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Kurioses, Erstaunliches, &Uuml;berraschendes &mdash; was vor 50 Jahren in den &bdquo;Nachrichten aus der Chemie&ldquo; stand, die damals noch &bdquo;Nachrichten aus Chemie und Technik&ldquo; hie&szlig;en.

Vor 50 Jahren

Gefunden in der ersten Februarausgabe von vor 50 Jahren – damals erschienen monatlich noch zwei Ausgaben:<div><img src="https://media.graphcms.com/Gxj344qjSDSz2R7H2O9Z">

</div>Mitglieder der GDCh können sich die alten Blauen Blätter online ansehen: Sie haben Zugriff auf sämtliche Nachrichten-Jahrgänge – bis zurück zur ersten Ausgabe der GDCh-Mitgliederzeitschrift aus dem Jahr 1953, und zwar über <a href="https://www.gdch.de/nachrichten" target="_blank">www.gdch.de/nachrichten</a> und „mygdch“.<div><img src="https://media.graphcms.com/1x6WqUi0QveqoWQf5RsP">

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Meldung

Vor 50 Jahren in den Blauen Blättern

Gefunden in der ersten Februarausgabe von vor 50 Jahren – damals erschienen monatlich noch zwei Ausgaben: Mitglieder der GDCh können sich die alten Blauen Blätter online ansehen: Sie haben Zugriff auf sämtliche Nachrichten-Jahrgänge – bis zurück zur ersten Ausgabe der GDCh-Mitgliederzeitschrift...

Der Chemieprofessor Klaus Roth schreibt am liebsten über Themen, mit denen er sich nicht gut auskennt – über vergnügliche wie über ernste.
Herr Roth, seit Jahren schreiben Sie für die Chemie in unserer Zeit und halten Vorträge vor Jungchemikern. Haben Sie ein Lieblingsthema?<figure><img src="https://media.graphcms.com/w7RF590FTBS3L7OSmCgz"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Wissenschaftsautor Klaus Roth. Fotos: Frauke Zbikowski</figcaption></figure>
Schwer zu beantworten. Aber für mich persönlich am wichtigsten ist mein Artikel: „Dann machte ich mich allein auf den Weg, um den 11-Uhr-Zug zu erreichen.“Über den Nobelpreisträger Hans Krebs.Ganz genau. Den Entdecker des Harnstoff- und Zitronensäurezyklus. Es geht nur um die Zeitspanne von November 1932 bis Juni 1933. Ich habe beschrieben, wie sich die ganze Welt um Krebs herum veränderte, wie er von der Universität Freiburg vertrieben wurde und ins Exil gehen musste.Warum war dieser Artikel so wichtig?Ich habe viel Herzblut und Arbeit reingesteckt. Mit Unterstützung des Fonds der Chemischen Industrie konnte ich eine Woche in Sheffield recherchieren und habe dort Krebs‘ Nachlass durchgearbeitet.Das war aber nie ein Vortragsthema?Nein. Das Thema ist nicht vergnüglich, sondern eben ernst. Eine Ausnahme gab es doch: Michael Müller, Chemiker an der Uni Freiburg, hat mich zu einem Vortrag darüber eingeladen. Nach dem Vortrag herrschte zwei Minuten völlige Stille. So etwas habe ich noch nie erlebt, das war sehr bewegend für mich und meine Zuhörer.Im Februar halten Sie nun Ihren hundertsten Vortrag bei einem Jungchemikerforum.So viele Vorträge hatte ich nie geplant, denn ich hätte mir gar nicht vorstellen können, jemals 100 Vorträge halten zu können.Können Sie sich noch daran erinnern, wie das mit den Vorträgen anfing?Vor ungefähr zehn Jahren bekam ich die erste Einladung von den Jungchemikern, ich sollte in Hannover einen Vortrag über Schokolade halten. Das wurde dann das beliebteste Vortragsthema. Insbesondere, wenn in der Ankündigung steht „mit Kostproben“.Dann ist der Hörsaal voll ...Klar, wenn es etwas umsonst gibt, kommen alle. Das gilt auch beim Vortrag über Chili, wenn ich als Knüller scharfe Soßen mitbringe. Zu Vortragsrennern haben sich auch Absinth und Espresso, Bier und Kater entwickelt, also Themen aus dem Studentenalltag. Die Chemie, die dahinter steckt, ist uns Chemikern meist nicht bekannt.Experimentalvorträge halten Sie gar nicht?Nein. Mein Experimentalteil besteht aus dem Essen von Schokolade und dem Lutschen an extrem scharfen Chilischoten. Experimentalvorträge sind eine ganz andere Kunst, die ich hoch schätze. Mit eigener Choreografie, Versuchen in bestimmter Reihenfolge. Das verlangt viel Aufwand.Halten Sie lieber Vorträge oder schreiben Sie lieber?Ich schreibe lieber. Wenn ich ein Thema anpacke, dann über Gebiete, die ich nicht von Haus aus beherrsche.Warum schreiben Sie fast ausschließlich über andere Themen als Ihr Spezialgebiet? NMR-Spektroskopie ist doch auch interessant.Ich möchte doch dazulernen. Bei einem neuen Gebiet kenne ich das Ende der Geschichte noch nicht. Bei der Recherche stoße ich immer wieder auf Überraschungen. Also dieses Suchen und Entdecken und dann: „Ach Mann, so geht das!“ ist immer ein tolles Erlebnis. Irgendwie hab ich mir dieses „Wieso, Weshalb, Warum“ aus der Sesamstraße bewahrt. Ich stelle mir Fragen, lese Literatur und stoße häufig auf Dinge, die mich interessieren. Und dann schreibe ich eben solche Artikel, die ich am liebsten selbst irgendwo selbst gelesen hätte.Zum Beispiel?Auf der Rückseite jeder Flasche Diät-Cola steht: „Enthält Phenylalanin“. Das ist eine essenzielle Aminosäure, und so habe ich mich gefragt: Warum warnt mich der Hersteller vor einem für mich lebensnotwendigen Bestandteil? Und während der Suche nach einer Antwort entwickelt sich langsam eine ganze Geschichte.Am Ende kommt der Teil, der weniger amüsant ist: alles in einen Text zu gießen. Mit der deutschen Sprache ist es immer ein Kampf, jedes Adjektiv wird auf seine Daseinsberechtigung geprüft, für jedes schwache Verb suche ich Ersatz.Wenn Schreiben harte Arbeit ist ...Weiß Gott, ja.... wie motivieren Sie sich weiterzuschreiben?Wenn ich etwas spannend finde, will ich das auch zu Ende bringen. Es ist manchmal frustrierend, besonders dann, wenn mir zwar alles Fachliche klar geworden ist, ich es aber noch nicht vernünftig erklären kann. Das lasse ich dann ein paar Monate sacken.Manchmal vergaloppiere ich mich auch bei der Themenwahl. Meine Kollegin Sabine Streller und ich haben einen wunderschönen Artikel über die Chemie einer brennenden Zigarette geschrieben. Das ging daneben, denn die Nichtraucher interessiert das nicht, und die Raucher wollen es auch nicht lesen.Sie schreiben solche Artikel aber trotzdem fertig.Ja. Die Freude, wenn ich es geschafft habe, entschädigt für die Qualen. Man fühlt sich wie ein Bergsteiger auf dem Gipfel.Bekommen Sie Rückmeldungen zu Ihren Artikeln?Ja, die meisten positiv. Manche auch niedlich. Mir schrieb mal ein Schüler, der über das Rösten von Kaffeebohnen eine Hausarbeit schreiben musste. Ihm fehlte noch die Reaktionsgleichung des Röstprozesses einschließlich der richtigen Stöchiometrie. Ohne die bräuchte er bei seiner Lehrerin gar nicht erst anzukommen. Ich beruhigte ihm mit dem Hinweis, dass eine Kaffeebohne Zillionen an Verbindungen enthält, die sich beim Rösten verändern. Eine Reaktionsgleichung könne beim besten Willen niemand hinschreiben. Das Argument muss ihn und seine Lehrerin überzeugt haben, denn nach ein paar Monaten schrieb er mir stolz, er habe für seine Arbeit eine Eins bekommen.Die meisten Rückmeldungen bekomme ich aber nach Vorträgen, wenn mich Zuhörer ansprechen. Dann staune ich immer, wie viele meine Artikel lesen. Ich freue mich besonders über Nachfragen von Lehrern.Warum?Ursprünglich wollte ich Chemielehrer werden, und beim Schreiben stelle ich mir immer noch einen Lehrer vor, der 10 oder 20 Jahre im Beruf ist und eben nicht mehr die englische Originalliteratur verfolgen kann, aber in seinen Unterricht Neues einbringen will. Da helfe ich, denn ich komme leicht an die Fachliteratur heran und kenne an der Universität viele kluge Leute, die ich um Rat bitten kann.<figure><img src="https://media.graphcms.com/rLmUVB0jRn2zweKYrPwT"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Wollte ursprünglich Chemielehrer werden: Professor im Ruhestand Klaus Roth.</figcaption></figure>
Wie kam es, dass Sie anfingen, Artikel zu schreiben?Ich habe noch vor dem Ruhestand nach einer seniorengerechten Beschäftigung gesucht, die anspruchsvoll ist. Und ich hab früher immer mal kleinere Artikel geschrieben und an den Mann gebracht, auch mal in der Zeit oder so. Es lag nahe, das auszubauen.Es gibt nur wenige Chemiker, die für Leser außerhalb ihrer eigenen Scientific Community schreiben. Haben Sie eine Idee, warum das so ist?Nein, ich verstehe es nicht. Es gibt so viele nette Kollegen und Kolleginnen, die humorvoll sind und kommunikativ. Aber wir Chemiker jammern immer, dass die Bevölkerung uns nicht liebt. Aber diese Chemophobie gibt es nur in unseren eigenen Köpfen. Eine Studie der Royal Society of Chemistry ergab, dass über die Hälfte der Bevölkerung mehr über die Rolle der Chemie im Alltag wissen will. Also die beste Voraussetzung für Kommunikation. Das sollten wir nutzen und aufhören, uns damit rauszureden, dass uns ja doch keiner versteht, weil die Menschen keine Ahnung von Chemie haben. Es ist an uns, auf die Leute zuzugehen. Wir haben viel zu erzählen, aber in einer Sprache, die Menschen auch verstehen. Das verlangt Übung, Willen und Ausdauer.Machen es sich Chemiker zu einfach?Nein. In unserem langen Studium haben wir eine Fachsprache erlernt, die für die Verständigung unter Fachleuten präzise und deswegen unverzichtbar ist. Artikel in Fachjargon zu schreiben, fällt Fachleuten relativ leicht. Was aber in unserer Ausbildung auf der Strecke bleibt, ist die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich auszudrücken. Das müssen wir üben. Leider bleibt im Berufsleben dafür wenig Zeit. Da ich im Ruhestand bin, kann ich mir das leisten.<h2>Zur Person: Klaus Roth</h2>Klaus Roth, Jahrgang 1945, hat in physikalischer Chemie promoviert und war von 1989 bis 2010 Professor am Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität Berlin. Sein Spezialgebiet war die NMR-Spektroskopie, er entwickelte Kontrastmittel für die Kernspintomographie. Seit mehr als 15 Jahren schreibt er über alles, was der Alltag hergibt: Mottenschutz, Lakritz, Bier, blaue Farbstoffe in der Natur, Süßstoffe, und die Geschichten, die sich hinter den Substanzen verbergen. Nachzulesen sind seine Artikel vor allem in Chemie in unserer Zeit. Im Jahr 2008 verlieh ihm die GDCh den Preis für Journalisten und Schriftsteller. Zudem hält Roth Vorträge vor Jungchemikern und bei Lehrerfortbildungen.Gibt es für Sie ein Vorbild?Otto Krätz. Der hat Generationen von Chemikern für etwas interessiert, was die meisten überhaupt nicht wissen wollten, nämlich die Geschichte der Chemie. Er hat eine tolle Art, mit einer Mischung aus Heinz Erhardt und Karl Valentin, aber fachlich kompetent und mitreißend über Goethe und die Chemie sowie die Chemie auf den Jahrmärkten des 16. Jahrhunderts zu erzählen. Der ist für mich ein Vorbild, aber unerreicht.Nachrichten-Redakteurin Frauke Zbikowski sprach mit Klaus Roth am Rande der Tagung der Fachgruppe Chemieunterricht in Karlsruhe.

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