Industrie + Technik

Neues Unternehmen | Der Gasnetzbetreiber Open Grid Europe, der technische Dienstleister Tüv Süd und die Managementberatung Horváth &amp; Partners haben ein Unternehmen für Wasserstofftechnik gegründet: Evety erarbeitet H2-Konzepte und begleitet von der Projektentwicklung bis zur Inbetriebnahme. Das Angebot richtet sich an Unternehmen aus Industrie, Logistik, Mobilität und Energieversorgung, die Wasserstoff nutzen wollen.Den Weg ebnen | Das Projekt „Wasserstofftechnologien am Südlichen Oberrhein“ mit 21 Projektpartnern, koordiniert vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, will die Einführung von Wasserstoff in die Energieversorgung unterstützen. Es identifiziert Hemmnisse bei der Implementierung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik und erarbeitet Lösungsvorschläge.Bei Bedarf | Wasserstoffforschende der TU Graz haben mit dem Grazer Start-up Rouge H2 Engineering ein Verfahren entwickelt, um Wasserstoff dezentral für Tankstellen und Energieanlagen zu erzeugen. Es wandelt Biogas, Biomasse oder Erdgas zu Synthesegas. Die darin enthaltene Energie speichert ein Redox-Verfahren in einem Metalloxid, das sich verlustfrei lagern und transportieren lässt. Das eisenbasierte Material wird mit Dampf beschickt und setzt Wasserstoff frei.Thermische Produktion | Forscher der Universitäten Magdeburg und Bochum entwickeln Berechnungsmodelle für den Energie- und Ressourceneinsatz bei Produktionsprozessen, etwa der Zementherstellung, Kaffeeröstung und Tablettentrocknung. Messverfahren wie Radartechnik, Positronentomographie oder Magnetresonanztomographie kombiniert mit numerischen Analysen sollen die Berechnung chemischer Reaktionen in thermischen Produktionsverfahren verbessern. Die Wissenschaftler versprechen sich von ihrer Forschung, künftig auch Wasserstoff oder Biomasse für diese großindustriellen Produktionsverfahren einsetzen zu können. MB

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Wasserstoffwirtschaft

Neues Unternehmen | Der Gasnetzbetreiber Open Grid Europe, der technische Dienstleister Tüv Süd und die Managementberatung Horváth & Partners haben ein Unternehmen für Wasserstofftechnik gegründet: Evety erarbeitet H2-Konzepte und begleitet von der Projektentwicklung bis zur Inbetriebnahme. Das A...

Mit Hochdurchsatzsimulationen lassen sich Milliarden hypothetischer Moleküle in kurzer Zeit auf gewünschte Eigenschaften screenen. Um simulierte und experimentelle Daten zu verbinden, bieten sich Plattformen an, mit denen Forschungsabteilungen in Echtzeit zusammenarbeiten können.
In der chemischen Forschung hilft die Integration von Simulationsergebnissen mit experimentellen Daten, Resultate besser zu verstehen und Experimente stärker zielgerichtet durchzuführen.In der Industrie ist die reibungslose Integration unterschiedlicher Datenquellen und -formate essenziell. Die Kosten, bis ein Unternehmen etwa einen neuen Wirkstoff am Markt zulassen kann, befeuern den Wunsch nach effizienteren Prozessen in der Forschung. Um diese zu erreichen, müssen Unternehmen etablierte Abläufe aufgrund neuer digitaler Möglichkeiten ändern.<h2>Plattformen für die chemische Forschung</h2>Forschergruppen arbeiten weltweit verstreut. Webbasiertes Arbeiten ermöglicht allen Teammitgliedern, gemeinsam auf die Daten in Echtzeit zuzugreifen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Integrierte Simulations- oder Chemieinformatikmethoden ergänzen experimentelle Ansätze, indem sie Forschenden helfen, Vorhersagen über hypothetische Moleküle zu treffen und nur Vielversprechendes zu synthetisieren [diese Nachrichten, S. 80].Günstig ist es, wenn Routineberechnungen über eine digitale Plattform automatisiert sind und sich von allen Projektbeteiligten eigenständig durchführen lassen können. Spezialisten der Computerchemie können sich dadurch auf komplexere Fragen konzentrieren.Solche computergestützten Verfahren sind nur dann wertvoll, wenn sie zuverlässige Vorhersagen liefern, die auf experimentellem Weg schwerer zu erhalten sind. In der pharmazeutischen Wirkstoffforschung wäre eine solche Vorhersage etwa die Bindungsaffinität eines bestimmten Wirkstoff-Proteinpaars, da für eine Messung Protein und Wirkstoffmolekül zunächst hergestellt werden müssen. Affinitäten lassen sich mit Berechnungen der Freien Energie heute oft zuverlässig vorhersagen.1)Eigenschaften wie Aufnahme, Verteilung, Metabolisierung, Ausscheidung und Toxizität (Adme-Tox) im Körper stellen physikalische Simulationen vor größere Probleme und sind oft nur durch Tierversuche zu ermitteln. Hier können Modelle, die mit maschinellem Lernen erstellt wurden, Vorhersagen treffen, wie Forschergruppen von Bayer2–5) und Sanofi6,7) gezeigt haben.<h2>Anwendungsbeispiel: virtuelles Screening organischer Halbleiter</h2>Die digitale Transformation kann dazu beitragen, maßgeschneiderte Moleküle für Materialien mit optimierten Eigenschaften zu entwickeln. Dass viele der Materialeigenschaften von mehreren Parametern der Moleküle abhängen, erschwert – zusammen mit der gewaltigen Größe des chemischen Raums – rein experimentelle Herangehensweisen. Eine Forschergruppe von Panasonic demonstrierte kürzlich, wie Hochdurchsatzsimulationen mit physikbasierten Modellen dazu dienen können, die Entwicklung organischer Moleküle als Halbleiter in optoelektronischen Bauteilen voranzutreiben (Abbildung 1).8)<figure><img src="https://media.graphcms.com/jImZWYFKQPKB0TWQISQz"><figcaption><label>Abb. 1: </label>So läuft eine Hochdurchsatzsimulationsstudie.</figcaption></figure>
Eine Eigenschaft, die organische Halbleiter auszeichnet, ist hohe Ladungsträgerbeweglichkeit. Diese wird unter anderem von der Reorganisationsenergie beeinflusst. Die Reorganisationsenergie charakterisiert die energetische Stabilisierung aufgrund der Änderung der Molekülgeometrie nach einem Ladungstransfer und lässt sich mit quantenchemischen Methoden wie der Dichtefunktionaltheorie (DFT) effizient berechnen.Für die Studie generierten Matsuzawa und Kollegen mit Enumerationsalgorithmen Millionen organischer, konjugierter Moleküle basierend auf Heteroyclen.8) Aus dieser Strukturbibliothek wählten sie 250 000 Moleküle und filterten sie mit DFT-Rechnungen in der Gasphase nach ihren Eigenschaften als Lochleiter. Da eine niedrige Reorganisationsenergie Voraussetzung für gute Ladungsträgerbeweglichkeit ist, kamen die 130 Moleküle mit der niedrigsten vorhergesagten Reorganisationsenergie als Kandidaten für organische Halbleiter in die engere Wahl. Anschließend untersuchten die Forscher mit Molekulardynamiksimulationen (MD), wie sich die chemische Umgebung auf die Ladungsmobilität für diese Moleküle in der kondensierten Phase auswirkt. Mit der berechneten Ladungsmobilität ließen sich dann Struktur-Eigenschaftsbeziehungen aufstellen. Diese Modelle können Unternehmen in einem nächsten Schritt für die Synthese organischer Halbleiter nutzen.Die in einer solchen Hochdurchsatzstudie erzeugten Daten können zusätzlich als Trainingsdaten dienen, um mit maschinellem Lernen Struktur-Eigenschaftsbeziehungen vorherzusagen. Anhand derer lassen sich hypothetische Moleküle mit optimierten Eigenschaften maschinell erstellen. Die für den gesamten Arbeitsablauf benötigten Rechenkapazitäten werden von Cloud-Computing-Techniken geliefert.<h2>Plattformen in der Industrie: Anforderungen und Umsetzung</h2>Eine Plattform ist nicht unbedingt ein einheitliches Standardprogramm. Jede Industrie und jedes Projekt benötigen spezifische Komponenten, deren Integration zu optimieren ist. Diesen Prozess unterstützt das Unternehmen Schrödinger als Kooperationspartner, der lokal und global in Projekten mitarbeitet.Um die Chancen der digitalen Transformation in der materialwissenschaftlichen und pharmazeutischen Forschung bestmöglich zu nutzen, braucht es eine leistungsfähige Software-Infrastruktur, die Integration und Echtzeitzugriff auf alle Daten erlaubt, Implementierung automatisierter Simulationsmethoden für alle Nutzer unterstützt und eine intuitive Analyse großer Datenmengen ermöglicht. Auf einer solchen Software-Infrastruktur aufbauend sind drei Aspekte für eine Plattform für molekulares Design notwendig:<list list-type="simple"><list-item></list-item></list>chemisches Informationsmanagement,<list-item>maschinelles Lernen und</list-item><list-item>physikbasierte Modellierung.</list-item>Die Plattform wird mit dem Schrödinger-Programm Live Design ausgerollt.9) Anwender greifen über ein Webinterface zu (Abbildung 2, S. 36), in dem sie molekulare Strukturen generieren, Ideen automatisch registrieren, Eigenschaften berechnen und Daten visualisieren. Über eine Verknüpfung mit der Moleküldatenbank des Unternehmens können Nutzer auf experimentelle Werte zugreifen, die dann neben den simulierten Daten in der Benutzeroberfläche zur Verfügung stehen. Außerdem ist direkt ersichtlich, welche Ideen bereits synthetisiert wurden.<figure><img src="https://media.graphcms.com/01FO9ffQTD2u8W0KEamk"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Beispiel einer Benutzeroberfläche des Programms Live Design.</figcaption></figure>
Beliebige Computerchemieanwendungen lassen sich über eine flexible Schnittstelle anbinden. Molekülstrukturen sind zwei- und dreidimensional visualisierbar, um Struktur-Eigenschaftsbeziehungen besser zu verstehen. Das Programm lässt sich entweder auf einem firmeneigenen Server oder in der Cloud betreiben. Der Zugriff auf Daten ist auf einzelne Nutzergruppen begrenzbar.<h2>Maschinelles Lernen und Modelle</h2>Neben dem chemischen Informationsmanagement sind weitere Programme der Schrödinger-Suite integriert. Das umfasst Methoden des maschinellen Lernens, die mit größeren Datensätzen experimentell und computergeneriert Modelle erstellen, etwa AutoQSAR.10) Außerdem enthalten sind Programme zur physikbasierten Modellierung wie quantenchemische Berechnungen11,12) oder FEP+13), das in der pharmazeutischen Industrie weit verbreitet ist, um mit MD-Simulation freie Bindungsenergien zu bestimmen.14)Eine solche integrierte Plattform nutzt etwa das Pharmaunternehmen Astrazeneca in der Wirkstoffforschung. In diesem Fall wird physikalische Modellierung mit maschinellem Lernen kombiniert, um so die Bindung eines Moleküls an ein Protein zu optimieren.15) Bayer nutzt eine De-novo-Design-Plattform, um Molekülideen zu generieren und diese mit physikbasierter Modellierung ergänzt durch In-silico-Adme-Tox- und Synthetisierbarkeits-Modelle zu screenen und zu bewerten.16)Dies alles zeigt, wie eine traditionell experimentell getriebene Industrie sich wandeln kann, wenn digitale Techniken qualitativ und quantitativ in der Forschung überzeugen.<h2>AUF EINEN BLICK</h2>Die Integration von experimentellen Daten und Simulationsergebnissen in einer Plattform erlaubt zielgerichtete Entscheidungen über Synthesen oder Experimente.Methoden der Computerchemie unterstützen mit zuverlässigen Vorhersagen die Auswahl geeigneter Moleküle aus dem riesigen chemischen Raum.Die webbasierte Plattform Live Design führt computerbasierte Methoden und Datenquellen zusammen, und die Anwender arbeiten dann miteinander.<h2>Die Autoren</h2>Den Betrag verfassten Laura Katharina Scarbath-Evers (Foto oben), Daniel Cappel (Foto unten) und Jörg Weiser. Scarbath-Evers ist promovierte Chemikerin und Applikationsspezialistin beim Unternehmen Schrödinger in Mannheim. Der promovierte Chemiker Cappel befasst sich bei Schrödinger in Mannheim mit Berechnungen der Freien Energie und unterstützt Kundenprojekte mit Simulationsmethoden. Weiser ist seit 2002 Geschäftsführer des Unternehmens Schrödinger in München. Er promovierte an der Universität Göttingen und gründete die wissenschaftliche Consulting-Firma Anterio mit.<div><img src="https://media.graphcms.com/1by0zrcTQSn5HZjtmnJo">

</div><div><img src="https://media.graphcms.com/lLT6dtkZREu6jOXAOC3W">

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<ul><li>
1 Z. Cournia, B. Allen, W. Sherman, J. Chem. Inf. Model. 2017, 57, 2911</li><li>
2 M. Lobell, M. Hendrix, B. Hinzen et al., ChemMedChem 2006, 1, 1229</li><li>
3 A. R. Finkelmann, D. Goldmann, G. Schneider, A. H. Göller, ChemMedChem 2018, 13, 2281</li><li>
4 L. Kuhnke, A. ter Laak, A. H. Göller, J. Chem. Inf. Model. 2019, 59, 668</li><li>
5 S. Schneckener, S. Grimbs, J. Hey et al. J. Chem. Inf. Model. 2019, 59, 4893</li><li>
6 J. Wenzel, H. Matter, F. Schmidt, J. Chem. Inf. Model. 2019, 59, 1253</li><li>
7 F. Schmidt, J. Wenzel, N. Halland et al., Chem. Res. Toxicol. 2019, 32, 2338</li><li>
8 N. N. Matsuzawa, H. Arai, M. Sasago et al., J. Phys. Chem. A 2020, 124, 1981</li><li>
9 <a href="https://www.schrodinger.com/livedesign" target="_blank">www.schrodinger.com/livedesign</a></li><li>
10 S. L. Dixon, J. Duan, E. Smith et al., Future Med. Chem. 2016, 15</li><li>
11 A. D. Bochevarov, E. Harder, T. F. Hughes et al., Int. J. Quantum Chem. 2013, 113, 2110</li><li>
12 P. Giannozzi, O. Andreussi, T. Brumme et al. J. Phys.: Condens. Matter 2017, 29, 465901</li><li>
13 L. Wang, Y. Wu, Y. Deng et al., J. Am. Chem. Soc. 2015, 137, 2695</li><li>
14 R. Abel, L. Wang, E. D. Harder, B. J. Berne, R. A. Friesner, Acc. Chem. Res. 2017, 50, 1625</li><li>
15 <a href="https://ir.schrodinger.com/news-releases/" target="_blank">ir.schrodinger.com/news-releases/</a> news-release-details/schrodinger- announces-collaboration-astrazeneca- deploy-advanced</li><li>
16 <a href="https://ir.schrodinger.com/news-releases/" target="_blank">ir.schrodinger.com/news-releases/</a> news-release-details/schrodinger-and-bayer-collaborate-co-develop-de-novo- design</li></ul>

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