Industrie + Technik

Branchenübergreifend sind die wenigsten Chemieunternehmen zufrieden mit dem Jahr 2023. Viele sind aber zuversichtlich, dass das laufende Jahr besser wird. Hürden sind oft zu hohe Energiekosten, zu viel Bürokratie und die allgemeine Wirtschaftslage.<p>Nach Zahlen des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) sank der Gesamtumsatz der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland im Jahr 2023 um 12,2 Prozent auf 229,3 Mrd. Euro. Die Zahl der Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie blieb bei etwa 477 000. Wie es bei einzelnen Unternehmen aussah, zeigt die <link href="#nadc20244141007-tbl-0001">Tabelle auf Seite 45.</p><tabular xml:id="nadc20244141007-tbl-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/UGfg3bhPTpu7za4rZyg1"><figcaption><label>Tab.1: </label>Unternehmen, sortiert nach Umsatz im Jahr 2023. *US-Dollar, 1 USD ≈ 0,93 Euro; **Schweizer Franken, 1 CHF ≈ 1,02 Euro; ***Saudi-Arabien Riyal, 1 SAR ≈ 0,25 Euro; –: nicht ausgewiesen. Ebit: Gewinn vor Zinsen und Steuern; Ebitda-Marge: (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen)/Umsatz; F+E: Forschungs- und Entwicklungskosten; F+E-Quote: F+E/Umsatz. Klammern: Änderung zum Vorjahr. Hochgestellt:<sup>1–3)</sup> Berichte in Nachr. Chem. 2024, 72(4, 5 und 6).</figcaption></figure></tabular><p>Die Produktion ging verglichen mit dem Vorjahr um 4,3 Prozent zurück, und die Kapazitäten der Branche waren zu 77,2 Prozent ausgelastet. Die Erzeugerpreise lagen etwas niedriger als zuvor: Chemische und pharmazeutische Erzeugnisse waren durchschnittlich um 5,3 Prozent günstiger als im Jahr 2022. Vor allem fehlende Aufträge aufgrund der schwachen Industriekonjunktur in Europa und der Wettbewerb etwa mit China führten zu Umsatzrückgängen im In- und Ausland.</p><h2 type="main">China als Handelspartner</h2><p>Im Jahr 2023 exportierten deutsche Unternehmen Waren im Wert von ungefähr 1,59 Bio. Euro. Der Wert der Importe betrug etwa 1,37 Bio. Euro. Bei den Exporten führten Kraftwagen und -teile (270 Mrd. Euro) vor Maschinen (225 Mrd. Euro) und chemischen Erzeugnissen (141 Mrd. Euro).</p><p>China war im Jahr 2023 dem Statistischen Bundesamt zufolge zum achten Mal ununterbrochen Deutschlands wichtigster Handelspartner. Im Vergleich zum Vorjahr sank der Umsatz insgesamt um 18,4 Prozent: Die Ausfuhren nach China betrugen 97 Mrd. Euro (–8,8 %); Einfuhren aus China machten etwa 156 Mrd. Euro aus (–19 %). 51 Mrd. Euro davon waren für Computer, elektronische und optische Erzeugnisse, etwa 30 Mrd. für elektrische Ausrüstungen, etwa 12 Mrd. für Maschinen sowie 8 Mrd. für Kleidung. An fünfter Stelle folgten chemische Erzeugnisse im Wert von 6,8 Mrd. Euro.</p><p>Von Deutschland nach China gingen chemische Erzeugnisse für 6,7 Mrd. Euro. Es führten Autos und Autoteile (25 Mrd. Euro), Maschinen (19 Mrd. Euro), Computer, elektronische und optische Produkte (13 Mrd. Euro) sowie elektrische Ausrüstungen (13 Mrd. Euro).</p><h2 type="main">Batterietechnik boomt</h2><p>Die Zahl der veröffentlichten Patentanmeldungen zu erneuerbaren Energien hat im Jahr 2023 um etwa 20 Prozent zugelegt. Im vergangenen Jahr veröffentlichten Unternehmen 1289 Patentanmeldungen für Solartechnik, Windkraft und andere regenerative Energietechniken. Das sind 18,6 Prozent mehr als im Vorjahr.</p><p>Im Jahr 2023 wurden fast dreimal so viele Patentanmeldungen zur Batterietechnik veröffentlicht wie vor zehn Jahren. Beim Länder-Ranking führen asiatische Staaten (<link href="#nadc20244141007-fig-0001">Grafik): Auf Rang 1 steht die Republik Korea mit 1638 Anmeldungen (+40,5 %). Es folgt China mit 1313 Anmeldungen (+78,8%). Das Anmeldewachstum aus Deutschland an dritter Stelle war viel geringer (1091, +15,6 %).</p><figure xml:id="nadc20244141007-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/dT7Sk0zTjiJKQzT2sOuO"><figcaption><label>Abb.1: </label>Patentanmeldungen mit Wirkung für Deutschland nach Sitz des ersten Anmelders in den Jahren 2022 und 2023. Gezählt haben das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) sowie das Europäische Patentamt (EPA) veröffentlichte Anmeldungen und dabei Doppelzählungen vermieden. Patentanmeldungen werden nach 18 Monaten veröffentlicht. Im Jahr 2023 neu angemeldete Erfindungen sind daher nicht in der Auswertung enthalten.</figcaption></figure></figure><p>Die Daten sind Teil einer Analyse, die das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) anlässlich des Welttags des geistigen Eigentums Ende April ausgewertet hat.</p><h2 type="main">Kunststoffhersteller</h2><p>Die kunststofferzeugende Industrie in Deutschland produzierte im Jahr 2023 zum zweiten Mal in Folge weniger als zuvor. Die Nachfrage nach Kunststoffen ging in Deutschland um 16 Prozent zurück. Im internationalen Wettbewerb behinderten hohe Produktionskosten aufgrund gestiegener Arbeitskosten und Energiepreise die Verkäufe. Der Umsatz ging um 22 Prozent auf etwa 28 Mrd. Euro zurück.</p><p>Ralf Düssel, Vorstandsvorsitzender von Plasticseurope Deutschland, dem Verband der Kunststofferzeuger, sagte: „Dies ist die schwerste ökonomische Krise seit dem Bestehen unserer Industrie.“ Die deutsche Kunststoffproduktion gehe durch ein tiefes Tal, dennoch setze die Industrie den Weg zur Kreislaufwirtschaft fort. Es bestehe verglichen mit anderen Regionen der Welt ein Technologievorsprung, beispielsweise bei der Produktion von Kunststoffen aus nichtfossilen Rohstoffen.</p><h2 type="main">Biotechindustrie</h2><p>Im Jahr 2023 hat die Biotechindustrie 1,08 Mrd. Euro an Kapital eingesammelt, mehr als im Jahr davor (920 Mio. Euro). Davon gingen 533 Mio. Euro als Wagniskapital (venture capital) an private, oft kleinere Unternehmen und Start-ups; um 547 Mio. Euro erhöhte sich so das Kapital börsennotierter Unternehmen.</p><p>Einer Umfrage des Branchenverbands Bio Deutschland zufolge schätzten Geschäftsführer:innen der Biotechunternehmen ihre Geschäftslage im Jahr 2023 zwar schlechter ein als 2022. Etwa 29 Prozent gaben an, ihre aktuelle Geschäftslage sei schlecht; 2022 sagten das lediglich 13 Prozent, aber sie blickten wieder positiver in die Zukunft. 35 Prozent gehen davon aus, dass ihre Geschäftslage 2024 besser sein wird als 2023; letztes Jahr sagten das nur 26 Prozent.</p><p>Zugenommen hat zudem die Zahl der Unternehmen, die planen, Personal abzubauen. 14,5 Prozent haben dies vor, zirka dreimal so viele wie vor einem Jahr. Die Zahl derer, die Personal aufbauen wollen, ist mit 45 Prozent stabil geblieben.</p><p>33 Prozent wollen im laufenden Jahr mehr in Forschung und Entwicklung investieren als zuvor (2023: 39 %), 18 Prozent planen, diese Investitionen zu reduzieren (2023: 11 %).</p><p>Oliver Schacht, Vorstandsvorsitzender von Bio Deutschland, sagte: „Der Kapitalmarkt war schwierig, die Energiekosten sind hoch, qualifiziertes Personal ist schwer zu finden.“ Für Viola Bronsema, Geschäftsführerin von Bio Deutschland, zeigt die Trendumfrage, dass sich die Einschätzung des politischen Klimas für die Branche im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert hat. Dabei seien Biotechunternehmen doch „Kraftwerke der Wertschöpfungskette, der Therapieentwicklung und der nachhaltigen Bioökonomie sowie der Kreislaufwirtschaft“.</p><h2 type="main">Bioplastik</h2><p>Dem Verband European Bioplastics zufolge nimmt die weltweite Produktion von Biokunststoffen nach einigen Jahren der Stagnation wieder zu. Die weltweite Produktionskapazität werde von ungefähr 2,2 Mio. Tonnen im Jahr 2023 auf 7,4 Mio. Tonnen im Jahr 2028 steigen. Produziert werden vor allem Polymere wie Polylactidsäure (PLA), Polyhydroxyalkanoat (PHA), Polyamid (PA) und Polypropylen (PP). Zudem ist zu unterscheiden zwischen biobasierten (48 % ) und bioabbaubaren Polymeren (52 % ). Die größte Produktionskapazität bei den Biobasierten hat PA (18 %), bei den Bioabbaubaren ist es PLA (31 %).</p><p>Im Jahr 2023 betrug die weltweite Produktion 1,8 Mio. Tonnen nach 1,5 Mio. Tonnen im Jahr zuvor. Dabei nahmen PLA besonders stark zu (<link href="#nadc20244141007-fig-0002">Grafik).</p><figure xml:id="nadc20244141007-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/8LIJNvATvySUPxmcELeQ"><figcaption><label>Abb.2: </label>Die Biopolymerproduktion ist weltweit von 1,5 Mio. Tonnen im Jahr 2022 auf 1,8 Mio. Tonnen im Jahr 2023 gestiegen.</figcaption></figure></figure><p>Die Biokunststoffindustrie produziert nahezu mit voller Kapazität. Die Nutzungsrate der einzelnen Polymere schwankt zwischen 60 und 100 Prozent und lag im Durchschnitt bei 82 Prozent (1,8 Mio. Tonnen Produktion gegenüber 2,2 Mio. Tonnen Produktionskapazität). Das größte Marktsegment für Biokunststoffe sind Verpackungen: Dafür dienten im Jahr 2023 etwa 934 000 Tonnen, das sind 43 Prozent des gesamten Biokunststoffmarkts im Jahr 2023. Es folgten Fasern (21 %) und Verbraucherartikel (13 %).</p><h2 type="main">Chemiehandel</h2><p>Der Verband Chemiehandel repräsentiert etwa 100 Binnen-, Außen- und Spezialitätenhändler in Deutschland. Es sind überwiegend klein- und mittelständische Unternehmen mit insgesamt ungefähr 7900 Beschäftigten. Sie setzten im Jahr 2023 etwa 18,4 Mrd. Euro um, davon 6,3 Mrd. mit Industrie- und 12,1 Mrd. Euro mit Spezialchemikalien. Insgesamt waren das 18 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Verband sieht 2023 als „enttäuschendes Jahr mit Licht am Ende des Tunnels“. Aufgrund sinkender Nachfrage fielen die Preise. Hinzu kamen geopolitische Unsicherheiten. Die Angriffe der Huthi etwa führten zu längeren Lieferzeiten und steigenden Frachtkosten, da viele als Folge die Suez-Kanal-Passage meiden.</p><p>Die Schlüsselbranchen für den deutschen Chemiehandel – Automobil sowie Lacke und Farben – blieben auf einem schwachen Niveau, jedoch mit steigender Tendenz zum Ende 2023. Die noch während Corona tragende Baubranche verlor im Jahreslauf. Steigende Zinsen und die Energiepolitik der Regierung verringern die Investitionsbereitschaft.</p><p>Stabil zeigten sich hingegen die Life-Science-Bereiche Kosmetik, Lebens- und Futtermittel und vor allem Pharma. Der Chemiehandel verlor aber wegen fallender Nachfrage und fehlender Volumina an Umsatz. Die fallenden Preise führten zudem zu einem Lagerabbau bei den Kunden.</p><p>Als großes Hemmnis sieht der Verband insbesondere die die mittelständisch strukturierte Branche erdrückende Bürokratie. Beispiele sind die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der CO<sub>2</sub>-Ausgleichsmechanismus (CBAM) oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Neben dem Bürokratieabbau sei eine bezahlbare Energieversorgung dringlich.</p><h2 type="main">Farben und Lacke</h2><p>Etwa 200 meist mittelständische Lack-, Farben- und Druckfarbenhersteller sind in Deutschland im Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie organisiert. Die Branche setzte im Jahr 2023 etwa 9 Mrd. Euro um und beschäftigt zirka 25 000 Mitarbeiter.</p><p>In Deutschland wurden 1,47 Mio. Tonnen Lacke, Farben und Druckfarben verkauft, etwa 3 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Umsatz stieg inflationsbedingt gegenüber dem Vorjahr um knapp 2 Prozent auf 6,1 Mrd. Euro. Zudem gingen die Exporte zurück, in der Menge um 11 Prozent auf 774 000 Tonnen.</p><p>Bei den Bautenfarben sank die Menge um ungefähr 4 Prozent auf 753 Tonnen. Dabei verlor der Profimarkt in Deutschland 5,5 Prozent; der Do-it-yourself-Markt wuchs um knapp 1 Prozent.</p><p>Bei den Industrielacken kam es 2023 zu einem Anstieg des Verbrauchs um 1,5 Prozent in der Menge, der Wert stieg preisbedingt um 6,7 Prozent. Während Autoserienlacke, Autoreparaturlacke, sonstiger Fahrzeugbau und Korrosionsschutzbeschichtungsstoffe zulegten, ging der Verbrauch von Lacken in anderen industriellen Bereichen zurück, besonders ausgeprägt in der Holz- und Möbelindustrie mit einem Minus von knapp 9 Prozent.</p><p>Der Absatz von Druckfarben ist im Jahr 2023 weiter zurückgegangen: Es wurden in Deutschland 183 000 Tonnen verbraucht, ein Minus von etwa 13 Prozent. Sowohl die Publikations- als auch die Verpackungsdruckfarben verloren an Umsatz.</p><p>Der Export sank im Wert um knapp 4 Prozent auf 3,6 Mrd. Euro. Importiert wurde für 1,3 Mrd. Euro (–8 %).</p><h2 type="main">Die Autorin</h2><p>Maren Bulmahn fasst als Redakteurin der Nachrichten aus der Chemie einige Wirtschaftsaspekte des Jahrs 2023 zusammen.</p>

Bilanzen 2023

Weniger produziert und eingenommen

Branchenübergreifend sind die wenigsten Chemieunternehmen zufrieden mit dem Jahr 2023. Viele sind aber zuversichtlich, dass das laufende Jahr besser wird. Hürden sind oft zu hohe Energiekosten, zu viel Bürokratie und die allgemeine Wirtschaftslage.Nach Zahlen des Verbands der Chemischen Industrie...

Mit KI-gestützten Simulationen und dem Teilen von Daten in Connected Industrial Ecosystems können Chemieunternehmen Emissionen senken und Ressourcen besser nutzen. Wie das konkret geht, zeigt ein Beispiel von Covestro.<p>Die chemische Industrie als ressourcenintensive Branche befindet sich an einem entscheidenden Punkt: Es sind zügig Strategien für ein nachhaltiges Wirtschaften umzusetzen. Dabei sind Lösungen gefragt, um weniger Emissionen auszustoßen und ressourceneffizienter zu produzieren. Die Digitalisierung bietet hier ungenutztes Potenzial.</p><h2 type="main">Digitale Transformation und Datenanalyse</h2><p>Mit digitalen Zwillingen, künstlicher Intelligenz (KI) und fortschrittlicher Datenanalyse erhalten Unternehmen genaue Einblicke in ihre Produktionsprozesse, können diese dann optimieren und so Energieverbrauch sowie CO<sub>2</sub>-Emissionen senken. Mit einem digitalen Abbild der Anlagen lassen sich Wartungen durchführen und der Zeitpunkt präzise identifizieren, wann eine Komponente repariert werden muss. Aufgrund dessen stehen Anlagen weniger ungeplant still und haben einen längeren Lebenszyklus.</p><p>Mit einer KI-gestützten Prozesssimulation lassen sich Produktionsanlagen flexibel planen und betreiben. Unternehmen können dann in Echtzeit auf Veränderungen reagieren, Prozesse effizienter machen und den Ressourcenverbrauch senken.</p><h2 type="main">Industrielle Ökosysteme</h2><p>Werden digitale Lösungen vernetzt und gemeinsam genutzt, spricht man von Connected Industrial Ecosystems. In diesen teilen Unternehmen Daten und Ressourcen, optimieren Prozesse und fördern so die Kreislaufwirtschaft. Grundlage ist ein nahtloser Informationsfluss, unterstützt durch Techniken wie Industrial Internet of Things (IIoT) und Cloud Computing; der Informationsfluss erleichtert die Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette.</p><p>Indem Unternehmen Daten und Ressourcen gemeinsam nutzen, lassen sich Abfallströme reduzieren, das Wiederverwenden von Materialien optimieren und der Übergang zur Kreislaufwirtschaft beschleunigen. Nach Kundenfeedback des Software-Unternehmens <link href="#nadc20244142994-fig-0001">Aveva sind Unternehmen damit um zehn Prozent rentabler, erreichen eine dreifach höhere Kapitalrendite und arbeiten bis zu 20 Prozent nachhaltiger.</p><figure xml:id="nadc20244142994-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/PQ5izzERIi3besUocsl7"><figcaption><label>Abb.1: </label>Digitalisierung kann in der Chemieindustrie Kosten sparen und Ressourcen schonen. Foto: Aveva</figcaption></figure></figure><h2 type="main">Vorzeigebeispiel Covestro</h2><p>Covestro möchte bis zum Jahr 2035 bei den Emissionen durch eigene Produktion (Scope 1) sowie denen durch angekaufte Energie für Strom und Heizung (Scope 2) klimaneutral werden. Dafür braucht es biobasierte und recyclebare Polymere, um die eigenen Produkte nachhaltiger zu gestalten und Kreislaufpolymere zu etablieren. Ziel ist es, weniger energieintensive Produktionsprozesse zu entwickeln, klimaneutrale Energiequellen zu nutzen und mit Recycling weniger Ressourcen zu verbrauchen. „Wir haben viele Ideen und Möglichkeiten, uns diesem Ziel zu nähern“, sagt Franz Kirchhoff, Leiter der Abteilung für Prozessmodellierung und Konzeptionierung bei Covestro. „Deshalb brauchen wir ein Werkzeug, das uns hilft, schnell und effizient die wirtschaftlichen, technischen und nachhaltigen Vorteile eines Produktionsprozesses einzuschätzen.”</p><p>Dafür nutzt Covestro den Aveva Process Simulator, der mit den Covestro-Prozessmodellen sowie gängigen Materialien und Molekülen für die Polymerproduktion vertraut ist. Herstellprozesse für Polymere sind schwer zu simulieren, da sie feste Produktionsschritte und die Prinzipien der Thermodynamik berücksichtigen müssen. Nötig ist eine flexibel anpassbare Software, welche die Grundlagen der Polymerproduktion auf neue Prozesse anwenden kann.</p><p>Auf dem Weg zur Klimaneutralität sind biobasierte Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen wichtig, weshalb Covestro diese Moleküle in die Simulationen einfließen lässt. Zudem geht es um recycelbare Polymere, die sich als Teil der Kreislaufwirtschaft wiederverwenden lassen – das schont Ressourcen und spart das Entsorgen der chemischen Substanzen. Um die Polymerherstellung günstiger und nachhaltiger zu gestalten, simuliert Covestro Verfahren mit Variablen wie niedrigeren Temperaturen, verringertem Druck und nachhaltig erzeugtem Dampf.</p><h2 type="main">Simulationen für den Vorsprung</h2><p>Um zu prüfen, wie skalierbar die simulierten Verfahren und neuartigen Polymere sind, führt die Software alle Daten zusammen. Dabei lassen sich Gleichungen für Fließschemata in den Process Simulator integrieren. Die offene Architektur mit eingebauter Skripterstellung in Python erlaubt es, die Software anzupassen, um sie für Sensitivitätsanalysen und Rastersuchen nach Parametern wie Temperatur und Druck zu optimieren. Durch das Verknüpfen mit Microsoft Excel lassen sich die Daten für Massen- oder Energiebilanzen exportieren und über die Schnittstelle aktualisieren. Die automatisierte Übertragung beugt zudem Fehlern und Zeitverlusten vor, die beim manuellen Datenübertragen häufig sind.</p><p>Präzise und schnell verfügbare Simulationsergebnisse sollen Covestro auf dem Markt der biobasierten und recycelbaren Polymere einen Vorsprung sichern. Werden neue nachhaltige Verfahren zunächst mit einer Prozesssimulationssoftware modelliert, lässt sich schnell von der Konzeptions- zur Testphase übergehen. Mit geringem Programmieraufwand lassen sich mehrere Szenarien erproben, um nur in die Prozesse und Materialien mit den größten Erfolgschancen zu investieren. Covestro etabliert nun aufgrund der Simulationsergebnisse erste Laborversuche, um die Vorhersagen der Simulationen zu verifizieren und Testläufe der neuen Produktionsprozesse durchzuführen.</p><h2 type="main">Fazit</h2><p>Die chemische Industrie muss zügig agieren, um die Wende zur Nachhaltigkeit zu schaffen. Kluge Lösungen können sich immens auf viele weitere Industriezweige auswirken. Die digitale Transformation, Connected Industrial Ecosystems und die Prozesssimulation bieten dabei nicht nur die Möglichkeit, Produktionsprozesse zu optimieren, sondern auch die Grundlagen der Kreislaufwirtschaft in die Tat umzusetzen.</p><p>Lisa Wee arbeitet als Global Head of Sustainability bei Aveva.</p>

Bilanzen 2023

Weniger produziert und eingenommen

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