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Werner Kutzelnigg war einer der Pioniere der theoretischen Chemie, der insbesondere die Quantenchemie in den 1960er Jahren in Deutschland etabliert und in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich mitgestaltet hat. Zu der German School of Quantum Chemistry, die vor allem zwischen 1970 und 1990 die Entwicklung der Quantenchemie auch international wesentlich beeinflusst hat, gehörten Sigrid Peyerimhoff, Wilfried Meyer und Reinhart Ahlrichs, aber Werner Kutzelnigg war zweifellos ihr prägendster Vertreter. Er ist nach kurzer Krankheit am 24. November 2019 in Witten gestorben.<div><img src="https://media.graphcms.com/4v3DdfcRP6wd8s6KdJFC">

</div>Werner Kutzelnigg wurde am 10. September 1933 in Wien geboren und zog mit seiner Familie im Jahr 1938 in die Nähe von Köln. Nach seinem Abitur im Jahr 1952 studierte er Chemie in Bonn und Freiburg, wo er im Jahr 1960 im Institut für Physikalische Chemie bei Reinhard Mecke mit einer experimentellen Arbeit zur Schwingungsspektroskopie organischer Ionen promovierte.Kutzelniggs Laufbahn als Theoretiker begann im gleichen Jahr als Postdoc in Paris, bei Bernard Pullman und Gaston Berthier, und in Uppsala bei Per-Olov Löwdin. 1964 ging er nach Göttingen, wo er sich drei Jahre später bei Werner Bingel für theoretische Chemie habilitierte. Im Jahr 1970 erhielt er einen Ruf als wissenschaftlicher Rat und Professor an die Universität Karlsruhe (TH). 1973 wurde er zum ordentlichen Professor und ersten Inhaber des Lehrstuhls für Theoretische Chemie an der Universität Bochum berufen, den er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1998 inne hatte.Kutzelniggs Interesse galt während seines gesamten wissenschaftlichen Lebens der numerischen Ab-initio-Quantenchemie, wozu er viele unterschiedliche, meist außerordentlich wichtige Beiträge geleistet hat. Es seien hier nur die Entwicklung und Verwendung der Pair Natural Orbitals (PNOs) zur Beschleunigung großer Elektronenstruktur-Rechnungen sowie die Benutzung interelektronischer Koordinaten zur genauen Beschreibung elektronischer Wellenfunktionen genannt. Diese beiden Ansätze haben zu numerischen Methoden geführt, die heute weltweit in allen großen quantenchemischen Programmen enthalten sind. Darüber hinaus hat Kutzelnigg sich mit Themen wie Van-der-Waals-Wechselwirkungen oder relativistischen Effekten beschäftigt.Aber Kutzelniggs Wirken beschränkte sich nicht auf den kleinen Kreis der Theoretiker. Sein zweibändiges Lehrbuch „Einführung in die Theoretische Chemie“ aus den Jahren 1975 und 1978 hat vielen Generationen von Chemiestudenten die Theorie näher gebracht. Bekanntheit erlangte Kutzelnigg besonders durch seine beiden Artikel in der Angewandten Chemie: „Was ist Chemische Bindung?“ im Jahr 1973 und „Die chemische Bindung bei den höheren Hauptgruppenelementen“ im Jahr 1984. Darüber hinaus beschäftigten ihn chemische Fragen wie etwa die Ringöffnung des Cyclopropylkations im Jahr 1967 oder die geometrische Struktur von CH5+ in den Jahren 1970 und 1974. Unter Experimentatoren weit verbreitet ist seine Methode zur genauen Berechnung von chemischen Verschiebungen in der NMR-Spektroskopie, die IGLO-Methode, die zwischen 1980 und 1995 zu zahlreichen Veröffentlichungen führte.Kutzelnigg war regelmäßig als Gutachter für die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Alexander-von-Humboldt-Stiftung und für das Nobelpreis-Komitee tätig, Mitglied der International Academy of Quantum Molecular Science in Menton, Frankreich, und Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft für Theoretische Chemie der deutschsprachigen Theoretischen Chemiker. Die GDCh verlieh ihm im Jahr 2016 in Anerkennung seiner Verdienste als erstem den neu gestifteten Erich-Hückel-Preis für sein Lebenswerk.Mit Werner Kutzelnigg verliert die Quantenchemie einen genialen Wegbereiter und Ideengeber, dessen Werk auch über seinen Tod hinaus in den künftigen Generationen von theoretischen Chemikern lebendig bleiben wird.Volker Staemmler,Dominik Marx,Christof Hättig,Lars Schäfer,Michael RömeltLehrstuhl für Theoretische Chemie, Universität Bochum

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Werner Kutzelnigg (1933 – 2019)

Werner Kutzelnigg war einer der Pioniere der theoretischen Chemie, der insbesondere die Quantenchemie in den 1960er Jahren in Deutschland etabliert und in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich mitgestaltet hat. Zu der German School of Quantum Chemistry, die vor allem zwischen 1970 und 1990 die Ent...

<h2>Warum uns keiner versteht</h2>Über den Artikel zur Fachsprache [Nachr. Chem. 2019, 67(12), 10] habe ich mich gefreut. Der Autor berührt ein relevantes Problem, das größere Aufmerksamkeit verdient. Im alltäglichen Chemieunterricht an allgemeinbildenden Schulen kann man das Problem mit Händen greifen: Wir werden insbesondere im Anfängerunterricht nicht verstanden, wenn wir uns fachsprachlich korrekt ausdrücken, und ruinieren damit den Zugang der Schüler zur Chemie von Anfang an. Meiner Erfahrung zufolge besteht das entscheidende Problem darin, dass die Sprache und das Denken der Naturwissenschaften durch Sozialisation erworben werden muss und nicht vorausgesetzt werden kann. Die scientific literacy oder naturwissenschaftliche Grundbildung bringt ein Teil unserer Schüler aus dem Elternhaus mit, aber andere Schüler verstehen uns nicht. Experimente sind im Chemieunterricht grundlegend, aber der Zusammenhang zwischen der Beobachtung und dem zugrunde liegenden Naturgesetz wird von der Schülerschaft mehrheitlich nicht verstanden.Walter Jansen lehrte, dass sich viele unserer Probleme im Unterricht in der Geschichte der Chemie spiegeln. Als Justus Liebig 1834 mit seinen Experimentalvorlesungen die moderne Chemie in Deutschland begründete, brachte er eine Fachsprache und eine naturwissenschaftliche Denkweise aus Paris mit, die in Deutschland fremd war. Er stand also vor dem gleichen Problem, dem wir im Anfängerunterricht begegnen, aber es gelang ihm, seine Studenten für die Chemie zu begeistern. Volhard beschreibt, wie er das machte: Liebig liefert keine reale Beschreibung der mühevollen und langweiligen Forschungsarbeit, sondern eine wirkungsmächtige mythologische Rekonstruktion der Forschung post festum: Er erzählt Heldenlegenden und veranstaltet ein spektakuläres Wissenschaftstheater. Er benutzt dazu die Alltagssprache und vermeidet Fachsprache. Fehlende Syntax, elliptische Sprache, Bewusstseinsstrom und Innenperspektive vermitteln Subjektivität, die emotional anschlussfähig ist und Sozialisation statt Kognition ermöglicht. John Hattie betont die Bedeutung des Lehrers für den Unterricht und begründet das damit: „Nicht das Wissen oder die Ideen, sondern die Konstruktion dieses Wissens durch die Lehrenden ist entscheidend.“Harald Paland, Berlin<h2>Was der Politik raten?</h2>In seinem Leitartikel [Nachr. Chem. 2020, 68(1), 3] fordert der neue Präsident der GDCh, Peter R. Schreiner, „politische Entscheidungen sollten auf Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse gefällt werden“. Und „Ziel muss es demnach sein, dass die GDCh als die Quelle sachgerechter und kompetenter Information für Politik, öffentliche Verwaltung und Medien wahrgenommen wird.“Dem kann man nur aus vollem Herzen zustimmen. Mein persönlicher Eindruck ist jedoch, dass für politische Entscheidungen wissenschaftliche Erkenntnisse völlig irrelevant sind. Insbesondere bei Themen, die emotional aufgeladen sind wie die Klima- und Energiepolitik, halte ich eine Versachlichung der Diskussion für dringend geboten, aber schwer erreichbar.Es ist das Ziel der Bundesregierung und der EU, die Erderwärmung zu verlangsamen, und zwar durch Verminderung der CO2-Emissionen, koste es, was es wolle. Nun beträgt der Anteil Deutschlands an den weltweiten CO2-Emissionen 2 %, der der gesamten EU 9 %. Die CO2-Emissionen Deutschlands sanken im vergangenen Jahr (2018) um 4,5 % auf 865,6 Mio. Tonnen. Als Ursache des Rückgangs nennt das Umweltbundesamt unter anderem den zurückgehenden Verbrauch fossiler Energieträger. Insgesamt senkte Deutschland die CO2-Emissionen seit 1990 um 30,8 %. Ursprünglich hatte die Bundesregierung geplant, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 % und bis 2030 um 55 % zu reduzieren. Diese Ziele werden wohl verfehlt werden.Leider haben diese Einsparungen für das Klima nichts gebracht: Die globalen CO2-Emissionen nehmen von Jahr zu Jahr zu. Warum? Durch Brandrodung und weil die Förderung fossiler Energieträger von Jahr zu Jahr zunimmt. Und was gefördert wird, wird auch irgendwo auf der Welt oxidiert. Wenn wir in Deutschland oder in der EU gar keine fossilen Brennstoffe mehr verbrauchen würden, verminderten wir den weltweiten CO2-Ausstoß nicht um 2 % und auch nicht um 9 %, sondern um 0 %. Ich finde, wenn wir schon eine kostspielige Energiepolitik betreiben, sollte sie wenigstens einen Effekt haben.Achim Günther, Berlin<h2>Literatur mit Links</h2>Ich erwarte genauere Angaben, die die Suche der Originalarbeiten erleichtern. Ein Beispiel: „Chemikalienmix im Alltagskunststoff“ [Nachr. Chem. 2020, 68(1), 84]. Die Angabe „eine Arbeitsgruppe“ hilft nicht weiter ohne Namen der Forscher. Oft ist es mühsam, die langen Internetcodes neu einzutippen. Aus dem Code und auch bei der Zeitschrift selbst sind Ausgabe und Seitennummer schwer zu finden, wenn man den Titel der Arbeit nicht hat. Beim Originalartikel stellte sich dann heraus, dass die Hauptautoren bei anderen Institutionen arbeiten.Karl-Heinz Hellmuth, Kerava/FinnlandDie „Korrespondenz“ veröffentlicht Briefe an die Redaktion. Gedruckt und online steht sie allen Lesern der Nachrichten aus der Chemie offen. Bitte senden Sie Ihre Zuschrift mit einem Umfang von maximal 1500 Zeichen als E-Mail an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.<figure><img src="https://media.graphcms.com/RYt8O2cSdecnIhVjKtCc"><figcaption><label>Abb. 1: </label></figcaption></figure>

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Werner Kutzelnigg (1933 – 2019)

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