Jahreswechsel – das Internationale Jahr des Glases ging (nicht zu Bruch aber zu Ende), ebenso das Internationale Jahr der handwerklichen Fischerei und Aquakultur. Willkommen Internationales Jahr der Hirse.
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Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Neue Genomuntersuchungen zeigen: Der Esel wurde bereits vor 7000 Jahren in Afrika domestiziert. Erst die Ankunft der später in Asien gezüchteten Pferde degradierte ihn zum Lasten- und Reittier für Arme.
Esel sind in der Kulturgeschichte ebenso omnipräsent wie Pferde. Der Status beider Reittiere allerdings ist verschieden, obwohl beide der Gattung Equus angehören. Cervantes ließ Don Quijote auf einem – wenn auch klapprigen – Pferd namens Rosinante reiten (Equus ferus caballus), seinen Diener Sancho Panza hingegen auf einem namenlosen Esel (Equus asinus oder Equus africanus asinus, je nachdem ob man ihn als eigene Art oder als Unterart des Wildesels einordnet). Auch heute halten Reiche Rennpferde als Statussymbol, wer hingegen in Armut und fern moderner Infrastruktur lebt, ist oft auf Esel als einziges Transportmittel angewiesen.
Die ältesten archäologischen Funde, die auf domestizierte Pferde hindeuten, stammen aus Botai in Zentralasien und sind rund 5500 Jahre alt. Allerdings lässt sich von diesen keine Verbindung zu modernen Pferderassen herstellen – sie sind näher mit dem Przewalski-Pferd (Equus przewalskii) verwandt.
Ein internationales Team um Ludovic Orlando an der Universität von Toulouse hat nun DNA aus archäologischen Funden untersucht. Damit klärten sie die Abstammung der heutigen Pferde.1) Deren Ursprung wird in der Region der unteren Wolga und des Don verortet, also im westlichen Teil der eurasischen Steppe. Dort waren in der Bronzezeit Nomadenvölker wie etwa die Skythen beheimatet. Die dort entstandene Pferdezucht erwies sich offenbar als die erfolgreichste, denn sie verdrängte um 2000 vor unserer Zeitrechnung alle anderen regionalen Abstammungslinien und breitete sich auch ins übrige Europa und in den Nahen Osten aus. Den Untersuchungen zufolge setzten sich zu jener Zeit die Anpassungen der domestizierten Pferde durch, die für die Entwicklung einer Reitkultur wichtig waren. Wenig später breiteten sich technische Errungenschaften wie der Wagenbau zusammen mit den Pferden aus.
Nach diesen Ergebnissen kamen die modernen Reitpferde nicht, wie zuvor vermutet, bereits 3000 vor Christus mit den Jamnaja nach Europa. Die Jamnaja sind ein Steppenvolk, dessen Ausbreitung mit der Ankunft der indo-europäischen Sprachfamilie in Europa verbunden wird. Die Verbreitung der indo-iranischen Sprachgruppe in Südwestasien hingegen lässt sich mit der von Pferd und Wagen erklären.
Um nach der Herkunft der Pferde auch die der nahe verwandten Esel zu klären, analysierten Ludovic Orlando und Kolleg:innen 49 eigens erstellte Genomsequenzen moderner Esel und verglichen sie mit 158 öffentlich verfügbaren Genomen.2) Diese Analysen waren mit beiden vorgeschlagenen Herkunftsmodellen vereinbar: sowohl mit einem einzigen Ursprungsort in Afrika als auch mit einem zusätzlichen Ursprungsort auf der arabischen Halbinsel. Die gemeinsamen Vorfahren lebten vor etwa 7000 Jahren und ähnelten genetisch am meisten den heutigen Eseln in Kenia und am Horn von Afrika.
Weitere Genomstudien an den Skeletten von 31 Eseln aus elf archäologischen Fundstellen geben dem einmaligen Ursprung in Afrika den Vorzug und ordnen diesen zeitlich vor mindestens 4500 Jahren ein. Die ältesten archäologischen Eselfunde stammen nämlich aus Anatolien (Türkei); sie wurden per 14C-Datierung auf einen Zeitrahmen von 2564 bis 2039 vor Christus festgelegt. Bei den jüngeren Proben konstatierten die Forscher im wesentlichen Ähnlichkeiten mit späteren und heutigen Eseln derselben Region. Nur in manchen Fällen gab es zusätzliche Vermischung über Fernhandel von Zuchttieren.
Bemerkenswert ist: Die Esel hatten nach ihrer Ankunft aus Afrika in den Hochkulturen des Nahen Ostens zunächst keine Konkurrenz durch Pferde. Denn die wurden erst 500 Jahre später eingeführt. Wenn also Reittiere aus der Familie der Pferde und Esel (Equidae) dort bildlich dargestellt oder erwähnt werden, können es nur Esel sein oder in manchen Fällen gezielte Hybridzüchtungen aus diesen und wilden Huftieren.
Eine solche Kreuzung war der Kunga – oft in Keilschrifttexten erwähnt und offenbar besonders wertvoll: Er kostete sechsmal so viel wie ein gewöhnlicher Esel. Das Tier findet sich auch auf antiken Bilddarstellungen wie etwa auf der Standarte von Ur, einem 4500 Jahre alten sumerischen Holzkasten mit Einlegearbeiten. Kungas waren vor allem mit der herrschenden Klasse Mesopotamiens assoziiert und dienten sowohl als Reit- wie auch als Zugtiere für Reise- und Kampfwagen. Die genaue biologische Einordnung dieses Tiers blieb aber lange nebulös.
Andrew Bennett am Institut Jacques Monod in Paris und Mitarbeiter:innen lösten dieses Rätsel nun anhand von DNA-Proben aus einer königlichen Grabstätte.3) In dem Grabkomplex von Umm-el-Marra, östlich von Aleppo (Syrien), sind 25 männliche Equidae bestattet. Davon wurde vermutlich mindestens die Hälfte eigens für die Begräbniszeremonie getötet. Wie Archäologen aus dem Kontext der Bestattung schließen, handelt es sich um die prestigeträchtigen Kungas.
Bennett und Kolleg:innen sequenzierten Teile des Genoms eines dieser etwa 4500 Jahre alten Tiere sowie einer etwa 11 000 Jahre alten Hemippe (auch „syrischer Halbesel“ genannt, Equus hemionus hemippus). Der Halbesel stammt aus der Fundstelle Göbekli Tepe in der Türkei und ist eines der zwei letzten Exemplare, die in Museumssammlungen konserviert wurden, als diese Unterart des asiatischen Wildesels Anfang des 20. Jahrhunderts ausstarb.
Wie die Genomdaten zeigten, war das in Umm-el-Marra bestattete Tier ein Hybrid, das zu gleichen Teilen von Hausesel und Hemippe abstammte. Geschlechtsspezifischen Untersuchungen der mitochondrialen DNA und des Y-Chromosoms zufolge hatte das Tier eine Eselin zur Mutter und eine Hemippe als Vater. Weiteres Ergebniss: Die Hemippen müssen zu jener Zeit deutlich größer gewesen sein als die letzten überlebenden Exemplare.
Dies ist das früheste belegte Beispiel dafür, dass Menschen gezielt Tierarten kreuzten. Es muss einige Anstrengung bereitet haben, die Hemippe in der Wildnis zu fangen. Der Lohn war ein bemerkenswert großes und schnelles Tier, das möglicherweise schneller laufen konnte als Pferde, und das wichtigen Funktionen diente, die erst später von Pferden übernommen wurden.
Nach Ankunft der Pferde im Nahen Osten und in Europa galten die Esel als weniger attraktives Reittier. Doch es ergaben sich neue Möglichkeiten der Kreuzung: Insbesondere das Maultier, wenn also der Vater ein Esel und die Mutter ein Pferd ist, gilt als ausdauerndes Arbeitstier, das geduldiger und nützlicher sein kann als jedes seiner Elternteile.
Im römischen Reich dienten Maultiere auch zu militärischen Zwecken, und es gab eine ganze Industrie, die diese Tiere für die Armee züchtete. Da Maultiere selbst meist unfruchtbar sind – was bei Kreuzungen verschiedener Arten zu erwarten ist –, muss die Züchtung jedes Mal erneut von Pferd und Esel ausgehen. Bei ihren Genomstudien an archäologischen Eselfunden gewannen Ludovic Orlando und Kolleg:innen einen Einblick in die Maultierproduktion.
Sie analysierten die Genome drei weiblicher und sechs männlicher Esel, die am Ausgrabungsort Boinville-en-Woëvre im Departement Meuse gefunden wurden, und zwar im landwirtschaftlichen Bereich einer römischen Villa. Die neun Tiere waren nahe verwandt mit einem hohen Grad Inzucht. Hinweise auf gelegentliche Vermischung gab es aber auch. All dies deutet darauf hin, dass die Esel hier gezüchtet wurden, und zwar wahrscheinlich zur Produktion von Maultieren für die Truppen an der nahe gelegenen Grenze zu Germanien.
Die Esel in Boinville-en-Woëvre wurden spezifisch auf ihre Größe hin gezüchtet, folgert Orlando, um auch große Maultiere zu erzeugen. Da an der Fundstelle aber weder Pferde noch Maultiere präsent sind, kann man sich das vielleicht so vorstellen, dass Stutenbesitzer dort zur Besamung vorsprachen oder dass die männlichen Esel auf Tournee geschickt wurden.
Wie der Vergleich von Eselgenomen quer durch die Geschichte zeigt, ist das Niveau der Inzucht in etwa konstant geblieben. Im Gegensatz dazu stieg es bei Pferden in den letzten Jahrhunderten, was vermutlich an der Begeisterung für Reitsport und Pferderennen liegt.
Der promovierte Chemiker Michael Groß arbeitet als freier Wissenschaftsjournalist in Oxford, England. www.michaelgross.co.uk
Die heutigen Pferde entstammen der Region der unteren Wolga und des Don, also dem westlichen Teil der eurasischen Steppe.
Die heutigen Esel tauchten erstmals in Afrika auf, ihre Vorfahren lebten vor etwa 7000 Jahren und ähnelten genetisch am meisten den heutigen Eseln in Kenia und am Horn von Afrika.
Die Esel kamen aus Afrika in die Hochkulturen des Nahen Ostens; Pferde wurden dort erst 500 Jahre später eingeführt. Dort wurden aus diesen und wilden Huftieren Hybride gezüchtet.
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