Industrie + Technik

Der Wirtschaftsbericht aus Österreich zeigt für das Jahr 2021 eine allgemein sich beruhigende Wirtschaftslage. Gleichzeitig verweist er auf Unwägbarkeiten der Zukunft.
Die österreichische Wirtschaft hat sich nach der Coronakrise im Jahr 2021 mit einem Wachstum von 4,5 Prozent wieder etwas erholt und den Rückgang des Vorjahrs von 7,3 Prozent teilweise aufgeholt. Insbesondere das zweite Quartal brachte hohe Anstiege verglichen mit dem zweiten im Jahr 2020; die positive Entwicklung setzte sich in den Folgemonaten fort. Im vierten Quartal ging jedoch die Wirtschaftsleistung bedingt durch den neuerlichen Lockdown wieder etwas zurück und schrumpfte gegenüber dem Vorquartal um rund 2 Prozent.Der Wirtschaftsbereich Herstellung von Waren erreichte im Jahr 2021 ein Plus von 8,7 Prozent, das höher als der Einbruch von 7 Prozent im Jahr 2020 <xref rid="nadc20224126768-fig-0001" ref-type="fig">ausfiel</xref>.<figure><img src="https://media.graphassets.com/hkelHnqMRIOZtWC304Tc"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Bild: alexlmx / Adobe Stock</figcaption></figure>
<h2>Pharma und Polymere</h2>Auch wenn noch keine endgültigen Zahlen vorliegen, zeigt sich deutlich, dass der Umsatz der chemischen Industrie im Jahr 2021 das Vorkrisenniveau bereits wieder überschreitet. Ein zweistelliges Wachstum zwischen 12 und 15 Prozent ist zu erwarten. Dieses ist jedoch zu einem guten Teil preisgetrieben und kein reines Mengenwachstum.Die größten Branchen – pharmazeutische Spezialitäten und Kunststoffwaren – schnitten unterschiedlich ab: Die pharmazeutischen Spezialitäten, die im Vorjahr ein Wachstum verzeichneten und weniger von der Corona-Krise betroffen waren, gingen zurück. Die Kunststoffbranche legte dagegen zweistellig zu: die Kunststoffverarbeitung etwa 15 Prozent, die Erzeugung noch stärker.Chemische Erzeugnisse stiegen ebenfalls überdurchschnittlich, Grund- und Agrochemikalien trugen in diesem Bereich zum Wachstum bei. Die Bauchemie entwickelte sich dem Schnitt der Chemiebranche in Österreich entsprechend.Die positive Entwicklung durch die steigende Nachfrage – sowohl international als auch auf den heimischen Märkten – führte gleichzeitig dazu, dass die Rohstoffverfügbarkeit ebenso wie Engpässe beim Transport eine immer größer werdende Schwierigkeit darstellten, die sich auch ertragsseitig bemerkbar machte. So sind die Preise für Vorprodukte durch die Lieferengpässe im Lauf des Jahrs 2021 gestiegen. Zudem verteuern hohe Energiekosten die Produktion.<h2>Krieg und Energie</h2>Derzeit ist die chemische Industrie aufgrund des Ukraine-Kriegs mit in den letzten Jahrzehnten noch nicht dagewesenen Unsicherheiten konfrontiert. Ob ausreichend Gas verfügbar ist, gestiegene Energiepreise und zunehmende Probleme bei der Verfügbarkeit von Rohstoffen bringen enorme Unwägbarkeiten bei gleichzeitig (noch) stabilen Auftragseingängen.Offen und dabei entscheidend für die künftige wirtschaftliche Entwicklung sind nicht zuletzt Antworten auf die Frage: Wie lassen sich angesichts der neuerlichen Krisensituation die notwendigen Investitionen in Richtung Zukunftstrends finanzieren, insbesondere sämtliche Green-Deal-Anwendungen?Klar ist: Die Weichenstellungen dafür müssen jetzt erfolgen, damit die chemische Industrie ihre Innovationskraft und Problemlösungskompetenz einbringen kann. Die Politik ist mehr denn je gefordert, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.<h2>Die Autorin</h2>Sylvia Hofinger ist Geschäftsführerin des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Zuvor war die Wirtschaftswissenschaftlerin im Kabinett österreichischer Wirtschaftsminister mit Unternehmens- und Umweltpolitik sowie Energie und Bergbau betraut. <a href="mailto:hofinger@fcio.at">hofinger@fcio.at</a><div><img src="https://media.graphassets.com/cPApquk4TBl1EhqtVR7E">

</div>Foto: Marko Kovic

Wirtschaft Österreich

Vorkrisenniveau überschritten

Der Wirtschaftsbericht aus Österreich zeigt für das Jahr 2021 eine allgemein sich beruhigende Wirtschaftslage. Gleichzeitig verweist er auf Unwägbarkeiten der Zukunft. Die österreichische Wirtschaft hat sich nach der Coronakrise im Jahr 2021 mit einem Wachstum von 4,5 Prozent wieder etwas erholt...

Der Wirtschaftschemiker

Roy Lichtenstein, einer der bekanntesten Pop-Art-Künstler, hat im Jahr 1970 ein Bild „Peace through chemistry“ genannt.1) Nun haben russische Streitkräfte mit Gewalt den Frieden in Europa beendet und die Hoffnung auf gutes Leben in Freiheit in Osteuropa in Angst verwandelt. Knappheit und steigende Weltmarktpreise für Energie, Dünger, Weizen und Pflanzenöl treffen Menschen auf der ganzen Welt, die Schwächsten besonders.Die Universitäten in Deutschland sind engagiert, der ukrainischen Wissenschaft hier mit Mitgefühl einen sicheren Platz zu schaffen, und viele Betriebe tun das auch. Das ist gut so. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Russland arbeiten, forschen und lehren bei uns. Ukrainische und russische Chemikerinnen und Chemiker, die unsere offene freiheitliche Gesellschaft unterstützen, sind herzlich willkommen. Sie werden ihre Kreativität zu unser aller Nutzen entfalten.In ihrer Heimat fehlen sie als Moment der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderung, die wir im Westen vorantreiben. Die Abwanderung kreativer Chemie aus Osteuropa lässt sich schätzen. Die Weltorganisation für geistiges Eigentum veröffentlicht Zahlen zu Patenten nach Herkunftsland und Fachgebiet. Im Jahr 1993 wurden knapp 6 Prozent der nicht nur national, sondern unter den Regeln des globalen Patentkooperationsvertrags (PCT) angemeldeten Patente in chemischen Kategorien an Anmelder aus Russland erteilt. Dieser Beitrag lag 2020 mit etwa 1,6 Prozent knapp unter dem aus den Niederlanden. Schon 2001 war Korea in dieser Statistik an Russland vorbeigezogen und liegt heute fast fünfmal darüber. Die Gewichte in der Welt verschieben sich. Auch in anderen osteuropäischen Ländern gibt es Grund zur Sorge, wenn Innovationskraft und gesellschaftliche Freiheit zusammenhängen. Noch vor kurzem hatten geplante Anlageninvestitionen Hoffnung auf Wandel durch Handel gemacht, etwa zu grünem Ammoniak in Russland, einem der weltgrößten Exporteure von Stickstoffdünger. Das deutsche Unternehmen Uniper war an einem dieser Projekte beteiligt, die man unter „peace through chemistry“ einordnen konnte. Das wird leider so nicht weitergehen.Abwanderung kreativer Menschen aufgrund von Mangel an Ressourcen und Freiheit ist ein Teufelskreis: Wo die Zahl der Gleichgesinnten abnimmt, wandern noch mehr in den Westen. Innovation aus Europa muss eine Rolle in der Welt spielen und dazu ist ein Osteuropa notwendig, aus dem Menschen nicht auswandern müssen. Dafür hat allererste Priorität: Freiheit und Frieden garantieren. Ob im Mai, wenn dieser Beitrag erscheint, zumindest die Waffen schweigen?<ul class="references"><li>
1 <a href="https://moma.org/collection/works/66689" target="_blank">moma.org/collection/works/66689</a></li></ul>
Rolf Albach leitet Polyurethanprojekte bei Covestro. Zudem lehrt der promovierte Chemiker mit einem Master of Business Administration an der Fachhochschule Aachen. Der Vorstandsvorsitzende der GDCh-Vereinigung Chemie und Wirtschaft führt uns mit dieser Kolumne im Wechsel mit Hannes Utikal durch die Welt der Wirtschaftschemie.

Wirtschaft Österreich

Vorkrisenniveau überschritten

Pharma und Polymere

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...