Industrie + Technik

Mit Kunstobjekten aus Pilzen erweitert eine Berliner Biotechnologie-Professorin den Blick auf die oft unbeliebten Sporenträger. Sie verbindet Kunst und Forschung, um das Potenzial filamentöser Pilze bekannter zu machen.
Schwarzschimmel – Aspergillus niger – ist nicht nur berüchtigt als Lebensmittelverderber, sondern auch beliebt als Expressionswirt. So wurde der Pilz genetisch umprogrammiert, um bioaktive Cyclodepsipeptide (CDPs) zu produzieren. Dies haben Forscher auch mit anderen Pilzen versucht, aber der Schwarzschimmel bringt nach Meinung Vera Meyers von der TU Berlin die größten Ausbeuten und Diversitäten, um Mechanismen nichtribosomaler Peptidsynthesen auf molekularer Ebene zu verstehen.Für CDPs interessiert sich die pharmazeutische Industrie als Mittel gegen Mikroben, Würmer und Krebs.1) Zudem lassen sich aus Aspergillus niger Enzyme und organische Säuren wie Zitronensäure im großtechnischen Maßstab gewinnen.Als Biotechnologin sieht Vera Meyer vor allem die Vorteile von Pilzen. Sie engagiert sich etwa bei Eurofung, einer Stiftung, die Industrie und Wissenschaft verbindet, damit beide zusammen Pilze als Zellfabriken erkunden.2)Als Künstlerin will Meyer unter dem Namen V. meer die Schönheit von Pilzen zeigen. Sie trennt aber nicht zwischen wissenschaftlichem und künstlerischem Blick: „Wenn ich einen Schimmelpilz unter dem Mikroskop anschaue, beeindruckt und ergreift mich das immer wieder. Die morphologischen Strukturen, die sich aus pilzlichem Mycelwachstum ergeben, sind wunderschön.“ Für sie lenken Pilze den Blick auf das Geheimnisvolle, Unsichtbare. „Pilze sind die kleinsten, aber auch die größten Organismen auf dieser Erde. Sie können Tod und Verderben bringen, krank machen und Halluzinationen verursachen, aber sie sind auch Zellfabriken für Antibiotika und Lebensmittel.“3)Für ihre Kunst arbeitet V. meer eher makroskopisch. Sie sammelt Pilze, Holz und Metall und verbindet diese Materialien zu Skulpturen. Ihre neueste Serie ist von Göttermythen der Skythen inspiriert (Abbildung). Bei diesem Reitervolk am Schwarzen Meer verortete Herodot den Ursprung der Amazonen. Meyer vermutet auch ihre eigenen Vorfahren dort.<figure><img src="https://media.graphcms.com/ympbZV6sQlS06bImmqn5"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Api, skythische Göttin, 2018, aus der Serie „Anthropomorphs &amp; Zoomorphs“, Material: Pilze, Metall, Rost. Foto: V. meer</figcaption></figure>
Einige ihrer Kunstwerke stehen an ihrem Arbeitsplatz. Darüber kommt sie mit Menschen ins Gespräch. Sie sagt: „Für mich hat sich so ein neues Fenster geöffnet, über das zu berichten, was wir in der Wissenschaft tun. In einer Art und Weise, die dazu inspiriert, in neue Richtungen zu denken.“Nun arbeitet sie in einem Citizen-Science-Projekt mit dem Art Laboratory Berlin zusammen, um Pilzbiotechnologie und Kunst zusammenzuführen sowie Fragen der Bioökonomie bekannter zu machen, etwa: Wie lassen sich mit Baumpilzen aus pflanzlichen Abfällen, also aus Lignin und Cellulose, Materialien biotechnisch gewinnen? Meyer träumt davon, ihren Kunstwerken einen Rahmen zu geben, der derer würdig ist – eine Ausstellung, in der Raum und Licht die Vielfalt und Charaktere der Pilzskulpturen erstrahlen lassen.Diesen Beitrag bearbeitete Nachrichten-Redakteurin Maren Bulmahn nach einem Dechema-Blog-Beitrag von Kathrin Rübberdt.3)
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1 S. Boecker, S. Grätz, D. Kerwat et al., Fungal Biol. Biotechnol. 2018, 5, 4</li><li>
2 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://mikrobiologie.eurofung.tu-berlin.de/" target="_blank">http://mikrobiologie.eurofung.tu-berlin.de/</a></ext-link></li><li>
3 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://dechema.wordpress.com/tag/kunst/" target="_blank">https://dechema.wordpress.com/tag/kunst/</a></ext-link></li></ul>

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Wissenschaft und Kunst: Das Unsichtbare sehen

Mit Kunstobjekten aus Pilzen erweitert eine Berliner Biotechnologie-Professorin den Blick auf die oft unbeliebten Sporenträger. Sie verbindet Kunst und Forschung, um das Potenzial filamentöser Pilze bekannter zu machen. Schwarzschimmel – Aspergillus niger – ist nicht nur berüchtigt als Lebensmitt...

Wie lassen sich geheime Daten sicher speichern und übersenden? Eine isocyanidbasierte Multikomponentenreaktion liefert Moleküle dafür. Dabei ist es unumgänglich, nicht nur zu schütteln, sondern auch zu rühren.
Die DNA ist das wohl bekannteste Beispiel für Informationsspeicher, die mit einem chemischen Code in einem Molekül funktionieren. Für ein kryptografisches System eignen sich grundsätzlich sequenzdefinierte Makromoleküle, etwa an der Festphase mit Thiolactonchemie1) oder als Oligo-Phosphorester.2) In flüssiger Phase dienten dazu bislang vor allem photochemische3) und Multikomponentenreaktionen.4)Die in solchen Molekülen gespeicherten Informationen wurden zum Beispiel für Anwendungen gegen Produktpiraterie diskutiert. Der Informationsgehalt des menschlichen Genoms liegt bei ungefähr 1359 Megabyte – synthetische Moleküle speichern bislang bis zu 100 Bit an Informationen.Privatpersonen, Personen des öffentlichen Lebens, Regierungen und Militär nutzen verschlüsselte Kommunikationswege, um sensible Daten zu übermitteln. Daten lassen sich durch spezielle Algorithmen schützen; dafür ist jedoch ein geheimer Schlüssel nötig, den nur Sender und Empfänger besitzen oder kennen. Solche Schlüssel sind in der Regel 128 Bit groß und müssen dem Empfänger auf einem zweiten Weg übermittelt werden. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass Dritte sie entdecken und damit die geheime Nachricht entschlüsseln.Eine neue Methode ermöglicht es, mit speziellen Molekülen und einem extra dafür entwickelten Computerprogramm Informationen sicher zu versenden. Die Moleküle dafür müssen in ihrer Struktur variabel sein, um große Informationsmengen speichern zu können. Synthetisiert werden sie in Multikomponentenreaktionen. Dabei reagieren mindestens drei Komponenten zu einem Molekül, und die meisten Atome der Ausgangsverbindungen sind im Produkt enthalten. Dies führt je nach Zahl der reagierenden Komponenten zu einer hohen Informationsdichte.<h2>Eine Vierkomponentenreaktion</h2>In einer Ugi-Vierkomponentenreaktion reagieren ein Isocyanid, ein Aldehyd, ein Amin und eine Carbonsäure zu einem Bisamid (Abbildung 1). Die Reaktion lässt sich bei Raumtemperatur, in polar protischen Lösungsmitteln und mit vielen unterschiedlich substituierten Reaktanden durchführen.5)<figure><img src="https://media.graphcms.com/VRugbOZQnhhTatAKbWIQ"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Die Ugi-Vierkomponentenreaktion: Aus einer Carbonsäure (lila), einem Aldehyd (pink), einem Amin (grün) und einem Isocyanid (rot) entsteht ein Bisamid (türkis). Dieser Reaktionstyp liefert Moleküle, mit denen sich Daten speichern lassen.</figcaption></figure>
Aus 10 perfluorierten Carbonsäuren, 50 Aldehyden, 50 Aminen und 20 Isocyaniden entstand auf diese Weise eine Datenbank. Die 130 Komponenten lassen sich zu 10×50×50×20 = 500 000 molekularen Schlüsseln kombinieren. Die Komponentenanzahl ist zurzeit durch das begrenzt, was kommerziell erhältlich ist. Sie ließe sich durch Synthesen nicht kommerziell erhältlicher Komponenten auf ein Vielfaches erhöhen.Den Komponenten werden Buchstaben und Zahlen zugewiesen. Je nach Kombination der Edukte in der Synthese ergibt sich daraus ein alphanumerischer Code.Die synthetisierten molekularen Schlüssel lassen sich analog und versteckt etwa auf Papier, in Kaffee oder Tee versenden. Um die Moleküle aus diesen Medien wieder zu isolieren, dienen fluoridische Festphasenextraktion (fluorous solid phase extraction, FSPE) und ein fluorophiles – jedoch nicht fluoriertes – Lösungsmittel. Die FSPE trennt das Reaktionsgemisch in fluorhaltig und nicht fluorhaltig.6)So lassen sich kleine Mengen versteckter Substanz, etwa wenige Milligramm, aus komplexen Medien isolieren. Hochauflösende Tandem-Massenspektrometrie bestimmt anschließend die Molekülstruktur, die mit einem Computerprogramm die Identität des Schlüssels und so auch den alphanumerischen Code für eine Entschlüsselung preisgibt.Die Mehrkomponentenreaktionen nach Passerini mit Aldehyden oder Ketonen, Isocyaniden und Carbonsäuren oder nach Biginelli mit Acetessigester, Benzaldehyd und Harnstoff sind weitere Multikomponentenreaktionen, die sich wie viele andere eignen, um Daten zu speichern.<h2>Ein besonderer Brief</h2>Ein Beispiel für das Übertragen geheimer Daten und des Schlüssels: Sender und Empfänger treffen sich, um Details der sicheren Kommunikation zu besprechen. Dabei klären sie, wie der molekulare Schlüssel transportiert wird (etwa in Schweineblut, auf Papier oder in Kaffeepulver) und ob mehrere molekulare Schlüssel verwendet werden sollen, um die Sicherheit zu erhöhen.Um geheime Daten zu versenden, synthetisiert der Sender die Moleküle und erstellt den entsprechenden alphanumerischen Code. Damit verschlüsselt er eine beliebig große Datenmenge. Die lässt sich in verschlüsselter Form digital versenden oder auch einfach ins Internet stellen. Anschließend verschickt er den molekularen Schlüssel analog versteckt, also steganografisch. Der Empfänger isoliert den molekularen Schlüssel, analysiert diesen mit hochauflösender Tandem-Massenspektrometrie und stellt mit dem Computerprogramm den alphanumerischen Code her. Damit entschlüsselt er die anderweitig verschickten Daten.Abbildung 2 zeigt das Versenden einer verschlüsselten Nachricht in Form eines Briefs (A). Das Schlüsselmolekül wird gelöst, auf eine Ecke des Briefs aufgetragen (B) und mit einer Briefmarke verdeckt (C). Nach Erhalt des Briefs wird der molekulare Schlüssel mit einem Lösungsmittel extrahiert (D) und mit FSPE getrennt. Die Analyse mit Tandem-Massenspektrometrie und dem passenden Computerprogramm entschlüsselt die Nachricht (E).<figure><img src="https://media.graphcms.com/4ww6zCSaRDGkwl629Ua8"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Auftrag, Transport vom Sender zum Empfänger und Extraktion des Schlüsselmoleküls.7)</figcaption></figure>
Maximiliane Frölich ist Doktorandin im Arbeitskreis von Michael Meier am Karlsruher Institut für Technologie. Michael A. R. Meier ist Professor am Karlsruher Institut für Technologie am Institut für Organische Chemie. Seine Forschungsinteressen sind nachhaltige Chemie und hochdefinierte Makromoleküle. <a href="mailto:m.a.r.meier@kit.edu">m.a.r.meier@kit.edu</a>Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Förderung des Sonderforschungsbereichs 1176 (Projekt A3), in dessen Umfeld diese Arbeit entstand.<h2>Quergelesen</h2>Mit molekularen Schlüsseln aus der Ugi-Vierkomponentenreaktion und einem Computerprogramm lassen sich Nachrichten sicher versenden.Die Methode kombiniert digitale und analoge Kommunikationskanäle, im Informationen zu verschlüsseln und zu verstecken.Institutionen und Personen, für die eine besonders sichere Übermittlung geheimer Daten unerlässlich ist, können von der Methode profitieren. Diese eignet sich zudem als Mittel gegen Produktpiraterie.
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1 S. Martens, A. Landuyt, P. Espeel, B. Devreese, F. Du Prez, Nat. Commun. 2018, 9, 1–8</li><li>
2 A. Al Ouahabi, J. Amalian, L. Charles, J. Lutz, Nat. Commun. 2017, 8, 1–8</li><li>
3 N. Zydziak, W. Konrad, F. Feist, S. Afonin, S. Weidner, C. Barner-Kowollik, Nat. Commun. 2016, 7, 1–10</li><li>
4 A. C. Boukis, M. A. R. Meier, Eur. Polym. J. 2018, 104, 32–38</li><li>
5 A. Dömling, I. Ugi, Angew. Chem. Int. Ed. 2000, 39, 3168–3210</li><li>
6 N. M. Kovalchuk, A. Trybala, V. Starov, O. Matar, N. Ivanova, Adv. Colloid Interfac. Sci. 2014, 210, 65–71</li><li>
7 A. C. Boukis, K. Reiter, M. Frölich, D. Hofheinz, M. A. R. Meier, Nat. Commun. 2018, 9, 1439</li></ul>

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