„Wow, Benjamin, da hast Du uns aber harte Arbeit serviert“, stöhnt Sven, als er die Bewerbungsunterlagen seines Kollegen überfliegt. Benjamin hat sich zwar an die Regel gehalten, dass ein Lebenslauf für den nichtakademischen Bereich maximal zwei S...
Ferienlabor
Brennende Gummibärchen und danach Freibad
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Nach einer pandemiebedingten Pause experimentieren in diesem Jahr am Fachbereich Chemie der TU Kaiserslautern wieder Mittel- und Oberstufenschüler:innen. Diese Art der Ferienfreizeit begann vor mehr als 15 Jahren mit Mikroskopen für das anorganisch-chemische Grundpraktikum.
Seit dem Jahr 2006 bietet das Microlab der TU Kaiserslautern jedes Jahr ein Ferienpraktikum an – nur unterbrochen in den letzten zwei Jahren durch die Coronapandemie. Das Labor verfügt über 50 Laborplätze – etwa so viele Schüler:innen ab der neunten Klasse können jährlich eine Woche ihrer Sommerferien an der Uni verbringen. In diesem Jahr werden es Ende August etwa 30 Jugendliche sein, um das Labor nicht zu dicht zu belegen. In der Regel gibt es mehr Bewerber:innen als Plätze, die Teilnehmer:innen werden nach Eingang der Anmeldung ausgewählt.
Das Praktikum ist wie eine Ferienfreizeit organisiert: Die Schüler:innen sind als Gruppe in einem angemieteten Haus untergebracht. Um Betreuung und Verpflegung kümmern sich Mitarbeiter:innen der Universität, die oft nur wenig älter sind als die Teilnehmenden.
Im Praktikumslabor führen die Schüler:innen hauptsächlich solche Versuche durch, die im Schulalltag selten Platz finden. Es geht um Lebensmittel- und Farbstoffchemie, sowie um unkonventionelle Zugänge zu Themen wie Analytik oder Elektrochemie. So berichtet ein Teilnehmer: „Es gab tanzende und brennende
Nicht nur im Labor
Am ersten Praktikumstag stellen sich die Jugendlichen aus einem Angebot an Führungen und Workshops in Forschungslaboratorien ein Programm zusammen. In den folgenden Tagen erhalten sie von Universitätsmitarbeiten:innen Einblick in deren Forschung, besichtigen Großgeräte oder experimentieren unter Anleitung selbst. Wenn sie es wünschen, organisieren die Betreuer:innen Gespräche mit Studienberater:innen und Ansprechpartner:innen anderer Fachbereiche.
Zum Freizeit-Rahmenprogramm gehört ein Bierbrauworkshop (für Schüler:innen ab 16), eine chemische Spielwiese mit Haushaltswaren und Lebensmitteln, mit denen die Schüler:innen zum Beispiel Knete, Nussnougatcreme, Schleim, Miniraketen und Unterwasserfackeln selbst herstellen und ausprobieren. Nachmittag und Abend können die Jugendlichen im Schwimmbad, beim Tischtennis oder am Billardtisch verbringen.
Am letzten Praktikumstag präsentieren die Teilnehmer:innen Demonstrationsexperimente, die sie zuvor in kleinen Gruppen erarbeitet haben. Das können Kunstwerke in der Petrischale, blubbernde Laboraufbauten oder Flammenerscheinungen sein, gestaltet als Theaterszenen, für welche die Jugendlichen selbst Texte ausarbeiten. Eingeladen sind Eltern, Freunde sowie Mitarbeiter des Fachbereichs. Am Freitagabend gibt es eine Abschlussparty, für die die Teilnehmer:innen das Speiseeis mit flüssigem Stickstoff herstellen.
Das Praktikum selbst ist für die Teilnehmer:innen kostenlos, einen Beitrag leisten sie zu den Kosten der Unterkunft, der Verpflegung und für die Freizeitaktivitäten.
Mikroskope für Anfänger
Ausgangspunkt für das Ferienpraktikum war die Gründung des Microlabs an der TU Kaiserslautern (Schreibweise der Universität: MicroLab): Im Jahr 2002 stellten die Robert-Bosch-Stiftung und der Fonds der Chemischen Industrie Geld für Mikroskope, Kameras und Zubehör zur Verfügung, um chemische Reaktionen zu dokumentieren. Ein Lehramtskandidat, der im Microlab die Experimente für seine Examensarbeit durchführen wollte, übernahm Beschaffung, Aufbau und Inbetriebnahme der Geräte. Er hatte Biologie als zweites Fach studiert und kannte sich daher mit Mikroskopen aus.
Die Aktivitäten des Microlabs waren von Anfang an auch auf Experimente für Schüler:innen ausgerichtet. Im Jahr 2005 kam die Coautorin dieses Beitrags, Jennifer
Die Anschubfinanzierung dafür stellten das Land Rheinland-Pfalz und die Robert-Bosch-Stiftung zur Verfügung. Gesichert war die Finanzierung allerdings erst, als Jahre später Mittel aus dem Sonderforschungsbereich 3MET (SFB/TRR 88) der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die für die Schnittstelle zwischen Schule und Universität gedacht waren, sowie Geld aus einer Förderinitiative des Landes zugunsten von Veranstaltungen für Schüler:innen hinzukamen.
Ehrenamtliches Engagement
Teilnehmer:innen zu gewinnen, erforderte am Anfang viel Einsatz: Schüler:innen kamen nur über persönliche Kontakte und Besuche bei Schulklassen ins Ferienlabor. Flyer oder andere Werbeträger brachten wenig.
Inzwischen hat sich das Ferienpraktikum herumgesprochen, Schüler:innen nehmen mehrfach teil, und es melden sich jüngere Geschwister und Freunde ehemaliger Teilnehmer:innen an.
Viele Ehemalige engagieren sich als freiwillige Helfer:innen. Diejenigen unter ihnen, die an der TU Kaiserslautern studieren, helfen im Sommersemester bei der Vorbereitung. Das unveränderte Engagement der Ehrenamtlichen hat das Ferienpraktikum über die Coronapause hinweg am Leben erhalten.
Die Betreuung im Praktikum übernehmen Chemielehrkräfte. Sie wenden eine Woche ihrer Sommerferien und die Vorbereitungszeit dafür auf, obwohl die Vergütung nur der einer Hilfskraftstelle entspricht. Fast alle Praktikumsbetreuer:innen haben in Kaiserslautern studiert.
Die Autoren danken den im Beitrag genannten Geldgebern sowie Marcel Daponte, der dem Ferienlabor einen großzügigen Anteil aus dem ihm zugesprochenen Distinguished Teaching Award der TU überlassen hat, sowie allen Kolleg:innen des Fachbereichs für den Rückhalt und die Unterstützung angesichts knapper Ressourcen und steigender Kosten.
Diesen Beitrag haben Jennifer Schygulla und Helmut Sitzmann verfasst. Schygulla ist Oberstudienrätin am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Dillingen/Saar. Sie hat von 2001 bis 2006 an der TU Kaiserslautern Chemie und Mathematik für das Lehramt studiert und in der Zeit das Ferienlabor initiiert. Seitdem leitet sie es jedes Jahr. Sitzmann ist außerplanmäßiger Professor für anorganische Chemie an der TU Kaiserslautern. Die Idee für das Microlab hatte er bereits Anfang der 1990er Jahre, als er noch Assistent im Grundpraktikum war. j.schygulla@asg-dillingen.de
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