Gesellschaft Deutscher Chemiker

Buchbesprechung

Gleichstellung zum Hören und Lesen

Nachrichten aus der Chemie, Mai 2025, S. 90-91, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Rezensionen des JCF-Teams Chancengleichheit:

Beklaute Frauen. Von Leonie Schöler

Darum gehts: Die Historikerin und Journalistin Schöler beleuchtet, wie die Leistungen von Frauen in der Geschichte systematisch übergangen, kleingeredet oder Männern zugeschrieben wurden. Dazu nutzt sie Beispiele aus Wissenschaft, Kunst, Literatur und Politik. Wie sie zeigt, handelt es sich dabei um ein strukturelles Problem, das auch heute noch die Lebensrealität von Frauen beeinflusst und einschränkt.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma24wkpm669u07umankneya1

Das gefällt: Schöler berichtet etwa von Lise Meitner oder Rosalind Franklin, für deren bahnbrechende Arbeiten sich Männer die Anerkennung erschlichen, aber auch über die unentgeltliche Ausbeutung von Frauen durch Väter und (Ehe-)Männer.

Das macht das Buch besonders: Es zeigt, wie sich patriarchale Strukturen bis heute in Wirtschaft, Wissenschaft und Algorithmen festgesetzt haben – gerade deshalb ein wichtiges Buch, das nicht nur Ungerechtigkeit aufzeigt, sondern zu weiterem Nachdenken anregt.

Penguin Verlag 2024. 416 Seiten, geb. 22 Euro. ISBN 978–3328603238

Bitch. Von Lucy Cooke

Darum gehts: Bitch räumt informativ und unterhaltsam mit den Mythen über Weiblichkeit auf. Denn Frauen im Tierreich sind keineswegs passive, unterwürfige Wesen, sondern anpassungsfähig, strategisch und oft dominant. Cooke präsentiert faszinierende Forschungsergebnisse aus der Verhaltensbiologie, die nicht nur belegen, dass Weibchen Rivalität zeigen und aggressiv sein können, sondern auch in vielen Arten die evolutionäre Kontrolle übernehmen.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma24wmvm66er07umnv6ay8rb

Das gefällt: Mit Humor (und) auf den Punkt gebracht hinterfragt Cooke die von Männern dominierte Wissenschaftsgeschichte, die lange das Bild der Weiblichkeit verzerrt hat. Sie reist selbst zu Forschungseinrichtungen und teilt Erkenntnisse – von kannibalischen Spinnenweibchen über die unterschätzte Ausprägung und Macht der weiblichen Lust zum despotischen eusozialen System des Nacktmull-Matriarchats.

In einem Satz: Eine Ode an die Vielseitigkeit der Evolution.

Malik 2023. 432 Seiten, geb. 22 Euro. ISBN 978–3890295824

Durchbruch. Mein Leben für die Forschung. Von Katalin Karikó

Darum gehts: In ihrer Autobiographie schildert die Nobelpreisträgerin ihren Lebensweg, der sie von einem kleinen ungarischen Dorf zu globaler Bekanntheit führte. Dabei berichtet sie von ihrer Kindheit in einfachen Verhältnissen und ihrem wachsenden Interesse an Biologie. Sie beschreibt ihren Weg an die Universität, die Schwierigkeiten, sich dort einzufügen, und zeigt auf, welche Steine Frauen in der Wissenschaft in den Weg gelegt werden. Es ist bemerkenswert, welche Entschlossenheit Karikó zeigt, um für ihren Platz in der Forschung zu kämpfen.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma24xd3860eb08ulxhfcqin6

Das fällt auf: Die Bedeutung von Leidenschaft für das eigene Tun ist ein wiederkehrendes Motiv des Buchs. Außer ihrer Forschung thematisiert Karikó, wie sich eine inklusive Wissenschaftswelt gestalten ließe: etwa durch mehr Kinderbetreuung, eine nicht an Publikationen gebundene Leistungsbemessung oder mehr unbefristete Stellen.

In einem Satz: Das Buch handelt von einer beein-druckenden Frau, die sich – angefeuert durch ihre Leidenschaft und den Glauben an sich selbst – Barrieren entgegen gestellt hat und so zu einer der renommiertesten Wissenschaftlerinnen der Welt geworden ist.

btb Verlag 2024. 352 Seiten, geb. 24 Euro. ISBN 978–3442762866

Mutterschaft und Wissenschaft. Von Sarah Czerney, Lena Eckert, Silke Martin

Darum gehts: Um die strukturellen, sozialen und emotionalen Hürden für Frauen in akademischen Karrieren. Persönliche Beiträge in Form von Essays, Interviews und Gedichten bis hin zu wissenschaftlichen Abhandlungen spiegeln die Komplexität und die individuellen Erfahrungen, die mit der Doppelidentität „Mutter“ und „Wissenschaftlerin“ verbunden sind. Dass beide als unvereinbar gelten, greift tief in das Selbstverständnis der Frauen ein.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma24xfpa69wl07umja947x13

Das gefällt: Das Buch thematisiert, wie Identitätskonflikte das Selbstbewusstsein prägen und die eigene Rolle sowohl als Wissenschaftlerin als auch als Mutter immer wieder hinterfragt werden muss. Es regt zu Diskussionen an, wie sich Arbeitsbedingungen für Mütter in der Wissenschaft verbessern lassen.

In einem Satz: Ein Pflichtwerk für alle, die sich mit der Vereinbarkeit von Familie und Karriere in der Akademia beschäftigen.

Springer 2020. 380 Seiten, brosch. 29,99 Euro. ISBN 978–3658309312 Das Buch ist über einige Universitäten frei erhältlich und als Ebook downloadbar. Wen interessiert, wie die Corona-Pandemie die Situation verschärft hat, liest das Folgebuch Mutterschaft und Wissenschaft in der Pandemie.

Resist Academia. Von Tarah-Tanita Truderung

Darum gehts: Auf welche Hürden stoßen marginalisierte Gruppen in der Akademia? Die Autorin setzt sich kritisch mit Machtverhältnissen auseinander und fordert Veränderungen sowie aktiven Widerstand gegen strukturellen Rassismus. Dabei stützt sie sich auf Autor:innen von Büchern zu Rassismus in der Wissenschaft.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma24y5wf6bxa07um2klq587k

Das fällt auf: Truderung schreibt direkt, roh und unverblümt. Ihre Wut zeigt sich nicht nur in ihrer Argumentation, sondern auch im umgangssprachlichen Stil inklusive Schimpfwörtern. Sie fordert dazu auf, Wut als Antrieb für Veränderung zu nutzen, und macht ihr Buch dadurch eindringlich, aber auch herausfordernd. Truderung reißt Probleme an, analysiert allerdings nicht alle ausführlich – oft fehlen Ursachen oder konkrete Beispiele.

Eignet sich für: Das Buch setzt einiges an Wissen voraus und richtet sich daher hauptsächlich an Betroffene. Es eignet sich eher nicht für Einsteiger:innen, da eine zugängliche Einführung in das Thema fehlt.

Books on Demand 2024. 178 Seiten, brosch. 14,99 Euro. ISBN 978–3769300994

Unsichtbare Frauen. Von Caroline Criado-Perez

Darum gehts: Eine akribisch recherchierte Analyse der systematischen Ignoranz gegenüber Frauen in Wissenschaft, Wirtschaft, Stadtplanung und Gesundheitswesen. Zentrales Thema ist der „Gender Data Gap“, also der Mangel an geschlechtsspezifischen Daten, der zur Benachteiligung von Frauen in nahezu allen Lebensbereichen führt. Die beeindruckende Fülle an wissenschaftlichen Studien und Statistiken verdeutlicht anhand von Beispielen, die man als Frau zum Teil selbst nie so wahrgenommen hat, dass die Welt nach männlichen Maßstäben konstruiert ist.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma24y7z06c2e07um68wtdr4c

Das Besondere: Criado Perez vergisst nicht zu zeigen, dass struktureller Sexismus nicht unbedingt auf böser Absicht beruht, sondern auf Datenlücken, die sich über Jahrzehnte – wenn nicht Jahrhunderte – verfestigt haben.

Eignet sich für: Menschen, die sich für evidenzbasierte Gesellschaftsanalysen interessieren – sie werden aus diesem Buch neue Erkenntnisse gewinnen. Keine leichte, aber eine unverzichtbare Lektüre – für Frauen, Männer und alle, die mit Daten arbeiten.

btb Verlag 2020. 496 Seiten, brosch. 18 Euro. ISBN 978–3442718870

Wir von unten. Wie soziale Herkunft über Karrierechancen entscheidet. Von Natalya Nepomnyashcha

Die Vorgeschichte: Als Nepomnyashcha als Kind aus der Ukraine nach Deutschland floh, hoffte sie auf ein neues Leben. Doch trotz überwundener Barrieren, etwa der Sprache, wurde ihr der Weg ins Gymnasium, im Studium oder bei Jobangeboten erschwert. Und zwar nicht wegen fehlender Leistung, sondern wegen ihrer sozialen Herkunft. Nepomnyashcha beginnt, sich mit systematischem Klassismus – also der Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sozialen Schicht – zu beschäftigen. Für ihr herausragendes Engagement für soziale Gerechtigkeit erhielt sie im Jahr 2024 das Bundesverdienstkreuz.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma24yvz563kt08uls3tx703d

Darum gehts: In Wir von unten sammelt die Autorin Erfahrungen von Mitgliedern des von ihr gegründeten „Netzwerk Chancen”, die in ihrer beruflichen Entwicklung stets gegen eine gläserne Decke gestoßen sind und denen ein weiterer Aufstieg erschwert wurde. Die Autorin geht auf Ursachen von Klassismus ein, wie ungleiches kulturelles Kapital oder fehlender Zugang zu Netzwerken für die eigene Karriere.

In einem Satz: Ein gut recherchierter und vielfältiger Einblick in die Lebensrealitäten von Erstakademiker:innen.

Ullstein Hardcover 2024. 272 Seiten, geb. 19,99 Euro. ISBN 978–3550202766

Podcast. Moderiert von Marie Eickhoff und Luisa Pfeiffenschneider

Behind Science

Darum gehts: Jeden Science-Samstag besprechen die beiden Wissenschaftsjournalistinnen den Gossip aus der Wissenschaft. Die Episoden führen die Hörer:innen durch die Leben etwa von Rosalind Franklin, Alan Turing oder auch Heinrich Wöhlk, dem Erfinder der Kontaktlinse. Selbst das Liebesleben von Albert Einstein bleibt nicht verschont.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma250sa967ru08ulw3al4ctt

Das gefällt: Es geht nicht nur um die Vergangenheit; es werden auch immer wieder aktuelle Forschungsthemen in persönlichen Interviews beleuchtet.

Das macht den Podcast besonders: Er ist eine gute Kombination aus Faktenvermittlung und Unterhaltung für jede:n, die oder der sich für Naturwissenschaften interessiert.

Podcast. Moderiert von Charlotte Zajc

Die Wissen schafft

Darum gehts: Um Challenges und Chancen von Frauen in der Wissenschaft, moderiert von einer promovierten Biotechnologin. Diese überzeugt mit ihrer Leidenschaft und ihrem Engagement, den Podcast als ihr „privates Ein-Frau-Projekt“ zu führen.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma250w2c67xj08ulqmtn55ra

Das gefällt: Zajc präsentiert komplexe Themen verständlich und mit viel Begeisterung. Zwar könnte die Tonqualität an manchen Stellen besser sein und der Podcast erscheint nicht regelmäßig, doch die Einzigartigkeit der behandelten Themen macht das wieder wett.

Das macht den Podcast besonders: Die Vielfalt der Perspektiven, die sich aus den Einblicken in verschiedene Disziplinen und oft auch persönlichen Geschichten der beteiligten Wissenschaftler:innen ergibt. Wer sich für Wissenschaft jenseits der üblichen Themen interessiert, wird hier definitiv auf interessante und oft unbekannte Projekte stoßen.

Podcast. Moderiert von Isabell Lisberg-Haag

Klassenreisen – wie Herkunft Karriere macht

Darum gehts: Ein oftmals übersehener Aspekt der Chancengleichheit ist, wie sich unser Elternhaus und unser sozialer Hintergrund auf unsere berufliche Entwicklung auswirken. Dem widmet sich Lisberg-Haag: Welche Karriereperspektiven haben Arbeiterkinder im akademischen Umfeld?https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma251keg6idr07umrhmv5qvv

Das gefällt: In ihren Episoden thematisiert die Moderatorin zusammen mit ihren Gäst:innen etwa die Bedeutung von Mentoring-Programmen, Außenseitertum, Schamgefühl und kulturellem Kapital – für Erstakademiker:innen allgegenwärtige Lebensinhalte, die gesellschaftlich stark tabuisiert werden.

Das macht den Podcast besonders: Die persönlichen Erfahrungen der Moderatorin und ihrer Gesprächspartner:innen.

Podcast. Moderiert von Juliane Bienert

Sachgrundaktivismus – der Promotionspodcast

Darum gehts: Bienert gibt einen Einblick in ihr Leben als Promotionsstudentin und gibt auf Grundlage ihrer Erfahrungen Hinweise, wie mit Herausforderungen des wissenschaftlichen Arbeitens umzugehen ist. In Interviewepisoden diskutiert sie Begabtenförderungsprogramme, Betreuungsverhältnisse oder mentale Gesundheit.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma251mhe6if507umgu9a173r

Das gefällt: Obwohl die Moderatorin Germanistik studiert hat, sind viele der Themen auch für Mint-Fächer wichtig. Zudem gibt es Praxistipps, etwa zu Zeitmanagement.

Eignet sich für: besonders First-Generation-Academics, denn es werden viele ungeschriebene Regeln der Wissenschaftswelt zusammengefasst.

Podcast. Moderiert von Christiane Attig und Rebecca Moltmann

Science S*heroes

Darum gehts: Arbeiten, Biographien und das Engagement von Flinta (Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, transgeschlechtliche und agender Personen) in Geistes-, Kultur- und Naturwissenschaften. In jeder Folge wird eine weibliche oder nicht-binäre Person vorgestellt und interviewt. Im Fokus stehen Lebensläufe und eigene Forschungsprojekte sowie Hürden und Barrieren auf dem Karriereweg.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma251okj7dsm06uf6typlt0f

Das gefällt: Thema sind immer auch aktuelle gesellschaftlich wichtige Themen wie Verschwörungserzählungen und Fake News, Diskriminierung oder Chancengerechtigkeit. Die Moderatorinnen legen besonderen Wert auf eine angenehme und verständnisvolle Gesprächsatmosphäre.

Das macht den Podcast besonders: Durch ihre Erfahrung in der Wissenschaftskommunikation schaffen Attig und Moltmann eine leicht verständliche Kombination aus wissenschaftlicher Forschung und gesellschaftspolitischen Herausforderungen.

Podcast. Moderiert von Katharina Bunk und Elisabeth Huber

Zweimal 2X – Feminismus trifft Wissenschaft

Darum gehts: Ursprünglich um Frauen in der Wissenschaft, hat aber im Jahr 2024 einen Fokus auf Diversity in der Wissenschaft gesetzt. Themen wie Rassismus oder Ableismus werden intersektional beleuchtet und Expertinnen eingeladen. Immer mit einem Blickpunkt auf den Ist- und den Sollzustand in der akademischen Forschung.https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma252cud6jvb07umo1804ziw

Das gefällt: Die Folgen kommen unregelmäßig heraus, überzeugen aber durch hervorragende Hintergrundrecherche, die ebenfalls in den Shownotes zu finden ist. Aussagen werden auch während des Podcasts belegt. Die beiden Hosts bleiben dabei sympathisch und kurzweilig in der Besprechung der Themen, sodass das Zuhören gleichzeitig lehrreich und leicht ist.

Das macht den Podcast besonders: Die Gäst:innen werden mit ihrem Expert:innenwissen immer mal wieder unterstützend in die informativen Folgen geschnitten. Das gesamte Interview lässt sich aber ebenfalls in Form von Bonusfolgen anhören.

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