A look at the challenges in limiting global warming, progress made at 26th UN Climate Change Conference of the Parties (COP26) in Glasgow, and what more chemistry can contribute.
Global warming is being driven by human activities...
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Verhalten sich Professorinnen und Gruppenleiterinnen in den Naturwissenschaften anders gegenüber Mitarbeiter:innen als ihre männlichen Kollegen? Oder werden sie nur anders beurteilt? Eine Spurensuche.
Mit der Archäologie-Professorin Nicole Boivin hat Ende letzten Jahres eine weitere Max-Planck-Direktorin ihre Position verloren. Im Jahr 2018 musste eine führende Forscherin das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig verlassen. Beiden Frauen wurde Fehlverhalten gegenüber Mitarbeiter:innen vorgeworfen bis hin zum Mobbing. Einer Direktorin am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching wurde 2018 ebenfalls Machtmissbrauch vorgeworfen, sie konnte sich jedoch auf ihrer Stelle halten – mit deutlich verkleinerter Arbeitsgruppe.
In diesem Zusammenhang kam die Frage auf, ob Frauen in Führungspositionen strenger beurteilt werden oder öfter von dem Vorwurf betroffen sind, ihre Führungsrolle nicht adäquat auszufüllen.1)
Ich kenne keine der drei Direktorinnen. Unabhängig von den betroffenen Personen möchte ich aus eigener Erfahrung zur Diskussion beitragen. Dabei liegt mir nichts ferner, als irgendjemandem, Mann oder Frau, einen Freibrief für Mobbing
Zu der Zeit, als ich an der Universität Bochum eine Nachwuchsgruppe leitete, hatte ich die Chance, an Vorträgen und Workshops deutscher Expert:innen für berufliche Kommunikation zwischen Männern und Frauen teilzunehmen. Kurz zusammengefasst lernte ich dort, dass Männer im Durchschnitt (sprich: das kann im Einzelfall anders sein) zu knapper, faktenbezogener Kommunikation tendieren. Frauen dagegen neigten im Durchschnitt in ihrer Kommunikation dazu, einen größeren Kontext herzustellen, der durchaus mal über die harten Fakten hinausgeht und in der Konsequenz mehr Zeit in Anspruch nimmt. Des Weiteren ziele männliche Kommunikation häufiger darauf ab, mit kurzen Ansagen die hierarchische Struktur zu verdeutlichen und zu festigen. Frauen hingegen versuchten eher, auf gleicher Ebene alle mitzunehmen und emotional für die Sache zu begeistern. Die Veranstaltungen sollten vor allem – nach meinem Empfinden – Frauen befähigen, so zu kommunizieren wie Männer.
In einem dieser Vorträge kam ich ins Grübeln: Eigentlich ergeben beide Typen der Kommunikation je nach Situation Sinn. Wenn „die Hütte brennt“ und schnell ohne große Diskussion eine Entscheidung zu treffen ist, dann ist die „männliche Kommunikation“ von Vorteil. Umgekehrt konnte ich mir gut vorstellen, dass die „weibliche Kommunikation“ manchmal die Überlegene sein könnte, etwa wenn Ressourcen innerhalb einer Arbeitsgruppe zu verteilen sind oder emotional schwierige Sachverhalte besprochen werden müssen, beispielsweise Konflikte innerhalb der Gruppe. Dies brachte mich zu der Frage, ob auch einmal jemand versuchte, den Männern nahezubringen, so zu kommunizieren wie Frauen. Oder anders ausgedrückt: Mir als weiblicher Führungskraft bringt es herzlich wenig, wenn meine Doktorandin gelernt hat, wie sie mit einem männlichen Chef kommuniziert. Also fragte ich den in diesem Fall männlichen Dozenten nach seinem Vortrag, ob denn auch Männer darin geschult werden, so zu kommunizieren wie Frauen. Die Antwort war männlich knapp: „Nein.“ Ich fragte, warum nicht. Antwort: „Das würde nicht funktionieren.“ Soso. Das beantwortete zwar nicht meine Frage, aber ich ließ es dabei bewenden.
Weiter gedacht heißt das: Es wird implizit von Frauen erwartet, für eine Führungsposition eine Art Fremdsprache zu lernen. Nun erreicht man im Allgemeinen in der Fremdsprache nicht das gleiche Niveau wie ein Muttersprachler. Schreiben Sie mal einen Artikel auf Französisch und versuchen dabei so gut zu sein wie ein Franzose.
Es ist also kein Wunder, wenn Frauen in diesem System mehr Fehler passieren als Männern. Allerdings werden diese Fehler oft nur deswegen als solche definiert, weil wir die traditionell männlich geprägte Kommunikation als Referenz ansehen, als das unumstößlich Richtige. So gilt es eben als normal, wenn ein Mann eine kurze und prägnante Ansage macht, ganz ohne Höflichkeitsfloskeln. Einer Frau, die erst einmal den Hintergrund ihrer Entscheidung erläutert und versucht, alle zu begeistern, hört nach den ersten zwei Sätzen vielleicht keiner mehr zu. Oder die eigentliche Aufforderung gerät durch die vielen Begründungen in Vergessenheit. Wenn eine Frau es stattdessen mit kurzen und knappen Ansagen einem Mann gleichtut, kann sie als unnatürlich auffallen und als ruppig wahrgenommen werden. Ob Frauen in Führungspositionen also strenger beurteilt werden, kann ich nicht beantworten, aber es liegt nahe, dass sie an einem unfairen Referenzsystem gemessen werden.
Mobbing, Herumschreien oder Drohungen an Mitarbeiter:innen sind in keinem Fall zu tolerieren, egal ob ein Chef oder eine Chefin mobbt, schreit oder droht. Es scheint aber, dass Männer eher damit durchkommen.
Anfang Dezember ist ein Artikel erschienen,2) der die Ergebnisse einer Untersuchung des Promovierendennetzwerks der Max-Planck-Gesellschaft zusammenfasst:3) Nach Empfinden der Betroffenen kommt Mobbing bei männlichen und weiblichen Vorgesetzten gleich oft vor. Trotzdem wurden in den vergangenen vier Jahren nur 0,4 Prozent der Direktoren, aber 7,4 Prozent der Direktorinnen mit Mobbingvorwürfen konfrontiert. Als mögliche Ursachen dafür wurde die geringere oder als geringer wahrgenommene Karrierestufe der Direktorinnen vorgeschlagen sowie eine unterschiedliche Wahrnehmung des Konflikts basierend auf Unconscious Bias, also Vorurteilen. Zudem wurde eine Erwartungshaltung der fehlenden Unterstützung bei der Meldung eines männlichen Vorgesetzten als mögliche Begründung genannt.2,3)
Tatsächlich kann ich mir vorstellen, dass es Männern leichter fällt, ihr üblicherweise männlich dominiertes wissenschaftliches Netzwerk4) zu ihrer Unterstützung zu aktivieren. Ein:e Mitarbeiter:in, der oder die inadäquates Verhalten eines männlichen Chefs meldet, muss demzufolge befürchten, aus einem ausgedehnten wissenschaftlichen Netzwerk verstoßen zu werden. Voraussetzung ist hier, dass das Verhalten des Vorgesetzten grenzwertig ist und nicht im juristischen Sinne strafbar.
Eine Chefin wird in einem ähnlichen Fall Unterstützung ihres vermutlich ebenfalls männlich dominierten Netzwerks4) möglicherweise nicht erfahren. Das sind Vermutungen, aber ich würde mich über jede sozialwissenschaftliche Studie freuen, die diesen Fragen nachgeht.
Mir sind auf meinem Lebensweg Frauen in Führungspositionen begegnet, die es als ihre Pflicht ansahen, sich an das traditionell männlich geprägte System von Führung und Kommunikation anzupassen, und es mir – damals noch in der Rolle der Nachwuchsgruppenleiterin – genau so nahelegten. Auch wenn ich mich damals für die gut gemeinten Ratschläge bedankte, regte sich in mir Widerstand: Wenn sich alle Frauen immer nur anpassen, dann wird sich an der Kommunikationskultur nie etwas ändern. Sich nicht anzupassen birgt die ständige Gefahr des Scheiterns – ein Dilemma, dem ich mich damals gegenübersah.
Zum Glück ändert sich doch etwas. Im Jahr 2021 habe ich an der Leibniz-Akademie „Führung leben“ teilgenommen. Das dort gelehrte Modell der „Agil-kollaborativen Führung“ betrachtet nämlich genau den Aspekt, dass Führung situationsbezogen ist. Es kommt darauf an, wie erfahren der oder die Mitarbeiter:in ist, welche Aufgaben zu erledigen sind, wie Wissen und Fähigkeiten im Team verteilt sind und vieles mehr. Führungskräfte wie Teammitglieder sind Individuen. Es gibt eben nicht „den Mann“ und „die Frau“, die sich immer gleich verhalten. In einem solchen Führungsstil hat alles seinen Sinn und seinen Platz – prägnante hierarchische Ansagen ebenso wie mitreißende Kommunikation auf Augenhöhe. Ich hoffe, dass solche Weiterbildungsangebote in allen Wissenschaftsorganisationen und Universitäten ausgebaut und genutzt werden. Ich wünsche mir, dass wir alle, Chefs und Chefinnen, uns stärker dessen bewusst werden, dass wir als Führungskräfte Verantwortung gegenüber anderen Menschen haben. Auch sollten wir gute Vorbilder sein für die nächste Generation. So lernen wir hoffentlich, aufeinander zuzugehen und respektvoll zu kommunizieren, egal ob nach einem Modell oder nach Bauchgefühl.
Die Autorin dieses Beitrags, Jennifer Strunk, ist seit 2017 Forschungsbereichsleiterin und Professorin am Leibniz-Institut für Katalyse an der Universität Rostock. Nach Promotion an der Uni Bochum und Postdoc an der University of California, Berkeley, war sie von 2014 bis 2016 unabhängige Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr.
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