Trendbericht Anorganische Chemie 2024
Nebengruppen‐ und Koordinationschemie
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Das erste heterobimetallische Dimetallocen; mit sterisch anspruchsvollen Liganden lassen sich einfach-koordinierte Hauptgruppenverbindungen der Gruppen 13 bis 15 herstellen; neue Diazoverbindungen erlauben es, B-R-Einheiten und Kohlenstoffatome zu übertragen.
Nebengruppen- und Koordinationschemie
Bioanorganik
Eisen ist für viele biologische Prozesse wichtig und wurde auch im vergangenen Jahr in der Bioanorganik intensiv erforscht. Die Gruppen um Ray und Lehnert fanden ein seltenes Beispiel eines reaktiven Eisen(II)-Komplexes mit einem Phenoxyl-Radikal als Liganden. Der Komplex wurde durch Sauerstoffaktivierung erzeugt (Abbildung 1, A).1) Olivo, Stefano und Costas untersuchten die Geschwindigkeit und Selektivität von C-H-Abstraktionsreaktionen von Eisen(IV)-oxo-Komplexen. Wurden Liganden mit Kronenether eingesetzt, erhöhte sich die Effizienz aufgrund der Nähe des Substrats zur Fe=O-Einheit.2)
Ein Wolfram-Eisen-Schwefel-Cluster des Typs WFe3S3CR mit terminal koordiniertem Kohlenstoffmonoxid-Liganden wurde von den Gruppen um Agapie und DeBeer hergestellt (Abbildung 1, B). Dieser Cluster imitiert die Cuban-Einheit im FeMo-Cofaktor. Er hat am Eisenatom einen stark aktivierten CO-Liganden aufgrund der ungewöhnlichen Intermediat-spin-Elektronenkonfiguration.3)
Guo und Klein untersuchten, wie ein Eisenporphyrinkomplex Nukleophile in Elektrophile umpolen kann. Die Arbeit zeigt die Eigenschaften eines Eisen(III)-π-Dikations (Abbildung 1, C) und dessen Katalyseaktivität in der Chlorierung von Aromaten.4) Ein bio-inspirierter Eisenporphyrinkomplex katalysiert die Reduktion von CO2 zu CO bei geringer Überspannung; er hat mehrere Harnstoff-Einheiten als Wasserstoffbrückenbindungspartner. Die Reaktion läuft effizient durch Wechselwirkungen in der zweiten Koordinationssphäre zwischen Harnstoffeinheit am Porphyrin-Liganden und CO2. Ein Team um Aukauloo, Amanullah und Halime untersuchte nun den Mechanismus und zeigte einen ungewöhnlichen Wechsel der Oxidationsstufe des Eisens, nämlich von Fe0 zu FeI.5)
Eisen-Nitrenoide (Abbildung 1, D) sind reaktive Intermediate in der von Hämoproteinen katalysierten C-H-Aminierung. Arnold und Mitarbeitende haben nun erstmals einen Eisen-Nitrosyl-Komplex aus NH2OH hergestellt und charakterisiert.6)
Schwefelhaltige Liganden sind bedeutend in vielen Cofaktoren bei biologischen Redoxtransformationen. Meyer und Mitarbeitende synthetisierten ein Nickel-verbrücktes Schwefelradikal (Abbildung 2, A) und analysierten dessen Thermochemie und Wasserstoffatomabstraktion.7) Die Acetyl-Coenzym-A-Synthase (ACS) katalysiert die Bildung und den Abbau von Acetyl-CoA. Ihr aktives Zentrum besteht aus einem {NiNi}-Cluster verbunden mit einem [Fe4S4]n+-Kubus. Wilson, Roessler und Musgrave isolierten erstmals bimetallische Modellkomplexe zweier vermuteter Zwischenstufen des katalytischen Zyklus (Abbildung 2, B).8)
Photochemie
Die Teams von Ihee, Kim und Chang berichteten über eine Mechanismusstudie zur photochemischen Gruppentransposition in Ir-Komplexen. Wie sie nachwiesen, läuft dieser Prozess über ein Ir-Acylnitrenoid.9)
Durch Mischen eines kationischen Rutheniumkomplexes mit einem anionischen Pyrenderivat zeigten Kerzig und sein Team die Bildung eines molekularen Coulomb-Dyadensalzes (Abbildung 3, A). Dadurch erhöht sich die Photostabilität und Quantenausbeute bei photokatalytischen Anwendungen.10)
Wenger und sein Team demonstrierten die entscheidende Bedeutung des Käfigaustritts bei photochemischen Reaktionen. Wie sie feststellten, korreliert die Bildung von Photoredoxprodukten positiv mit der Quantenausbeute beim Entkommen aus dem Käfig. Das deutet darauf hin, dass diese Eigenschaften miteinander verbunden sind.11)
Der Entwicklung von Photokatalysatoren auf Basis häufig in der Natur vorkommender 3d-Metalle wurde große Aufmerksamkeit gewidmet. Bei der Forschung zu photokatalytischer Oxidation hat Heinzes Team einen Diguanidinyl-MnIV-Komplex entwickelt. Dieser bildet bei niederenergetischer IR-Bestrahlung oxidierende Dublett- und Quartett-Anregungszustände (Abbildung 3, B) und ermöglicht so, Benzol zu oxidieren.12)
In schaltbare Chromophore bauten die Teams von Kupfer, Dietzek-Ivanšić und Sorsche 2,2‘-Bibenzimidazol in einen FeII-Komplex ein, wodurch sich die äußere Sphäre (de-)protonieren lässt. Dadurch lässt sich die Art der angeregten Zustände in diesen Verbindungen anpassen.13)
Die Teams von Jung und Saito entwickelten ein Ferrocen-funktionalisiertes P,N,N,P-Ligandengerüst, mit dem sich Cr-katalysiert CO2 photoreduzieren lässt (Abbildung 3, C). Ein photoinduzierter Elektronentransfer von Ferrocen initiiert dies, wodurch die elektronenarme Natur von Cr überwunden wird.14)
Neues aus der Organometallchemie
Durch die Bindung an Ni isolierte das Team von Roberts fünfgliedrige Heteroarine, da die Ringspannung durch Koordination an ein Metall geringer ist (Abbildung 4, A, S. 62). Diese Komplexe nutzten sie als Indol-Arin-Ersatz in C-C-Bindungsfunktionalisierungen.15)
Das Team von Prokopchuk erweiterte das Redoxpotenzial von Mangan. Sie erhielten einen Mn–I-Carbonylkomplex, der bei Raumtemperatur in Lösung und als Feststoff stabil ist und ein Mn0/Mn–I-Redoxpotenzial von –3,13 V aufweist.16) Die Gruppe um Buss erhielt polymetallische TaCu-Cluster durch Metall-Metall-Salz-Metathesen zwischen anionischen Polyaren-Ta-Anionen und Cu-Halogenid-Komplexen. Angenommen wird, dass diese Komplexe, die Hydridliganden enthalten, kooperativ C-H-Bindungen aktivieren.17)
In weiteren Arbeiten zur Aktivierung von Arenen haben die Teams von García-Melchor und Hevia stark basische Bis(amido)-FeII- und CoII-Systeme isoliert, die selektiv die C-H-Bindungen von Fluorarenen aktivieren (Abbildung 4, B).18)
Eine Übergangsmetall-vermittelte Kupplung von Boraneinheiten, durch die sich eine B4-Oligoborankette bildet, haben die Teams um Radius und Braunschweig entdeckt (Abbildung 4, C). Diese formale Borandehydrokupplung ist ein neuer Syntheseweg zu elektronenpräzisen Polyboranen.19)
CO lässt sich durch einen Dieisenkomplex reduktiv homologisieren, wie die Teams um García-Serres, Maurel, Mouesca und Murray demonstriert haben. Die kleine Dieisen-Bindungstasche ermöglicht, kooperativ CO zu aktivieren, und bildet letztlich eine Fe2-Ketenyliden-Spezies.20)
Wolfs Team hat ein chirales Sensorsystem entwickelt und nutzt dafür einen leicht verfügbaren RuII-Klavierstuhl-Komplex durch η6-Aren-Koordination der chiralen Verbindung (Abbildung 5). Dieser neue Ansatz nutzt Zirkulardichroismus und UV-Absorption der entstandenen Komplexe, um die Chiralität zu bestimmen.21)
Neue Carben-Metall-Bindungen
In der Carbenchemie berichtete das Team von Liu über ein Rhodium-koordiniertes Bis(phosphino)carben, das ein freies Elektronenpaar mit hohem p-Anteil trägt (Abbildung 6, A). Die Push-Push-Stabilisierung des CII-Zentrums führt zu dieser ungewöhnlichen elektronischen Situation, bei der sich das freie Elektronenpaar senkrecht zur Ligandenebene befindet.22) Eine ähnlich bahnbrechende Verbindung, ein Triplett-Carben mit Metallosubstituenten, haben die Teams von Holthausen und Schneider vorgestellt (Abbildung 6, B). Hier wirken die spinpolarisierten Metall-Push-/Silyl-Pull-Ligandeneffekte zusammen, sodass das photochemisch erzeugte Carben außergewöhnlich lange besteht. So ließ sich durch In-situ-Bestrahlung eine Kristallstruktur bestimmen.23)
Die Teams von Lledos, Albéniz, Belderrain und Pérez berichteten über einen monosubstituierten Kupferkomplex mit einem Carben, etwa [(Et2N)(H)C:], der als Carbentransferreagenz agiert.24)
Für das kleinste Carben CH2 demonstrierte ein Team um Mindiola, dass sich oxidativ ein terminaler VV-Methylidenkomplex bildet. Dies ist erst das dritte Beispiel eines solchen Übergangsmetall-Derivats der 3d-Metalle.25)
f-Element-Chemie
Die Koordination der Lanthanoide und Actinoide ist weiterhin spannend. Die Teams von Popov und La Pierre haben den ersten tetraedrisch koordinierten Neptunium(V)-Komplex entdeckt (Abbildung 7, A). Mit diesem lassen sich erstmals protonengekoppelt bei Transuranen Elektronen übertragen, was Perspektiven in der f-Blockchemie eröffnet.26) Darüber hinaus haben die von Popov und Ivanov geleiteten Teams den ersten Promethiumkomplex in Lösung charakterisiert. Röntgenabsorptionsstudien des Komplexes geben Einblicke in die Natur der Lanthanoidenkontraktion.27)
Roesky und sein Team nutzten erstmals YIII und ErIII, um Tripledecker-Sandwichkomplexe mit dem trianionischen Cycloheptatrienyl(Cht)-Liganden zu stabilisieren. Das Er-Derivat hat verglichen mit anderen Systemen bessere magnetische Eigenschaften.28)
Die Teams um Alonso und Harder beschrieben stark reduzierende transiente YbI- und SmI-Spezies. Diese reduzieren Benzol; ein Vergleich mit Ca- und Sr-Derivaten gibt starke Hinweise, dass im Sm-Derivat das Benzoltetraanion vorliegt (Abbildung 7, B).29)
Stickstoffchemie
Die Stickstoffchemie überraschte im letzten Jahr besonders mit funktioneller Übertragung des N-Atoms: Wie das Team um Ballmann zeigte, ist ein stark nukleophiles Wolframnitrid durch N2-Spaltung zugänglich (Abbildung 8, A). Das terminale N-Atom ersetzt schnell das O-Atom im 2,4,6-Trimethylpyrylium-Kation und ist ein wertvolles Beispiel für Skeletal Editing ausgehend von N2.30)
Ein weiteres Beispiel für einen N-Atomtransfer beginnend bei N2: Die Teams um Clot und Mézailles demonstrierten die doppelte Borylierung eines terminalen Mo-Nitrid-Komplexes, wodurch unter milden Bedingungen die Stammverbindung Bis(borylamin) entstand (Abbildung 8, B).31)
DeBeer, Munz, Bill und Meyer berichteten über den ersten Fe-Nitrid-Komplex in der Oxidationsstufe VII (Abbildung 8, C).32)
Die Teams um Shima, Luo und Huo haben die erste Alkenfunktionalisierung durch N2 gemeldet. Ihr Titanpolyhydridcluster spaltet N2 und fügt Alkene in Ti-H-Einheiten ein, wodurch nach wässriger und saurer Aufarbeitung Alkylamine entstehen.33)
Neuigkeiten über sehr schwere Elemente gibt es vom Team um Mazzanti: Die Forschenden berichten über die Ein- oder Vierelektronenreduktion eines dimeren Uran(IV)-N2-Komplexes. In allen Fällen wird nur die Reduktion der N2-Liganden beobachtet, was zu einer vollständigen N2-Spaltung in Tetra- und Hexa-UIV-Nitrid-Clustern führt.34)
In der leichteren N2-Chemie nutzten die Teams um Malinowski und Krossing ein schwach koordinierendes Anion, um einen End-on-CuI-N2-Komplex herzustellen; dieser hat eine sehr hohe N-N-Streckfrequenz (Abbildung 8, D).35)
Abseits von N2 demonstrierte Peters‘ Team die katalytische reduktive Protonierung des Cyanidanions zu Methan und Ammoniak durch einen molekularen Eisenkomplex (Abbildung 9, A). Mechanismusstudien zufolge könnten sich terminale Eisen(amino)carbin-Zwischenprodukte bilden.36)
Xue und sein Team haben dem klassischen Ni-Werner-Komplex [Ni(NH3)6]Cl2 neue Tricks beigebracht, und zwar durch photochemische Aktivierung. Kombiniert mit katalytischen Mengen eines Bipyridinliganden fand eine effiziente Aminierung von Arylchloriden statt (Abbildung 9, B).37)
Metallkomplexe der schweren Pniktogene
Neben dem klassischen N=N-Strukturmotiv für Photoschalter haben Teams um Weigand, Wolf und Tonner-Zech im Jahr 2023 Übergangsmetallkomplexe der höheren homologen Diphosphene als Photoschalter eingeführt. Die neuen kationischen Eisen- und Molybdäncarbonylkomplexe eines Diphosphens binden an die Metallzentren, abhängig von der Wellenlänge über die P=P-Bindung oder über das freie Elektronenpaar am Phosphoratom (Abbildung 10, A).38)
Während Disphosphenkomplexe häufig sind, sind Übergangsmetallkomplexe der schweren Pniktogene weniger etabliert. Ausgehend von einem Distiben und einem Dibismuten koordinierten die Gruppen um Bismuto und Frontera die schweren Dipniktene durch Bestrahlung an einen Cobaltkomplex (Abbildung 10, B).39)
Antimon als Ligand für Thorium(IV)-Komplexe haben Liddle, von Hänisch und Mitarbeitende eingeführt. Sie synthetisierten Strukturen mit polar kovalenten Ein-, Zwei- und Dreifachbindungen zwischen Thorium und Antimon.40)
Homogene Katalyse
Katalytische Hydrierungen mit günstigen und gut verfügbaren 3d-Metallen sind von Interesse für Industrie und akademische Forschung. Seit mehreren Jahren dienen anionische Metallate als Katalysatoren zur Hydrierung von Olefinen. Jetzt haben Wolf und Rehbein in einer Studie das Kation variiert: Magnesium- und Lithium-Gegenionen erhöhen die Aktivität der Metallate, was auf Wechselwirkungen des Gegenions mit dem Metallhydrid während des migratorischen Einschubs zurückzuführen ist.41)
Kempe und Mitarbeitende untersuchten katalytische Hydrierungen mit einem triazolbasierten Eisenkomplex. Basierend auf einer heterolytischen Wasserstoffspaltung mit Kalium-tert-butanolat hydrierten sie polare Doppelbindungen wie die in Ketonen (Abbildung 11, A, S. 61).42) Die erste katalytische enantioselektive Hydrierung von Phosphaalkenen haben Gates und Mitarbeitende publiziert (Abbildung 11, B, S. 61). Mit einem Rhodium-Binap-Komplex isolierten sie erstmals enantiomerenreine P-chirale sekundäre Phosphane.43)
Das Team um Halter hydrierte mit Wasser statt gasförmigem Wasserstoff. Mit einem Iridiumkomplex hydrierten sie nichtaktivierte Alkene wie 1-Octen mit hoher Faradayeffizienz elektrokatalytisch zu Alkanen. Ein bisher nur postuliertes anionisches Iridium(I)-Hydrid identifizierten sie als Intermediat (Abbildung 11, C, S. 61).44)
Schindler, Garcia-Bosch, Holthausen und ihr Team entwickelten eine enantioselektive kupfervermittelte Methode zur C-H-Hydroxylierung, die chirale Diamine als Liganden nach dem Clip-and-cleave-Konzept nutzt (Abbildung 12). Dabei wird das Substrat zunächst an ein chirales Amin gebunden (clip) und im Anschluss am Kupferkomplex oxidativ gespalten (cleave). Als Oxidationsmittel dienen O₂ und H₂O₂.45)
Um 1,3-Dicarbonylverbindungen mit tertiären Allylcarbonaten allylisch zu alkylieren, benutzten Casitas und Team als Katalysator einen Cobaltbis(phosphan)komplex. Mit etablierten Photokatalysemethoden ließen sich die verzweigten Produkte nicht erhalten.46)
Cramer et al. berichteten von Spin-Beschleunigung in der eisenkatalysierten [2+2]-Cycloaddition von Butadien und Ethylen. Ein elektronenarmer Ligand mit schwachem Ligandenfeld beschleunigte die reduktive Kupplung, die für den katalytischen Umsatz nötig ist (Abbildung 13, A).47)
Eine Suzuki-Miyaura-Kupplung mit einem Amido-Aldimin-koordinierten Eisenkatalysator gelang der Gruppe um Hannedouche (Abbildung 13, B). In Anwesenheit eines Lithiumamids knüpfte die Gruppe sowohl C(sp3)-C(sp2)- als auch Alkyl-Alkyl-Bindungen mit primären, sekundären und tertiären Alkylhalogeniden.48)
Elementarschritte in der homogenen Katalyse
Um homogene Katalysatoren zu entwickeln und deren Aktivität zu verbessern, haben im Jahr 2023 viele Gruppen Elementarschritte in Katalysezyklen untersucht, darunter oxidative Addition oder reduktive Eliminierung. Besonders die 3d-Metalle standen dabei im Fokus. Hartwig und Pierson veröffentlichten eine systematische Studie zur oxidativen Addition von Arylhalogeniden an Ni0-Komplexe mit Monophosphanliganden (Abbildung 14, A). Ob die oxidative Addition konzertiert oder radikalisch verläuft, hängt von den elektronischen Eigenschaften des Liganden, des Arensubstrats und des Halogenids ab.49) Iluc und Lincoln untersuchten Cycloaddition und -reversion als Elementarschritte für eine mögliche eisenkatalysierte Olefinmetathese (Abbildung 14, B). Dabei isolierten und charakterisierten sie ein Metallacyclobutan.50)
Das erste Organokupfer(III)-fluorid synthetisierten Nebra, Contreras-García und Mitarbeitende (Abbildung 14, C). Mit Alkinylsilanen reagiert der Kupferkomplex zu Trifluormethylalkinen, die für die Industrie wichtig sind.51) Auch Zhang und Team synthetisierten Kupfer(III)-Komplexe, jedoch mit Aryl-Substituenten. Diese dienen zur Untersuchung von C−N-Bindungsknüpfungsreaktionen.52)
Kooperative Bindungsaktivierung
Viele Gruppen untersuchten, wie bei der kooperativen Katalyse mehrere Metall- oder Nichtmetallatome in der Aktivierung kleiner Moleküle zusammenwirken. Durch Ligandendesign modulierten Keil und Mitarbeitende die Thermochemie der reversiblen Wasserstoffaktivierung an einem Nickel-Germylen-Komplex (Abbildung 15, A, S. 63).53)
Auch Moret und Mitarbeitende beschrieben einen neuen Mechanismus zur kooperativen Wasserstoffaktivierung mit einem Nickel(0)-olefinkomplex (Abbildung 15, B, S. 63). Dieser Ansatz ermöglicht, Diphenylacetylen gezielt zu semihydrieren.54) Wie das Team um Gorgas und Crimmin herausfand, aktiviert ein bimetallischer Eisen-Aluminium-Komplex selektiv eine C−H-Bindung in Styrol.55) Miller und Mitarbeitende bildeten in Lösung Mizellen durch neue Iridiumkatalysatoren mit langkettigen hydrophoben Resten (Abbildung 15, C, S. 63). Diese nanoskaligen Aggregate verbessern die photoelektrokatalytische Wasserstoffbildung aus Wasser.56)
Drei Fragen an den Autor: Terrance Hadlington
Ihre Forschung in 140 Zeichen?
Wir definieren neue Mechanismen und Prozesse der Katalyse und verwenden dazu häufige Elemente, unterstützt durch High-Throughput-Methoden.
In welchem Gebiet erwarten Sie in den nächsten zwölf Monaten die größten Entwicklungen und warum?
Die synthetische Photochemie erfreut sich immer größerer Beliebtheit, da monochromatische Lichtquellen leichter zugänglich werden. Ich bin überzeugt, dass sich dieser Trend fortsetzen und zu einem neuen Standard für wellenlängenspezifische selektive organometallische Synthesen werden wird.
Was würden Sie gerne entdecken oder herausfinden?
Eine allgemeine Methode zur Aktivierung von N-H-Bindungen in Ammoniak und zur katalytischen Ammonolyse von Alkenen.
Terrance J. Hadlington, Jahrgang 1988, ist seit November 2019 ein TUM Junior Fellow an der TU München. Im Jahr 2023 erhielt er einen ERC Starting Grant.
Die drei Fragen wählen die Autor:innen aus einem redaktionell erstellten Fragenkatalog.
Drei Fragen an die Autorin: Gabriele Hierlmeier
Ihre Forschung in 140 Zeichen?
Wir nutzen Ti-Komplexe, um klassische 2-e–-Reaktivität von 4d- und 5d-Metallen nachzuahmen und neue Einelektronen-Prozesse zu ermöglichen.
Welcher Trend ist in den letzten zwölf Monaten aufgekommen, den Sie so nicht erwartet haben?
Die Nitride der frühen Übergangsmetalle haben großes Potenzial in der Synthese nützlicher N-haltiger Verbindungen wie Collidin oder Alkylaminen.
Welche Anregung hat Ihnen das Sichten der Trendbericht-Literatur für Ihre eigene Forschung geliefert?
Erkenntnisse aus mechanistischen Untersuchungen denkbar einfacher Reaktionen, etwa der oxidativen Addition an Nickel(0), sind oft entscheidend für die Entwicklung neuer Katalysatoren.
Gabriele Hierlmeier, Jahrgang 1994, ist seit 2023 Juniorprofessorin für Anorganische Molekülchemie und Katalyse an der Universität Würzburg. Ihre Gruppe forscht an der Entwicklung neuer Synthesemethoden mit frühen Übergangsmetallen, insbesondere Titan.
Die drei Fragen wählen die Autor:innen aus einem redaktionell erstellten Fragenkatalog.
- 1 D. Kass, V. A. Larson, T. Corona et al., Nat. Chem. 2024, 16, 658
- 2 A. Fagnano, F. Frateloreto, R. Paoloni et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202401694.
- 3 L. N. V. Le, J. P. Joyce, P. H. Oyala, S. DeBeer, T. Agapie, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 5045.
- 4 S. Engbers, Y. Guo, J. E. M. N. Klein, Angew. Chem. Int. Ed. 2023, 62, e202313006
- 5 S. Amanullah, P. Gotico, M. Sircoglou et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202314439
- 6 A. Das, S. Gao, R. G. Lal, M. H. Hicks, P. H. Oyala, F. H. Arnold, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 20556
- 7 V. Tagliavini, P.-C. Duan, S. Chatterjee et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 23158
- 8 D. W. N. Wilson, B. C. Thompson, A. Collauto et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 21034
- 9 H. Jung, J. Choi, D. Kim et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202408123
- 10 M. Schmitz, M.-S. Bertrams, A. C. Sell, F. Glaser, C. Kerzig, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 25799
- 11 C. Wang, H. Li, T. H. Bürgin, O. S. Wenger, Nat. Chem. 2024, 16, 1151
- 12 N. R. East, R. Naumann, C. Förster et al., Nat. Chem. 2024, 16, 827
- 13 K. Witas, S. S. Nair, T. Maisuradze et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 19710
- 14 T. Wakabayashi, Y. Kametani, E. Tanahashi et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 25963
- 15 J. N. Humke, R. G. Belli, E. E. Plasek et al., Science 2024, 384, 408
- 16 A. Karagiannis, H. Neugebauer, R. A. Lalancette et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 19279
- 17 M. L. Maiola, J. A. Buss, Angew. Chem. Int. Ed. 2023, 62, e202311721
- 18 A. Logallo, L. C. G. Maddock, M. Mu et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202402907
- 19 C. Luz, L. Endres, R. D. Dewhurst et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 23741
- 20 D. Singh, B. J. Knight, V. J. Catalano et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2023, 62, e202308813
- 21 E. Nelson, J. A. Bertke, F. Y. Thanzeel et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202404594
- 22 C. Hu, X.-F. Wang, J. Li, X.-Y. Chang, L. L. Liu, Science 2024, 383, 81
- 23 Z.-J. Lv, K. A. Eisenlohr, R. Naumann et al., Nat. Chem. 2024, 16, 1788
- 24 M. Àlvarez, F. Villalba, M. Casciotti et al., Chem. 2024, 10, 1576
- 25 S. Senthil, D. Fehn, M. R. Gau et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 15666
- 26 J. E. Niklas, K. S. Otte, C. M. Studvick et al., Nat. Chem. 2024, 16, 1490
- 27 D. M. Driscoll, F. D. White, S. Pramanik et al., Nature 2024, 629, 819
- 28 A. Hauser, L. Münzfeld, S. Schlittenhardt et al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 13760
- 29 S. K. Thankur, N. Roig, R. Monreal-Corona et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202405229
- 30 L. Eberle, J. Ballmann, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 7979
- 31 I. Benaissa, B. Rialland, S. Bennaamane et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202402586
- 32 M. Keilwerth, W. Mao, M. Malischewski et al., Nat. Chem. 2024, 16, 514
- 33 T. Shima, Q. Zhuo, X. Zhuo et al., Nature 2024, 632, 307
- 34 M. S. Batov, I. der Rosal, R. Scopelliti et al., J. Am. Chem. Soc. 2023, 145, 26435
- 35 J. Willrett, M. Schmitt, V. Zhuravlev et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202405330
- 36 C. M. Johansen, J. C. Peters, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 5343
- 37 G. Song, J. Song, D.-Z. Nong et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2023, 63, e202314355
- 38 C. Taube, J. Fidelius, K. Schwedtmann et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2023, 62, e202306706
- 39 D. Meleschko, P. Palui, R. M. Gomila et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202405400
- 40 J. Du, K. Dollberg, J. A. Seed, A. J. Wooles, C. von Hänisch, S. T. Liddle, Nat. Chem. 2024, 16, 780
- 41 M. Gawron, F. Gilch, D. Schmidhuber et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202315381
- 42 N. Sila, A. Dürrmann, B. Weber, F. W. Heinemann, T. Irrgang, R. Kempe, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 26877
- 43 M. Li, A. A. Mitchell, T. Zhang, B. O. Patrick, M. D. Fryzuk, D. P. Gates, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 25912
- 44 P. Mollik, M. Drees, A. M. Frantz, D. P. Halter, Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202317844
- 45 A. Petrillo, K. F. Kirchgeßner-Prado, D. Hiller et. al., J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 25689
- 46 P. Andreetta, R. T. Martin, C. Souilah et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2023, 62, e202310129
- 47 H. H. Cramer, C. Duchemin, C. B. Kovel, J. Kim, M. V. Pecoraro, P. J. Chirik, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 9947
- 48 D. Chen, C. Lepori, R. Guillot, R. Gil, S. Bezzenine, J. Hannedouche, Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202408419
- 49 C. N. Pierson, J. F. Hartwig, Nat. Chem. 2024, 16, 930
- 50 Z. S. Lincoln, V. M. Iluc, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 17595
- 51 D. Joven-Sancho, A. Echeverri, N. Saffon-Merceron, J. Contreras-García, N. Nebra, Angew. Chem. Int. Ed. 2024, 63, e202319412
- 52 M. S. Reese, M. G. Bonanno, J. K. Bower, C. E. Moore, S. Zhang, J. Am. Chem. Soc. 2023, 145, 26810
- 53 P. M. Keil, S. Ezendu, A. Schulz, M. Kubisz, T. Szilvási, T. J. Hadlington, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 23606
- 54 M. L. G. Sansores-Paredes, M. Lutz, M.-E. Moret, Nat. Chem. 2023, 16, 417
- 55 N. Gorgas, B. Stadler, A. J. P. White, M. R. Crimmin, J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 4252
- 56 I. N. Cloward, T. Liu, J. Rose, T. Jurado et al., Nat. Chem. 2024, 16, 709
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