Gesellschaft Deutscher Chemiker

Prozessanlagen

Wissen wo welche Wolke Wabert

Nachrichten aus der Chemie, März 2024, Seite 35, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Ein Start-up aus Brandenburg hat ein optisches System entwickelt, das gasförmige Gefahrstoffe aus großer Entfernung erkennt. Dies verkürzt für Unternehmen die Reaktionszeit bei Unfällen und macht Industrieanlagen sicherer.

Bei Havarien durch austretende Gase kommt es auf Geschwindigkeit an. Je eher die Gefahr bekannt ist, desto schneller lassen sich Beschäftigte und Menschen in der Nachbarschaft von Industrieanlagen schützen. Selbst geringe Gasaustritte frühzeitig zu erkennen, verbessert zudem Wartungsmaßnahmen, und dies vermeidet Folgekosten.

Grandperspective, ein Start-up aus Kleinmachnow bei Berlin, hat ein automatisches Frühwarnsystem für Gasaustritte entwickelt. Das System Scanfeld überwacht in Industrieanlagen potenzielle Freisetzungspunkte wie Flansche, Kompressoren, Reaktoren und Ventile. Sensoren identifizieren Gasmoleküle mit Fourier-Transform-Infrarot(FTIR)-Spektroskopie und bestimmen so Ort und Konzentration einer Gaswolke. Mehr als 400 Substanzen sind detektierbar. Das System erfasst und kartiert Emissionen digital.

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Sensoren identifizieren Gasmoleküle, analysieren die chemische Zusammensetzung und bestimmen so Ort und Konzentration einer Gaswolke. Abbildung: Grandperspective

Eine Langzeitanalyse der Messdaten zeigt zudem Undichtigkeiten. Das selbstkalibrierende und selbstlernende System berücksichtigt betriebsbedingte Produktionsabläufe, Wartungszyklen sowie atmosphärische Einflüsse und nutzt sie für eine kontinuierliche Metadatenanalyse. Auswertungsmodule sind hinzubuchbar, und die Stoffdatenbank lässt sich an neue Prozesse anpassen. Zudem lassen sich Informationen integrieren, die von bereits vorhandenen Gassensoren stammen.

Bei der Ammoniakproduktion

Beispielanwendungen sind in der chemischen Industrie die Herstellung von Ammoniak, Kunststoffvorprodukten, Halogenkohlenwasserstoffen und anderen Massenchemikalien. Raffinerien lassen sich auf Emissionen von Kohlenwasserstoffen und anderen Substanzen überwachen. In Lagern und Verladebereichen erhöht das System die Sicherheit beim Lagern, Verladen und Abfüllen.

Die Ammoniakproduktion mit Rohstoffen und Energie aus erneuerbaren Quellen wird künftig eine wichtige Säule der weltweiten Wirtschaft bilden. Zurzeit wird Ammoniak hauptsächlich zur Düngemittelproduktion hergestellt. Es ist gut speicherbar und transportabel.

Nachhaltiges Wirtschaften nachzuweisen, wird für Unternehmen überlebenswichtig werden. Die Fähigkeiten des Scanfeld-Systems, Treibhausgase wie Methan und Lachgas zu detektieren, ermöglicht Anlagenbetreibern, die Reduktionsziele der Europäischen Union zu erreichen: Die Betreiber erkennen solche Stoffe frühzeitig und warten ihre Anlagen entsprechend.

Das Start-up

Seit dem Jahr 2018 hat das Unternehmen Grandperspective an der Umsetzung des Scanfeld-Konzepts gearbeitet. Erstmals bei einem Kunden installiert wurde das System Ende 2020. Nun ist es marktreif und wird in Anlagen in Deutschland, den Niederlanden, den USA, im Nahen Osten und in Japan angewendet.

Zu den Unternehmensgründern zählen René Braun, Firmenchef, und Peter Maas, Technikchef, – beide Experten für Fernerkundung und FTIR-Spektroskopie. Sie haben mehr als 25 Jahre Erfahrung mit Bau und Anwendung von Remote-Sensing-Systemen, mit Gründungen und Management. In Kleinmachnow und Berlin-Kreuzberg/Friedrichshain beschäftigt das Unternehmen rund 40 Mitarbeitende.

Den Beitrag hat René Braun verfasst, Geschäftsführer von Grandperspektive in Kleinmachnow. Ein Film informiert über das System Scanfeld: youtu.be/oIybSyj9vNs

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